Ausstellung von Gerd Winner in Bad Gandersheim
Unterwegs sein
Straßenschilder, Kreuzungen und Kreuze, sich kreuzende Hochhausschluchten und immer wieder Labyrinthe – 39 großformatige Arbeiten hat der bekannte Künstler Gerd Winner in der evangelischen Stiftskirche in Bad Gandersheim ausgestellt.
In Bad Gandersheim ist Gerd Winner kein Unbekannter. In der katholischen Kirche St. Mariä Himmelfahrt hängt an der Rückwand des Altarraumes eine Madonna. Auch der Ständer der Osterkerze, der Tabernakel und die Kerzenleuchter neben dem Altar stammen von ihm. „Für mich ist die aktuelle Ausstellung eine logische Fortsetzung“, sagt Winner.
Sie ist überschrieben mit dem Titel „Unterwegs sein“. Etwas zutiefst Menschliches, meint der Künstler. Wir alle sind unterwegs und kommen immer wieder an Kreuzungen, an denen wir uns neu ausrichten müssen. „Manchmal werden wir geleitet, manchmal sind Kreuzungen unübersichtlich und verwirrend“, sagt Winner.
Für ihn ist diese Ausstellung auch etwas sehr Persönliches. „Sie spiegelt den Weg des Künstlers und meinen persönlichen Weg wider. Es ist ein Weg durch verschiedene Schaffensperioden aus New York, England oder auch Frankreich“, erzählt Winner. Und bleibt bei einem Bild hängen, dem Labyrinth aus der Kathedrale Notre Dame in Chartres. „Als 17-Jähriger habe ich das erste Mal davor gestanden und bin davon nicht wieder losgekommen.“
Die christlichen Labyrinthe unterscheiden sich von denen der mythischen Sagenwelt. Gibt es hier Sackgassen und Irrwege, sind die christlichen Labyrinthe immer zielführend. „Auch wenn man sich dem Ziel anscheinend nähert, führt die nächste Biegung einen zwar wieder davon fort, aber der Weg nähert sich unaufhaltsam dem Ziel, verlaufen kann man sich nicht. Er führt zum Alpha und Omega, zu Gott“, betont Winner. Für ihn ist das Labyrinth das Symbol des Unterwegsseins des Menschen schlechthin und deutet den zielgerechten Weg der Annäherung, der Umkehr und der erneuten Ausrichtung im christlichen Glauben auf Jesus hin.
Winner lehnt entschieden den Ausspruch „Der Weg ist das Ziel“ ab. „Denn das Ziel ist die sinngebende Orientierung des Weges im Leben, in der Kunst und im Glauben“, betont der 85-Jährige. Weg und Ziel sind für ihn eine Einheit.
Seine Werke lassen viele Deutungen zu. Einige hat er mit Schriftzügen versehen: „Exodus“ oder auch „Babylon“. Sie erinnern an biblische Ereignisse, wo Menschen unterwegs waren – verschleppt in die babylonische Gefangenschaft oder nach dem Exodus aus Ägypten auf dem Weg ins gelobte Land. Auch hier sind die Wege nicht geradlinig – aber zielführend.
Die Ausstellung „Unterwegs sein“ kann zu den Öffnungszeiten der Stiftskirche in der Zeit der Domfestspiele betrachtet werden. Sie endet am 4. September.
Edmund Deppe