Bistum will Bildungsarbeit zukunftsfest machen
Neuausrichtung und Häuserschließungen
Das Bistum Hildesheim will seine Bildungsarbeit „zukunftsfest“ machen und inhaltlich neu aufstellen. Im Zuge der Neustrukturierung sollen drei Bildungs- und Tagungshäuser geschlossen werden: das St. Jakobushaus in Goslar, St. Ludgerus in Helmstedt und St. Martin in Germershausen.
Bei den Veränderungen sollen die Herausforderungen, die der digitale Wandel an alle Bildungsanbieter stellt, besonders im Blick genommen werden, heißt es in einer Mitteilung der Bischöflichen Pressestelle.
Zugleich reagiere die Diözese mit diesem Schritt auf die sinkenden finanziellen und personellen Ressourcen der Kirche von Hildesheim. Auch unter veränderten Bedingungen wolle das Bistum den Menschen ein umfangreiches Bildungsangebot machen, das sie darin unterstützt, aus dem Evangelium heraus zu leben und positiv in die Gesellschaft hineinzuwirken.
Die Ausrichtung der diözesanen Bildung solle „geistlich, identitätsstiftend, regional, lebensnah und stärker als bisher digital sein“, etwa durch eine in der Entwicklung befindliche digitale Domschule, heißt es in der Mitteilung.
„Für die Mitarbeiter gute Alternativen finden“
Dazu sagt Bischof Heiner Wilmer: „Es ist wichtig, dass wir als Gläubige im Sinne einer christlichen Herzensbildung immer wieder miteinander lernen, wie wir die frohe Botschaft leben und auch verkündigen können. Dabei helfen uns vielfältige Bildungsangebote, die nicht nur fundiert sind, sondern auch viele Veranstaltungen vor Ort und digitale Formate beinhalten. Um das zu erreichen, werden wir uns im außerschulischen Bildungsbereich neu aufstellen.“
Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Umbrüche und zurückgehender finanzieller Mittel seien nun nachhaltige Veränderungen notwendig, betont der Bischof. „Ich bin mir bewusst, dass die mit der Neuausrichtung verbundene Schließung unserer Bildungshäuser in Goslar, Helmstedt und Germershausen schmerzhaft ist. Wir werden alles tun, um für die Mitarbeitenden der Häuser gute Alternativen zu ihren bisherigen Tätigkeiten zu finden“, so Wilmer.
Der Umbau der diözesanen Bildungslandschaft sieht unter anderem vor, die bisher im St. Jakobushaus in Goslar angesiedelte Katholische Akademie des Bistums Hildesheim nach Hannover an den Standort Gerberstraße 26 zu verlegen, an dem das Forschungsinstitut für Philosophie, das Katholische Forum Niedersachsen (KFN) und die Landesgeschäftsstelle der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) ihren Sitz haben.
Geplant ist, dass die Akademie als Dialog-Plattform bistumsweit Veranstaltungen zu Gesellschaft, Kirche, Glauben, Philosophie und Kultur anbieten sowie Internet-Nutzern ein umfangreiches digitales Angebot machen wird.
Sanierungsbedarf in allen drei Häusern
Für das St. Jakobushaus und die Bildungsstätten St. Ludgerus und St. Martin wäre bei Weiterführung in den kommenden Jahren ein erheblicher Sanierungsbedarf mit entsprechend hohem Kostenaufwand zu erwarten, heißt es.
Alle Mitarbeitenden sollen nach Schließung der Häuser zunächst weiterbeschäftigt werden. In Zusammenarbeit mit den Mitarbeitervertretungen sondiere die Personalabteilung des Bistums ab sofort alternative Entwicklungs- und Arbeitsmöglichkeiten für alle Beschäftigten, erklärt die Diözese.
(bph/kiz)
Das bedeutet die Neuordnung
Das Bistum Hildesheim will seine außerschulische Bildungsarbeit grundlegend neu ausrichten (siehe Seite 1). Für die bisherigen Standorte hat das unterschiedliche Folgen. Hier die Entscheidungen im Einzelnen.
St. Jakobushaus schließt Mitte nächsten Jahres
Mit der Verlagerung der Katholischen Akademie nach Hannover wird der Bildungsbetrieb im St. Jakobushaus zum 31. Juli des kommenden Jahres eingestellt. Einige Aufgaben und Angebote der Heimvolkshochschule sollen dann von der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) übernommen werden. Die KEB organisiert Bildungsveranstaltungen zu religiösen, ethischen und sozialpolitischen Themen und ist durch ihre dezentrale Organisation in der gesamten Fläche des Bistums und dabei besonders in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenslagen präsent.
