Aktion Maria 2.0

Thesenpapier an der Domtür

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Bundesweit setzten die Frauen von „Maria 2.0“ am vergangenen Wochenende auf den Überraschungseffekt. Sie haben ihre bereits bekannten Forderungen in Thesenform an Kirchentüren angebracht – auch im Bistum Osnabrück.


Katharina Hubrich hängt die Thesen von Maria 2.0 an die Domtür. Foto: Theresa Brandl

„Das wird jetzt so langsam durchsickern“, sagt Katharina Hubrich. Sie steht vor dem Dom in Osnabrück. An dessen Portal hat sie soeben gemeinsam mit Gisela Lingemann zwei Plakate aufgehängt – ohne vorherige Ankündigung: „Thesen Maria 2.0“ ist in pinken Buchstaben auf dem Blatt zu lesen und darunter: „An alle Menschen, die guten Willens sind!“ In sieben Punkten fordern Frauen bundesweit, dass die katholische Kirche sich endlich mit den eklatanten Missständen auseinandersetzen müsse. 

Die ersten Passanten werden auf die Schrift an der Domtür aufmerksam. Ein Mann zückt sein Smartphone, fotografiert den Zettel ab und kündigt an, das Thema mit seinen Schülerinnen und Schülern im Unterricht besprechen zu wollen. Den Zeitpunkt für die Aktion haben die Frauen der Reformbewegung „Maria 2.0“ bewusst gewählt. Vom 23. bis 25. Februar findet die virtuelle Vollversammlung der deutschen Bischöfe statt – diesmal digital, und dann sollen die Forderungen der Frauen bereits Thema sein. „Gleiche Würde, gleiche Rechte. Wir sind keine Randgruppe. In den Thesen wird endlich mal Klartext geredet“, sagt Hubrich. 

Sie ist, ebenso wie Gisela Lingemann, in der Domgemeinde aktiv und die beiden haben schon öfter mit dem Gedanken gespielt, aus der Kirche auszutreten. Weil sich die Institution nur extrem langsam bewegt. Doch gerade die älteren Frauen um die 80 Jahre motivieren, nicht aufzugeben: „Wir haben das auch schon alles gesagt. Aber macht weiter so!“ 

"Männer sollten gut zuhören"

Die Frauen möchten ihrer Kirche nicht den Rücken kehren, das wird in den Gesprächen immer wieder deutlich. So sagt auch Maria Stenner-Dieckmann, die eines der Plakate in Twistringen aufgehängt hat: „Wir dürfen nicht mehr schweigen, müssen Stellung beziehen. Aber ich mache das für das Leben in der Kirche und nicht, um gegen jemanden zu agieren.“ Dieses Ziel verfolgt auch Hubertus Lutterbach, mitarbeitender Priester der Heilig-Kreuz-Gemeinde im Stadtteil Schinkel in Osnabrück. 


Die Reaktion des Domkapitels kam schnell: ein Plakat mit einer
Einladung zum Gespräch. Foto: Theresa Brandl

Anlässlich des Thesenanschlags gestaltet er gemeinsam mit Gabriele Ostendorf aus der Gemeinde einen Sonntagsgottesdienst und widmet dem Thema seine Predigt. In der lässt er Frauen aus einem Buch zu Wort kommen, die vom Wunsch und ihrer Berufung sprechen, Diakonin oder Priesterin zu werden. Er selbst fügt dem wenig hinzu, sagt: „Frauen sprechen für Frauen und die Männer sollten gut zuhören.“ 

In der Heilig-Kreuz-Kirche sind deutlich mehr Gläubige versammelt als normalerweise zu Corona-Zeiten. Das Team hat im Vorfeld die Werbetrommel gerührt. Mit Erfolg. So hören, natürlich corona-konform, 80 Menschen zu, als Lutterbach den evangelischen Theologen Hans-Joachim Eckstein zitiert: „Du bist ein Wunsch Gottes, den er sich selbst erfüllt hat.“ Doch es stelle sich die Frage, wie dieser Zuspruch vor dem Hintergrund klingt, dass Frauen ihre Begabungen in der katholischen Kirche nicht einsetzen dürfen. In den Ehrenämtern seien fast nur Frauen, so Hubrich, „die Benachteiligung von Frauen ist strukturell“.

An genau diesem Punkt möchte „Maria 2.0“ anknüpfen. Bischof Bode gilt als Vorreiter, wenn es um die Rechte der Frauen in Kirche geht, doch Hubrich wünscht sich noch mehr: „Der Diakonat für Frauen ist nicht genug.“ Auf das auffällige Plakat reagiert das Bistum Osnabrück bereits einen Tag nach der Aktion – mit einer Einladung zum persönlichen Gespräch. Ein Termin steht bereits. Den hätten sie ohne ihren Einsatz nicht bekommen, so sind die Frauen sicher.

Theresa Brandl

Die Predigt von Pastor Lutterbach kann als pdf-Datei heruntergeladen werden, ebenso das Thesenpapier der Initiative Maria 2.0.