Taizé macht Gefängnis zum Ort der Stille

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Vor dem Jugendtreffen in Rostock sind Botschafter von Taizé im ganzen Land unterwegs – am vergangenen Sonntag sogar im Gefängnis Waldeck.


In der Kapelle der JVA Waldeck (v. l.): Ursula Soumagne-Nagler, Manuel Scheffels, Vikar Markus Haaks (Innenstadtgemeinde HRO), Joseph Denieul, Pastor Martin Kühn (ev. Gefängnisseelsorger). | Foto: privat

Rostock/Dummerstorf (ahü). Taizé-Gottesdienste haben ihre eigene Stimmung. Die Stille spielt eine große Rolle, die Farben, das Kreuz und die meditativen Taizé-Lieder. Sechs Wochen vor dem Europäischen Jugendtreffen in Rostock weht in vielen Kirchen Mecklenburgs der Geist von Taizé. Aber geht das auch in einem Gefängnis? Am Sonntag hat die Gefängnisseelsorge der Justizvollzugsanstalt Waldeck bei Rostock das Außergewöhnliche gewagt. Zwei Gesandte aus Taizé gestalteten den sonntäglichen Gottesdienst als Taizé-Feier.

„Es war eine sehr beindruckende, berührende Feier“, sagt die katholische Gefängnisseelsorgerin Ursula Soumagne-Nagler. „Die Gefangenen haben sich gut darauf eingelassen.“ Ganz neu war der Stil dieser Feier nicht, denn immer wird in der JVA Waldeck sonntags ein ökumenischer Wortgottesdienst mit ähnlichen Elementen gefeiert. Taizé-Lieder wie „Meine Hoffnung und meine  Freude“ gehören sowieso schon zum Liedgut der Anstaltsgottesdienste. Was hier sonst nicht zu erleben ist – die Phase der Stille, die zu einem Taizé-Gebet gehört. „Ich war angetan, dass die Gefangenen sich auch auf diese Stille einlassen konnten.“

Joseph Denieul kommt aus der Bretagne und gehört zum Team der Brüder und Freiwilligen, die seit September das Rostocker Jugendtreffen vorbereiten. „Ich hatte vorher schon etwas Angst vor diesem Gottesdienst“, gesteht er. Aber der ungewöhnliche Gottesdienstort passte in das Anliegen der Sache.

Was das Herz berührt – in jedem Milieu

„Wir suchen überall Gelegenheiten, Leute zu treffen, besonders auch außerhalb der Kirchengemeinden“, sagt Joseph. Der Gefängnisgottesdienst bot dazu besondere Chancen. „Hier kamen wir richtig mit den Menschen ins Gespräch. Anderswo geht es vor allem um organisatorische Fragen“, sagt Manuel Scheffels, der zweite Taizé-Freiwillige im Waldecker Gottesdienst. Es gab auch Überraschungen. Einer der Gefängnisinsassen war schon einmal selbst in Taizé gewesen. Ein anderer, der in dieser Woche entlassen wird, überlegt, am Jugendtreffen „Pilgerweg des Vertrauens“ zum Jahreswechsel teilzunehmen. „Es ist schön zu sehen, dass Taizé auch in den verschiedensten Milieus ankommt“, sagt Manuel. Und Joseph findet: „Taizé ist für alle ein Ort, der das Herz der Menschen berührt.“ Nach dieser guten Erfahrung wird es vielleicht ein Wiedersehen geben. Geplant ist, im Advent noch einmal ein Abendgebet in der JVA Waldeck zu gestalten. „Es ist schön, dass wir in der JVA Gastgeber für Taizé sein dürfen“, sagt Ursula Soumagne- Nagler. „Auch wir sind ja Teil der Gesellschaft in dieser Stadt.“