Nachdenken über neue Nutzung
Das Kloster St. Ludgerus in Helmstedt gibt seinen Betrieb als Begegnungsstätte mit Beleghaus zum Ende dieses Jahres auf. In St. Ludgerus wurden bisher hauptsächlich Tage religiöser Orientierung angeboten. Aufgrund der gegenwärtigen Corona-Pandemie ist das seit Monaten nicht mehr möglich. Die Nutzung des Hauses als Mensa für die katholische Grundschule vor Ort soll bestehen bleiben. Das Gebäude befindet sich im Besitz der Pfarrgemeinde St. Ludgerus. Das neue pastorale Team der Pfarrgemeinde, das im kommenden Juni seinen Dienst aufnimmt, soll klären, welche Möglichkeiten der Nachnutzung bestehen.
Weiterntwicklung für den Wohldenberg
Die Jugendbildungsstätte Haus Wohldenberg in Holle im Landkreis Hildesheim wird zu einem Zentrum für Jugendpastoral weiterentwickelt. In diesem Zusammenhang wird das Haus in Zukunft die Tage religiöser Orientierung für Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassenstufe ausrichten, die bisher in der Begegnungsstätte Kloster St. Ludgerus in Helmstedt veranstaltet worden sind. Mit dieser Entscheidung wird auch die Auslastung des Hauses Wohldenberg an Werktagen verbessert.
Akademie zieht nach Hannover
Die Landeshauptstadt wird als Bildungsstandort gestärkt: Die Katholische Akademie des Bistums, bisher im Goslarer St. Jakobushaus angesiedelt, zieht in die Gerberstraße 26 in Hannover. Dort befindet sich bereits das Forschungsinstitut für Philosophie, das Katholische Forum Niedersachsen und die Landesgeschäftsstelle der Katholischen Erwachsenenbildung. Das Katholische Forum wird zum 1. Januar 2022 als eigenständige Institution aufgegeben und mit seinen Aufgaben und Veranstaltungsformaten in die Akademie integriert. Geplant ist, dass die Akademie als Dialog-Plattform bistumsweit Veranstaltungen zu Gesellschaft, Kirche, Glauben, Philosophie und Kultur anbieten sowie Internet-Nutzerinnen und -Nutzern ein umfangreiches digitales Angebot machen wird. Die Akademie soll ihren Betrieb zum 1. Januar 2022 aufnehmen.
St. Martin soll verkauft werden
Die Bildungsstätte St. Martin in Germershausen wird ebenfalls zum 31. Dezember 2020 geschlossen. Zu diesem Datum endet der Überlassungsvertrag mit der Ordensgemeinschaft der Augustiner, denen eine Hälfte des Gebäudekomplexes gehört. Die zweite Hälfte gehört dem Bistum Hildesheim. Die Augustiner haben 2019 das Kloster verlassen und bewirtschaften seitdem ihren Teil der Räumlichkeiten nicht mehr. Sie streben einen Verkauf des Gebäudes gemeinsam mit dem Bistum an.
Zur Neuordnung der Bildung
Kirche wird auch durch Orte erlebbar
Fortschreitende Digitalisierung, engere finanzielle Spielräume, erheblicher Sanierungsbedarf, schlechte Auslastung einzelner Häuser – die Argumente, die das Bistum für die Neustrukturierung der Bildungslandschaft anführt, sind nicht von der Hand zu weisen. Und Veränderungen sind nicht per se schlecht.
Allerdings: Viele Menschen dürften in den anstehenden Maßnahmen keinen Aufbruch in die Zukunft sehen, sondern die Aufgabe von drei Bildungshäusern am Rande des Bistums als einen Rückzug der Kirche aus der Fläche. Die Absicht, Akademieveranstaltungen künftig in vielen Städten und Gemeinden des Bistums stattfinden zu lassen, ist sicherlich gut. Doch das dürfte für die betroffenen Einrichtungen und die Mitarbeiter nur ein schwacher Trost sein. Außerdem: Kirche wird auch durch Orte erlebbar. Jedes Bildungshaus hat seinen eigenen Charakter und seine unverwechselbare Ausrichtung. Menschen kommen nicht nur zu Vorträgen oder Seminaren dorthin, sondern weil sie das Haus kennen- und schätzengelernt haben – oft über Jahrzehnte hinweg.
Ebenso zeigt jedes katholische Bildungshaus Flagge in einer immer stärker säkular ausgerichteten Gesellschaft.
Vieles davon geht jetzt verloren. Das ist der Preis für eine komplette Neuaufstellung.
Matthias Bode
Redaktionsleiter