Verein „Anna + Sascha“ in Annaberg-Buchholz

Tür auf für alle Einzigartigen

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Christlicher Geist ist längst nicht nur in Einrichtungen und Initiativen anzutreffen, die Kirche oder Caritas im Namen führen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Verein „Anna + Sascha“ in Annaberg-Buchholz.

Katja Seifert mit Sascha vor dem „Anna + Sascha“-Haus“. Am 23. Dezember ab 12 Uhr können Passanten hier auf einen Glühwein Halt machen. | Foto: Dorothee Wanzek

Jeder Mensch soll sich mit seinen Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit in das Leben seiner Stadt oder seines Dorfes einbringen dürfen, in Schule und Arbeitswelt ebenso wie in der Kultur, im Sport, in der Politik und in der Kirche. Für dieses Ziel setzt sich der Anfang 2016 gegründete Verein „Anna + Sascha“ in der Erzgebirgsstadt Annaberg-Buchholz ein.
„Der Kreis derer, die in unserem leistungsorientierten System nicht mehr mitkommen, wird immer größer“, stellt die Vereinsvorsitzende Katja Seifert fest. Anstatt die gleichberechtigten Teilhabemöglichkeiten für weniger leistungsstarke Menschen zu verbessern, würde noch immer vorrangig in „Parallelwelten“ investiert, in denen sie abgesondert und nach ihren Beeinträchtigungen sortiert leben, lernen und arbeiten, bedauert sie.
Im historischen Turmhaus am Buchholzer Tor will „Anna + Sascha“ zeigen, dass es auch anders gehen kann. Nach Sanierung und barrierefreiem Umbau soll in dem denkmalgeschützten Haus ein Ort der Begegnung entstehen, der gemeinsam von und für Menschen mit und ohne Behinderungen gestaltet wird. Geplant sind unter anderem ein Café, Ferienwohnungen und Räume für Beratung und Hilfen zur Teilhabe-Förderung. Viele Träume, die der Verein mit dem Turmhaus in der Buchholzer Straße verbindet, haben längst Blüten getrieben.
Im Vereinschor „Farbenfroh“ zum Beispiel erklingen die Stimmen ganz unterschiedlich begabter Menschen gemeinsam. Ähnliches gilt für die Theatergruppe „all inKlusive“, die kürzlich rund 400 Zuschauer im Kulturhaus Erzhammer mit einer Aufführung von „Findus und Pettersson“ erfreute. Beide Ensembles unterstützen mit ihren Auftritten die Vereinsanliegen und proben im Gemeindesaal der katholischen Pfarrei. Katja Seifert freut sich darüber, dass der Verein aus ihrer Gemeinde auf unterschiedlichste Weise Unterstützung erhält, etwa durch die Vereinsmitgliedschaft des christlichen Kinderhauses St. Michael oder durch einmalige Aktionen wie die Sonderkollekte, die Pfarrer Andreas Schumann zu seinem jüngsten runden Geburtstag hielt.

Im Turmhaus soll erlebbar sein, dass jeder Mensch wertvoll ist
Dankbar ist die Vereinschefin nicht nur für das Engagement der katholischen Gemeinde. Viele Menschen und Institutionen in ihrer Stadt begleiten die Aktivitäten wohlwollend und helfen materiell oder mit ihrer Tatkraft. Nicht selten ist Katja Seiferts Adoptivsohn Sascha im Spiel, wenn sich jemand zur Mitwirkung entscheidet. Er stammt aus St. Petersburg, wurde mit einem Down-Syndrom geboren und verbrachte seine frühe Kindheit in einem Heim. Als sie ihn als Siebenjährigen von dort mit ins Erzgebirge nahm, wog er nur sieben Kilo und konnte weder laufen noch sprechen. Mittlerweile ist er 23 Jahre alt, erfreut seine Mitmenschen besonders mit seiner ausdrucksstarken Mimik, arbeitet in einer Schulküche und ist Namensgeber des Vereins. „Anna“ übrigens steht für Annaberg-Buchholz. „Anna + Sascha“ hat einige Mitglieder, die Sascha auf seinem bisherigen Lebensweg begleitet haben, seine Physiotherapeutin zum Beispiel oder Lehrer der Montessori-Schule, die er besucht hat.
Bei aller Symphatie, die dem Verein und seinem Vorhaben in der Region entgegengebracht wird, wenn es um die Finanzen geht, steht „Anna + Sascha“ immer wieder vor großen Hürden. Drei Millionen Euro wird es nach bisherigen Berechnungen kosten, das Turmhaus in einen gastlichen Ort und ein Modellprojekt der Inklusion zu verwandeln. Ohne öffentliche Förderung kann der Verein eine solche Summe nicht stemmen. „Bei den Behörden und großen Institutionen passen wir mit unseren Ideen oft in keine Schublade“, erläutert Katja Seifert ihr größtes Problem. Es gebe beispielsweise Fördermittel für Träger der Behindertenhilfe, aber das will „Anna + Sascha“ ja ganz bewusst nicht sein. Ähnlich wie Schulen und Werkstätten sortierten auch die Fördertöpfe Menschen nach ihren Beeinträchtigungen, bedauert sie.
Die Herausforderung bei dem Konzept, das der Verein gerade für sein Haus am Buchholzer Tor entwickelt, bestehe darin, wirtschaftlich nachhaltig zu agieren, ohne dabei das wesentliche Ziel aus dem Auge zu verlieren, beeinträchtigte Menschen besser in die Gesellschaft einzubeziehen.

Bei einem Becher Glühwein „Anna + Sascha“ kennenlernen
Anfang 2020 hofft der Verein, mit dem Bau starten zu können. Mit vierzehntäglichen Arbeitseinsätzen sorgen die Mitglieder schon seit Monaten dafür, nicht mehr benötigte Trennwände, Einbauten und Einrichtungsgegenstände zu entfernen und den Baustart damit zu beschleunigen.
Die nächste Gelegenheit, die Vereinsmitglieder und ihre Ziele näher kennenzulernen, gibt es am Tag vor Heiligabend. Im Rahmen der Annaberger Bergparade laden sie ab 12 Uhr zum Glühwein-Ausschank in ihr Haus in der Buchholzer Straße 36 ein.

Wer den Verein mit einer Spende unterstützen möchte, findet dafür auf der Internetseite www.annasascha.de die erforderlichen Bankdaten.

Von Dorothee Wanzek