Rechnet das Bistum sich arm?

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Ist die Schließung von sechs katholischen Schulen in Hamburg unnötig? Die Diözese ist gar nicht überschuldet, sagt ein Kreis von Geschäftsleuten aus Hamburg. Sie rechne sich ärmer als sie sei. Das Erzbistum widerspricht. Zahlen und Prognosen seien nach geltenden Regeln erstellt worden. 

Die Türme des Hamburger St. Marien-Doms
Die Türme des Hamburger St. Marien-Doms. Foto: Marco Heinen

Die geplanten Schulschließungen des Erzbistums Hamburg stoßen auf Kritik einiger Unternehmer aus der Hansestadt. Laut einem am 16. Oktober auf dem Portal stern.de veröffentlichten Bericht wirft eine Gruppe von Geschäftsleuten um Steakhouse-Betreiber Eugen Block der Diözese Täuschung vor. Die finanziellen Gründe für die Schließungen seien nur vorgeschoben. In einem Brief fordern die Geschäftsleute Erzbischof Stefan Heße auf, die Entscheidung zurückzunehmen. 

Die Unternehmer hätten sich bereits 2018 erfolglos an Erzbischof Heße gewandt, um ihn von den Schulschließungen abzubringen, berichtet stern.de weiter. Block habe daraufhin auf eigene Kosten einen Unternehmensberater engagiert, der die Bilanz des Erzbistums von 2017 untersucht habe. Danach rechne sich das Bistum ärmer, als es sei und sei gar nicht überschuldet. So seien Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen in der kirchlichen Bilanz um 86,5 Millionen Euro zu hoch taxiert. Die rund 800 Immobilien im Erzbistum, die der Kirche gehören, seien hingegen deutlich zu niedrig bewertet.

Generalvikar Ansgar Thim wies die Vorwürfe laut stern.de zurück. Die Bilanzen „geben ein realistisches Bild“, sagte er. Die Diözese bewerte ihre Immobilien nach den Regeln des Handelsgesetzbuches, so Sprecher Manfred Nielen: „Das Erzbistum hat hier keinen Ermessensspielraum.“

Bei den Pensionsrückstellungen kalkuliere die Kirche vorsichtiger. Grund sei, dass sie anders als Unternehmen durch ihr eigenes Wirtschaften nicht so hohe Renditen erzielen könne. Die notwendige Höhe der Rückstellungen werde in externen, versicherungsmathematischen Gutachten ermittelt, so Nielen weiter.

Bereits vorgenommene und mögliche künftige Einschnitte seien notwendig, um das Erzbistum zukunftsfähig zu erhalten. Ansonsten drohe eine Überschuldung von 350 Millionen Euro. „Wer jetzt fordert, wir sollten die Augen vor der finanziell bedrohlichen Situation verschließen und einfach so weitermachen wie bisher, nimmt sehenden Auges in Kauf, dass das Erzbistum in wenigen Jahren handlungsunfähig ist“, erklärte Nielen.

Der Kirchenrechtler Prof. Thomas Schüller, Experte für kirchliches Vermögens- und Verfassungsrecht, teilt diese Ansicht. Die Erzdiözese arbeite mit seriösen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zusammen, sagte der Münsteraner Theologe der Katholischen Nachrichten-Agentur (kna). Zudem sei eine Fälschung schon deshalb töricht, weil sie straf- und kirchenrechtliche Konsequenzen hätte. Es sei vertretbar, dass Kirchen angesichts der niedrigen Zinsen für künftige Pensionen mehr Geld sparten als womöglich nötig.

Geschätzter Wert einer Kirche: 1 Euro

Die Kirchen rechnen auch nicht damit, durch den Verkauf von Kirchengebäuden an Geld zu kommen. Sakralbauten würden in Hamburg genauso wie in anderen Bistümern in der Regel mit dem Wert von einem Euro in die Bilanz eingestellt, so Professor Schüller. „Die rechtlichen Grundlagen dazu sind im Handelsgesetzbuch hinterlegt und sind nicht dem willkürlichen Entscheiden der Bistümer anheimgestellt.“

Text: kna/Hüser