Sarah Prenger leitet jetzt die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung
Verbandsarbeit „ist echt cool“
Foto: KAB/Kock
Sarah Prenger übernimmt den Bundesvorsitz der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung. Sie ist im Emsland aufgewachsen.
Sarah Prenger schätzt klare Worte. Schon direkt nach der Wahl zur Bundesvorsitzenden der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) hat sie deutlich gesagt, was sie in diesen Zeiten aus christlicher Sicht einfach „nicht akzeptabel“ findet. Dass Vermögen ungleich verteilt sind. Dass Menschen desto mehr unter globaler Erwärmung leiden, je ärmer sie sind. Und dass manche Erwerbsarbeit Menschen in prekäre Verhältnisse stürzt. „Es darf nicht sein, dass auf Leute jegliches Risiko abgeschoben wird und sie in der Folge keine Sicherheit und keine Planungsmöglichkeit haben, während andere die Gewinne einstreichen“, sagt die 39-Jährige. In ihrer neuen Aufgabe will sie sich für gerechte Erwerbsarbeit, soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde starkmachen.
Für die KAB scheint das Bistum Osnabrück eine gute Adresse zu sein. Ihr Vorgänger, Ansgar Luttmer-Bensmann, stammt ebenfalls von hier. Und mit Stefan Wöstmann sitzt ein weiterer Osnabrücker im Bundesvorstand. Sarah Prenger ist zwar in Paderborn geboren, aber den größten Teil von Kindheit und Jugend hat sie im Bistum Osnabrück verlebt: im Emsland in Herzlake, Schöninghsdorf und in Emsbüren. Auch wenn sie sich für die Amtskirche Reformen wünscht, der Glaube ist Basis ihres Handelns. An den Werten richtet sie sich aus, schöpft Kraft aus der Verbundenheit mit anderen Christen und dem Gefühl, „da fängt mich jemand auf und trägt mich“.
Schnell beheimatet in der CAJ
In ihrer Haltung, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen, hat sie Vorbilder zu Hause. Ihren Eltern ist genau das stets wichtig. Politische und ethische Diskussionen prägen viele Gespräche am Mittagstisch. „Bei uns lagen halt immer viele Bücher zu solchen Themen herum“, erzählt Sarah Prenger. „Da habe ich oft hineingelesen.“ Das motiviert sie schon als Jugendliche, sich zu engagieren: als Klassensprecherin, für die Schülerzeitung, bei Amnesty International, für die Aktion Sühnezeichen. Und für eins der Workcamps auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Esterwegen.
Bei den Grabungen dort lernt sie junge Leute aus der Christlichen Arbeiter-Jugend (CAJ) kennen und fühlt sich schnell beheimatet in dem Verband: gerade mit dem Fokus auf eine solidarische Gesellschaft. Sie wird Mitglied im Regionalverband, steigt bis in die Osnabrücker Diözesanleitung auf, wird CAJ-Delegierte im CAJ-Weltrat und Koordinatorin auf Europaebene, schließlich hauptamtliche Bundesvorsitzende. Und 2016 sogar internationale Präsidentin der CAJ in Brüssel. Dass das Studium der Kultur- und Sozialanthropologie sowie der katholischen Theologie und danach ihr Master zum Thema „Christentum in Kultur und Gesellschaft“ angesichts dieser langen Liste etwas länger dauert, als anfangs geplant, verwundert nicht. Aber die Verbandsarbeit prägt den Lebenslauf auch beruflich, denn die Abschlussarbeit in den Katholischen Sozialwissenschaften schreibt sie zum europäischen Lieferkettengesetz. Themen wie dieses, wie Leiharbeit, menschenunwürdige Arbeitsverträge, unfaire Löhne oder Geschlechtergerechtigkeit treiben sie immer wieder an.
Aber auch ganz persönlich hat die Verbandsarbeit ihr Leben geprägt. Nicht nur, weil sie dadurch international viel gesehen, viel gelernt, viele „tolle Leute“ getroffen hat und ihren Horizont erweitern konnte. „Da wird eben auch Demokratie explizit gelebt“, sagt Prenger. Was sie besonders schätzt, sind die Prinzipien der Mitbestimmung, der „anständigen Diskussion miteinander“, des achtsamen Umgangs, der Offenheit gegenüber Menschen mit anderer Meinung und Herkunft, der Vielfalt: „Also alles das, wofür die katholische Kirche im besten Fall stehen sollte. Es ist echt cool, in solchen Verbänden aktiv zu sein.“
„Nicht bei einem Problem stehenbleiben“
Dass sie nach CAJ und ihrer letzten Station als kommissarische Leiterin der Frauenseelsorge bei der Deutschen Bischofskonferenz nun als Bundesvorsitzende zur Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung wechselt, erscheint ihr fast logisch. CAJ und KAB sind zwar beide eigenständig, aber eng miteinander verbunden. Das zeigt sich in einer gemeinsamen Spiritualität und ganz ähnlichen Zielsetzungen. Genau wie in der Jugendorganisation mag sie in der KAB die Solidarität auf Ortsebene, die Bildungsarbeit und „diesen konkreten Blick nach vorne. Also nicht, bei einem Problem stehenzubleiben, sondern gemeinsam zu überlegen, etwas zu verbessern und zu verändern“. Sie führt dazu den KAB-Dreischritt „Sehen – Urteilen – Handeln“ als zentralen Leitspruch an. Zum Beispiel bei Themen wie der sozial-ökologischen Transformation, was einen tiefgreifenden Wandel für eine gerechte und nachhaltigere Zukunft auch aus Arbeitnehmerperspektive meint. „Das stand schon mal viel höher auf der Agenda als jetzt“, sagt Sarah Prenger. „Das muss wieder mehr auf die Tagesordnung.“
Auch dazu will sie klare Worte finden. Wie bei einem anderen kürzlichen Statement zu einer Bilanz der Regierungsarbeit. Wie ihre anderen Vorstandsmitglieder kann sie keine guten Noten für die Koalition geben. Sozialpolitik, Umweltfragen, Klientelpolitik, gebrochene Wahlkampfversprechen: Da ist ihr Zwischenfazit sehr ernüchternd.
In der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung sind bundesweit etwa 75 000 Männer und Frauen organisiert. Es gibt 27 Diözesanverbände und 1000 Ortsvereine. Mehr Informationen