125 Jahre St. Marien Bremen

Spirituelle Heimat für viele Nationen

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St. Marien im Bremer Westen war die erste katholische Kirche, die nach der Reformation in der Stadt neu gebaut wurde. Die Weihe jährt sich am 13. November 2023 zum 125. Mal. Bis dahin ist jeden Monat eine besondere Veranstaltung geplant. Pastoralreferent Johannes Gebbe bereitet sie mit vor.


Vor fast 125 Jahren wurde im Bremer Westen die St.-Marien-Kirche gebaut. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Hier ist die Nachfolgekirche zu sehen, die 1954 gebaut wurde. Foto: Christof Haverkamp

Herr Gebbe, was bedeutet Ihrer Gemeinde dieses Jubiläum?  

Es macht uns schon ein bisschen stolz, sagen zu können: So lange gibt es uns schon, und wir sind immer noch da! Als St. Marien vor fast 125 Jahren von St. Johann abgepfarrt wurde, handelte es sich um den ersten Kirchenneubau nach der Reformation. Die anderen katholischen Gemeinden sind deutlich später entstanden. Dass wir auf eine so lange Geschichte zurückschauen können, ist etwas Besonderes. 

Aber die ursprüngliche Kirche steht längst nicht mehr ... 

Das ist richtig. Sie wurde im August 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Nach dem Krieg wurde neu gebaut – am gleichen Standort. In unserem Kirchturm befinden sich noch Reste des alten Turms. Etwas versteckt, aber wer genau hinschaut, kann sie entdecken. In der Kirche selbst ist eine Tafel angebracht, auf der zum Beispiel die übereinandergelegten Grundrisse beider Gotteshäuser zu sehen sind. Wo sich der Priester heute in der Sakristei ankleidet, stand in der alten Kirche der Altar. Solche Bezüge haben wir bewusst hergestellt.

Was hat St. Marien in der Vergangenheit besonders geprägt?

St. Marien war anfangs stark von Arbeitern geprägt. Im Bremer Westen wurde der Hafen ausgebaut, große Industriebetriebe wie die Jutespinnerei entstanden, und es fehlten Arbeitskräfte, um die im gesamten Deutschen Reich geworben wurde. Wir waren also vor allem eine Gemeinde für Zuwanderer aus katholischen Gebieten wie Böhmen, Polen und Oberschlesien. Auch heute noch sind wir eine bunte Gemeinde.


Pastoralreferent Johannes Gebbe. Foto: Christof
Haverkamp

Inwiefern? 

Das Thema Zuwanderung zieht sich durch unsere Geschichte. St. Marien ist vielen Menschen aus unterschiedlichen Ländern zur spirituellen Heimat geworden – ein Ort, an dem sie zusammenkommen und ihren Glauben leben können. Es gibt aramäische Christen aus Syrien, die arabischsprachige Gottesdienste in unserer Kirche feiern und sich in der Gemeinde und Gremienarbeit engagieren. Es gibt darüber hinaus afrikanische, portugiesische, polnische und französischsprachige Katholiken.

Was mögen Sie noch an Ihrer Gemeinde?

Wir waren und sind eine Solidargemeinschaft. Vor allem in schwierigen Zeiten, vor und nach dem Krieg, waren Menschen füreinander da, haben gesehen, wem es in der Gemeinde schlecht ging. Auch beim Bau der neuen Kirche, die 1954 geweiht wurde, gab es viel Eigeninitiative. Und auch heute noch haben wir einen starken diakonalen Schwerpunkt.
Charakteristisch für St. Marien ist auch eine sehr lange und gute Ökumene. Seit dem Zweiten Weltkrieg stehen sich St. Marien und die evangelische St.-Wilhadi-Kirche gegenüber. Die Gemeindezentren sind direkt benachbart, so dass wir bereits dazu übergehen, Räume gemeinsam zu nutzen. Auch Feste wie zum Beispiel St. Martin feiern wir seit Jahrzehnten zusammen. 

Wie ist die Idee eines Jubiläumsjahres entstanden?

Nach zwei Jahren Corona-Pandemie war der Wunsch, sich zu begegnen, sehr groß. Deshalb haben wir unser Jubiläumsprogramm so „gestrickt“, dass wir die Gemeindemitglieder jeden Monat zusammenbringen können: von November 2022 bis November 2023. Wir beginnen mit einem Auftaktgottesdienst am Tag der Kirchweihe, dem 13. November.

Was genau planen Sie?

Als Nächstes ein adventliches Mitsingkonzert. Der Kirchenchor hat sich in der Corona-Zeit leider aufgelöst, so dass wir dachten, wir laden einfach alle zum Mitsingen ein, auch  unterschiedliche Sprachgruppen, um uns auf Weihnachten einzustimmen. Im nächsten Jahr wird es unter anderem eine Kirchenführung mit geschichtlichen Informationen geben und ein biblisches Mahl, um biblische Speisen kennenzulernen und miteinander am Tisch ins Gespräch zu kommen. Das Programm endet mit einem Festgottesdienst am 12. November 2023, an dem Bischof Franz-Josef Bode teilnehmen wird.

Gibt es etwas, das Sie sich für die Zukunft der Gemeinde wünschen?

Ich habe vor kurzem mal in der Chronik geblättert, die zu „100 Jahren St. Marien“ als Buch erschienen ist. Das, was ich mir wünsche, habe ich darin schon in gedruckter Form gefunden: Ich wünsche mir, dass wir weiterhin eine offene Gemeinde sind, in der Menschen verschiedenster Herkunft eine spirituelle Heimat finden können.

Interview: Anja Sabel

 

Zur Sache

Zum Auftakt des Jubiläumsjahres findet am Sonntag, 13. November, um 9.30 Uhr ein Gottesdienst in St. Marien, Sankt-Magnus-Straße 2, statt. Mitfeiern wird auch der Pfarrer von St. Johann, Propst Bernhard Stecker – als Erinnerung daran, dass die Kirche einst von St. Johann abgepfarrt wurde. Am Sonntag, 4. Dezember, gibt es um 16 Uhr ein adventliches Mitsingkonzert in St. Marien. Weitere Veranstaltungen werden nach und nach auf der Internetseite der Gemeinde veröffentlicht.