Erfolgsgeschichte im Bistum Osnabrück

Schon 100 faire Gemeinden

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An diesem Wochenende wird Lengerich als 100. faire Gemeinde in unserem Bistum ausgezeichnet. Sechs Jahre nach dem Auftakt der Aktion gibt es also Grund zum Feiern. Und diese Erfolgsgeschichte soll weitergehen.


Frisch aus dem Kran: Christine Lampa-Pruisken (l.) und Andrea Hemme füllen Leitungswasser in Glaskaraffen. Bei Veranstaltungen im Lengericher Pfarrheim sollen so künftig auch weniger Mehrwegflaschen aus Plastik benutzt werden. | Foto: Petra Diek-Münchow

Es ist noch kühl an diesem Morgen im Pfarrheim der St.-Benedikt-Gemeinde in Lengerich. Andrea Hemme nennt den Grund dafür – der ein richtig guter ist. „Die Heizung soll nicht die ganze Nacht durchlaufen“, sagt die Gemeindereferentin und dreht den Thermostat ein wenig höher. Es dauert nicht lange und der Raum wird angenehm warm. Dass die Heizkörper nicht ständig auf höchster Stufe arbeiten, darauf achten die Lengericher jetzt noch mehr. Genau wie auf energiesparende Glühlampen und dass der letzte Gast das Licht ausschaltet.

Und das ist nur ein Teil der Kriterien, die St. Benedikt künftig erfüllen will – als 100. faire Gemeinde im Bistum. Bischof Franz-Josef Bode wird an diesem Wochenende die Urkunde dafür überreichen. Die soll dann später im Pfarrheim hängen –neben einem Schild, das gleich im Eingang den Besuchern von der fairen Gemeinde in Lengerich erzählt. Denn dazu zählt weit mehr als abends die Temperatur der Heizungen abzusenken.

Zum Beispiel auch regelmäßige Veranstaltungen zum Thema fairer Handel, eine gezielte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Einsatz von Ökostrom. Und beim Grillabend für Ehrenamtliche oder beim Frauenfrühstück gibt es nur noch Mehrweggeschirr. „Wir stocken unseren Bestand dafür extra auf“, sagt Christine Lampa-Pruisken, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates. Sogar für den „Kuchen to go“ beim Pfarrfest sollen die Besucher eigene Behälter mitbringen, damit man auf Alufolie verzichten kann. „Wenn wir als Kirche einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung und für mehr Gerechtigkeit leisten können, sollten wir das tun“, bekräftigt sie.

Neugieriges Interesse, Dinge auszuprobieren

Solche Worte freuen Hubert Hoffmann, den Vorsitzenden der Bischöflichen Kommission für Mission, Entwicklung und Frieden. Mit Dirk Steinmeyer von der Süd Nord Beratung (siehe „Zur Sache“) gehört er zu dem Kreis, der die Aktion Faire Gemeinde vorangetrieben hat. Nach dem Auftakt vor sechs Jahren ist die Initiative für ihn heute eine „richtige Erfolgsgeschichte“. Anfangs hatte er auf 30 Gemeinden gehofft, „jetzt sind wir bei 100 und zehn weitere sind in der Warteschleife. Dass wir soweit kommen, hatten wir uns nicht vorstellen können.“

Hoffmann war in den vergangenen Jahren bei vielen Auszeichnungen dabei. Die erste Urkunde bekam St. Laurentius in Ober-/Niederlangen, die 25. faire Gemeinde war St. Raphael in Bremen, über das 50. Siegel freute sich die Pfarreiengemeinschaft Meppen-Ost und über das 75. die Pfarreiengemeinschaft Spelle. Hubert Hoffmann hat dabei erlebt, wie sich die Gemeinden um faires und ökologisches Verhalten bemühen – und das auch als positiv erleben. Die Entwicklung in Lengerich nennt er vorbildlich.

