100 Jahre Kolpingsfamilie Rostock

Tätige Gesellen an der Ostsee

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Menschen stehen vor einer Kirche
Nachweis

Foto: privat

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Reise nach Kroatien 2024. Die Kolpingsfamilie Rostock vor der Kirche der kroatischen Märtyrer in Udbina.

Eine eigene Gesellenherberge in der Hansestadt: Das war vor 100 Jahren das erste Projekt der Rostocker Kolpingsfamilie. Es blieb dabei. Wo immer tätige Hände gebraucht wurden, war Kolping da. Nicht nur in Rostock.

„Gott segne das ehrbare Handwerk!“ Mit diesem Gruß begannen die ersten Versammlungen der Rostocker Kolpingbrüder. 1925, vor hundert Jahren, hatten sich sieben Männer aus dem „St. Josef-Männerverein“ zu einer Gesellengruppe zusammengeschlossen. Ihr Plan war: In Rostock sollte wie in anderen Städten eine Gesellenherberge entstehen. Denn immer mehr fahrende Gesellen machten in der Hafenstadt Station und suchten nach einer Bleibe. Die sieben Rostocker warteten nicht lange. Sie richteten Räume in der „Notkirche“ neben der Christuskirche ein. Vier Jahre später konnte sich das Inventar sehen lassen: „Sechs eiserne Betten, sechs Strohsäcke, sieben Bettlaken, acht Handtücher, vier Liederbücher“, eine Hausordnung und nicht zu vergessen: Ein Kolpingbild, eingerahmt. Damals, anno 1929, hatte der Verein schon 30 Mitglieder. 268 Reisende übernachteten im Jahr 1930 in der bescheidenen Herberge. 
Das war nicht alles. Lehrer gaben unentgeltlich Kurse in Rechnen und Rechtschreibung, jede zweite Woche war Gottesdienst und Kolpingsversammlung, es gab Vorträge, Tanzfeste, „Schinkentouren“ zu Christi Himmelfahrt, Bootsfahrten nach Schwaan, sogar eine eigene Theatergruppe.

Dem erfolgreichen Start folgte eine Krise. Die wachsende Kolpingsfamilie stellte 1932 den Antrag, ein eigenes Banner führen zu dürfen, um damit ein eigenständiger Verein zu werden. Als der Wunsch abgelehnt wurde, dankten  Vorstand und Präses ab, die Gesellengruppe löste sich auf.

Kein Aufbau lief ohne Kolping

Aber es ging dann doch weiter. Mit neuen Aktivitäten. Eine Metallfachabteilung zur Weiterbildung wurde eingerichtet, auch eine Schusterabteilung. 1939 wurden wie überall in Deutschland auch in Rostock die katholischen Vereine verboten. Die Kolpingsbrüder waren aber wieder da, als 1945 die Folgen der NS-Diktatur bewältigt werden mussten. Sie arbeiteten beim Wiederaufbau der zerbombten Christuskirche mit, sie halfen heimkehrenden Soldaten und Flüchtlingen, ein neues Zuhause zu finden. Tatkräftige Handwerker wurden überall gebraucht. Etwa für den Bau einer zweiten und später einer dritten katholischen Kirche in Rostock (St. Josef, St. Thomas Morus).

Man wusste, dass man in der DDR ständig unter der Beobachtung der Staatssicherheit stand. Aber die Kolpingsfamilie – zu der seit 1982 auch Frauen gehörten – ließ sich dadurch nicht einschüchtern und wuchs weiter. Mitte der 90er Jahre entstand auch eine Kindergruppe. Mehr als 100 Mitglieder hatte die Familie damals.

Heute, 100 Jahre nach der Gründung, ist die Zahl der Mitglieder wieder gesunken. „Da geht es uns nicht anders als anderen Verbänden“, sagt der Vorsitzende Bernd Oelschlägel. „Die Älteren sind zum Teil in die Ewigkeit gerufen worden. Aber unsere Veranstaltungen sind immer noch gut besucht. Sie sind auch für alle offen.“ Und sie finden in allen drei Rostocker Gemeinden statt – oder im St. Franziskusheim in Brinkmansdorf, wo regelmäßig Volkslieder gesungen werden. Feste Größen im Familienleben sind die Maiwanderungen, die Gestaltung des Gründonnerstags und des Karfreitags, die Seniorentreffen, die Gottesdienste und nicht zuletzt die Reisen an Orte in ganz Europa, von Spanien bis Norwegen.Das Markenzeichen der Kolpingsbrüder und Schwestern ist geblieben. Hand anlegen, wo Tatkraft gebraucht wird. Deshalb blickt Bernd Oelschlägel optimistisch in die Zukunft.

Erst einmal wird gefeiert. Beginn der Hundertjahrfeier ist am Samstag, 31. Mai mit einer Andacht, Mittagessen, Schifffahrt und Grillen im Hof der Christuskirche. Am Sonntag, 1. Juni beginnt um 10.30 Uhr in der Christuskirche der Festgottesdienst mit Weihbischof Horst Eberlein.

Andreas Hüser