Für manchen waren es harte Worte, doch Bischof Heiner Wilmer erhält für seine Äußerungen viel Zustimmung
Viel Zustimmung für Wilmers Kritik

Für manchen waren es harte Worte, doch Bischof Heiner Wilmer erhält für seine Äußerungen viel Zustimmung: Sein Vorvorgänger Bischof Josef Homeyer und die damalige Bistumsleitung hätten im Missbrauchsfall Peter R. „versagt“ und „fürchterliche Dinge zugedeckt“, sagte Wilmer in einem NDR-Interview. Das sei eine Katastrophe. Mittlerweile hat sich ein weiterer Diözesanbischof ähnlich geäußert.

gutachten im vergangenen Jahr wurde deutlich: Es hat
Versagen in der Bistumsleitung gegeben. | Foto: Gossmann
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger entschuldigte sich am Wochenende für das Verhalten seiner „Vorgänger und der Verantwortlichen in der Bistumsleitung“ im Umgang mit Missbrauch und bot den Opfern ein Gespräch an. Burger sagte: „Ich weiß mittlerweile: Hilferufe wurden ignoriert, rechtzeitiges Handeln unterlassen, Maßnahmen zu spät ergriffen. Ich bekenne, dass die Institution Kirche unserer Erzdiözese auf diese Weise Schuld auf sich geladen hat. Hier haben Verantwortliche wie Täter versagt.“ Direkte Vorgänger von Burger waren Oskar Saier von 1978 bis 2002, er starb 2008, und Robert Zollitsch von 2003 bis 2013. Zollitsch stand zudem von 2008 bis 2014 der Deutschen Bischofskonferenz vor.
Diözesanrat bietet seine Unterstützung an
„Wir unterstützen nachdrücklich die klaren Worte von Bischof Wilmer“, sagt der Vorsitzende des Diözesanrates der Katholiken, Claus-Dieter Paschek. Nur so könne man dem Leid der Opfer gerecht werden. Es gelte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und Sorge für eine Kultur der Achtsamkeit zu tragen. Insbesondere begrüße der Diözesanrat das aktive Zugehen auf die Opfer und das geplante Treffen mit Opfer-Vertretern. Der Diözesanrat bietet dem Bischof seine Unterstützung an. Alle Katholiken seien aufgerufen, in ihren Gemeinden dabei mitzuwirken, die bereits eingeleitete Präventionsarbeit fortzusetzen und somit der Kirche eine glaubwürdige Zukunft zu geben.
Die Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes und hannoversche CDU-Bundestagsabgeordnete Maria Flachsbarth, erklärt: „Bischof Wilmer bleibt nicht bei Schuldbekenntnissen und Bedauern stehen, sondern er geht den so schmerzhaften wie notwendigen Weg der schonungslosen Aufklärung. Wir stellen uns deshalb ausdrücklich an seine Seite in dem Bestreben, Vertuschungen und Versagen klar zu benennen und so Aufarbeitung und Wiedergutmachung erst zu ermöglichen.“ Täter und Taten müssten ungeachtet der Person benannt werden – „auch wenn es schwerfällt“.
Der emeritierte Hamburger Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke, der Zelebrant der Hedwigswallfahrt im Hildesheimer Dom am vergangenen Sonntag war, sagte, die Kirche müsse auf Seiten der Opfer stehen. Bischöfliche „Vorgänger verdienen keine Schonung um der Ehre willen“. Die Dinge müssten beim Namen genannt werden.
Bistumsleitung reagierte nicht auf die Vorwürfe
Wilmers kritische Aussagen über die frühere Bistumsleitung erfolgten nach einem Gespräch mit einem Mitarbeiter des Bistums, der ihm versichert hat, damals die Verantwortlichen über das Verhalten von Peter R. informiert zu haben. Der Mitarbeiter berichtete davon, dass Peter R. sich an jungen chilenischen und mexikanischen Frauen vergangen habe.
Diesen „unglaublichen Vorwürfen“ sei die Bistumsleitung aber nicht nachgegangen, vielmehr habe sie dem Mitarbeiter mit einer Abmahnung gedroht, falls dieser nicht schweige. Schon in dem vom Bistum in Auftrag gegebenen Missbrauchsgutachten unabhängiger Wissenschaftler hatte es im letzten Jahr deutliche Kritik an der früheren Bistumsleitung gegeben.
Bistum will externen Sachverstand hinzuziehen
Der Bischof sagte, das Bistum werde sofort mit den betroffenen Frauen in Chile und Mexiko Kontakt aufnehmen und Hilfe und Unterstützung anbieten. Außerdem hat das Bistum mittlerweile die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, um weitere Vorwürfe gegen Peter R. prüfen zu lassen. Darüber hinaus werde das Bistum externen Sachverstand für die Aufklärung der Missbrauchsfälle hinzuziehen. Es sei unmöglich, dass die Kirche bei diesem Thema nur eine Binnenkultur pflege. Bereits vor zwei Wochen hatte Wilmer erklärt, dass er die Missbrauchs-Akten auch für von der Kirche unabhängige Stellen öffnen will.
Opfer-Vertreter: „Das ist eine neue Tonlage“
Ausgangspunkt für das NDR-Interview war die Reportage „Meine Täter, die Priester“, die am 15. Oktober, im Ersten ausgestrahlt wurde. Darin hatte der Opfer-Vertreter Matthias Katsch weitere Opfer von Peter R. in Chile aufgespürt. Bischof Wilmer sagte, er sei Katsch sehr dankbar für den Film und seinen persönlichen Einsatz. Es sei ein Fehler gewesen, dass das Bistum nicht eher auf Katsch zugegangen sei. Er habe aber bereits unabhängig von der aktuellen Berichterstattung einen Termin mit ihm vereinbart. Der Bischof erklärte, er sei zuversichtlich, dass das Bistum mit Hilfe von Katsch und anderen Personen, die in dem Film zu Wort kommen, an die Namen von weiteren Opfern herankomme. Katsch selber reagierte auf die jüngsten Äußerungen Wilmers gegenüber dem WDR. Das sei eine neue Tonlage, sagte er. Nun müssten Umstände und Verantwortlichkeiten konkret geklärt werden.
Matthias Bode