Denn die knapp 2000 Mitglieder zählende Gemeinde hat das Thema intensiv in den Ort hineingetragen. Nach einer Veranstaltung mit Dirk Steinmeyer hatte der Pfarrgemeinderat alle kirchlichen Gruppen zu einem Info-Abend eingeladen. „Uns war wichtig, dass alle informiert sind, dass alle diskutieren und mit entscheiden“, sagt Christine Lampa-Pruisken.
„Wir hoffen, dass wir das Thema in die Vereine und Familien tragen können“

Bei dem Treffen wurde eifrig gefragt, geschrieben und nach guten Lösungen gesucht. Andrea Hemme erinnert sich an spürbaren Respekt vor der Aufgabe, aber auch an eine „neugierige Bereitschaft, das auszuprobieren“. Und so gingen schon an diesem Abend die meisten Daumen hoch. Dankbar ist Lampa-Pruisken für die Hilfe von Dirk Steinmeyer, der noch viele Fragen beantwortet und immer wieder Mut gemacht hat. Schon vor der offiziellen Auszeichnung hat sich seitdem einiges getan in Lengerich. Die Erstkommunioneltern bringen eigenes Geschirr zu ihren Treffen mit, im Pfarrheim informieren Schilder die Besucher, die Generalversammlung der Frauengemeinschaft und die Sternsinger haben sich mit dem Thema beschäftigt. „Wir hoffen, dass wir das Thema weitertragen können – in die Vereine und Familien“, sagt Andrea Hemme. Hat der Prozess beide auch persönlich verändert? „Irgendwie schon“, sagt Lampa-Pruisken. „Ich greife nicht mehr einfach zur Alu-Folie.“

„Umweltschutz und Gerechtigkeit gehören eng zusammen“

Solches Umdenken erhofft sich Hubert Hoffmann langfristig von dem Prozess der fairen Gemeinde. „Wir wollten, dass die Themen Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung aus den Nischen der Gemeinden herauskommen. Das haben wir erreicht“, sagt er. Wichtig für ihn ist jetzt, dass die Menschen eines begreifen: „Umweltschutz und Gerechtigkeit gehören eng zusammen.“ Jede Gemeinde entscheidet durch ihren Einkauf und ihr Umweltverhalten mit darüber, welche Produkte wie hergestellt werden. Und nimmt so darauf Einfluss, ob die Produzenten in den südlichen Ländern einen fairen Preis erhalten und bei der Produktion auf Umweltschutz achten können. „Da kann jeder was tun“, sagt Hoffmann. „Für den Anfang reicht es, vielleicht ein oder zwei Produkte aus fairem Handel zu kaufen. “
Ganz einfach zu erfüllen ist auch ein weiteres Kriterium für die faire Gemeinde in Lengerich. Das beweisen Andrea Hemme und Christine Lampa-Pruisken am Ende des Gesprächs ganz praktisch. Ein Schluck Wasser? Gerne. Aber das kommt nicht aus der Flasche, sondern aus dem Kran in der Küche. Frisch gezapft, in einer schönen Glaskaraffe mit einem Stück Zitrone serviert. Sieht gut aus und schmeckt gut.

Petra Diek-Münchow

Die Urkunde wird am 17. Februar während einer Messe (Beginn 14.30 Uhr) verliehen. Sie bildet den Abschluss eines Treffens fairer Gemeinden. Zum Auftakt hält Bischof Bode ein Impulsvortrag über „Die faire Gemeinde als pastorale Chance“, anschließend stehen Workshops auf dem Programm.

 

Mindestens fünf aus zwölf

Die Aktion Faire Gemeinde wurde auf Anregung der Süd Nord Beratung mit der Bischöflichen Kommission für Mission, Entwicklung und Frieden im Bistum Osnabrück und der Katholischen Landvolkhochschule Oesede ins Leben gerufen. Wenn Gemeinden bei der Aktion mitmachen wollen, verpflichten sie sich, mindestens fünf von zwölf Kriterien einzuhalten. Dazu zählen zum Beispiel der Ausschank von fair gehandelten Getränken, Blumenschmuck in der Kirche mit fair gehandelten Pflanzen oder gezielte Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem sollten die Gemeinden kein Einweggeschirr mehr einsetzen sowie Recyclingpapier oder Ökostrom nutzen. Wer mitmacht, bekommt eine Urkunde.

www.faire-gemeinde-os.de