kritisieren die Befürworter, kritisieren, dass den Pflegenden nun eine starke Stimme fehlt

Pflegekammer ist bald Geschichte

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Der niedersächsische Landtag hat das Ende der Pflegekammer beschlossen. Während die Gegner das Aus begrüßen, kritisieren die Befürworter, dass den Pflegenden nun eine starke Stimme fehlt.


Pflegekräfte stehen vor großen Herausforderungen.
Doch nur ein kleiner Teil von ihnen meinte, dass eine
Pflegekammer ihnen dabei helfe könnte.

Bei einer Befragung unter den rund 78 000 Kammermitgliedern im vergangenen September stimmten 70,6 Prozent der Teilnehmer gegen den Fortbestand. An der Umfrage beteiligte sich nur rund ein Fünftel der Mitglieder. Zum schlechten Stand der Einrichtung bei den Pflegekräften hatte gleich zum Start Anfang 2017 beigetragen, dass für die Pflichtmitgliedschaft zunächst hohe Beiträge gefordert wurden, was auch in vielen katholischen Einrichtungen zu Unmut führte. Auch als die rot-schwarze Landesregierung die Kammer rückwirkend ab 2020 beitragsfrei stellte, rettete dies das Projekt nicht.

Ethikkommission soll Arbeit fortsetzen

Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bleiben der Einrichtung noch sechs Monate Zeit, um die anfallenden Aufgaben der Abwicklung wie etwa das Kündigen von Verträgen zu erledigen. Die dann noch verbliebenen Aufgaben soll das Land als Rechtsnachfolger übernehmen. Die Arbeit der Ethikkommission der Kammer soll fortgesetzt werden.

Verpasste Chance oder Bürokratiemonster?

Die Pflegekammer Niedersachsen war von der damals rot-grünen Landesregierung als Interessensvertretung der Pflegebeschäftigten eingerichtet worden. Sie ist die dritte und größte ihrer Art in Deutschland.

Pflegewissenschaftler wie der Bremer Stefan Görres sehen mit dem Kammer-Aus  eine „verpasste Chance“ für die Pflege, um ihren Einfluss zu erweitern. Auch in den Gewerkschaften seien Pflegekräfte nur im geringen Maße organisiert, sagte der Professor der Universität Bremen. Gegner wie die Gewerkschaft ver.di kritisierten die Kammer dagegen als „Bürokratiemonster“ ohne wirkliche Befugnisse.

Beitragsbescheide sorgten für Ärger

Doch es waren auch Fehler in der Kommunikation, die der jungen Einrichtung schadeten, und es knirschte intern. Für Proteste sorgten anfänglich etwa Bescheide, in denen den Mitgliedern der Einzug des Höchstbeitrages angekündigt wurde, wenn sie nicht schnell ihre Einkommensverhältnisse offenlegten. Die erste Kammerpräsidentin Sandra Mehmecke unterlag im Februar 2020 bei einer von ihr selbst initiierten Vertrauensabstimmung im Leitungsgremium.

Zwar meldete sich ihre Nachfolgerin Nadya Klarmann vielfach zu Wort, zuletzt um in der Corona-Pandemie bessere Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte einzufordern. Doch da war das Ende bereits in Sicht.

(epd)