Anfrage
Warum fasten wir an Sonntagen nicht?
In der 40-tägigen Fastenzeit werden die Sonntage nicht mitgezählt. Darf also an den Sonntagen alles nachgeholt werden? Und wann, von wem und warum wurde das so festgelegt?
Ja, es klingt tatsächlich ein bisschen so, als hätte da jemand die Härten der Fastenzeit abfedern wollen. Zumal es dafür ja auch andere Tricks gab – man denke nur an Starkbier und Maultaschen mit dem Spitznamen „Herrgottsbescheißerle“.
Ganz so ist es hier aber nicht. Tatsächlich gehört die Fastenzeit zu den ältesten Teilen des sich entwickelnden Kirchenjahres – deutlich älter als etwa Weihnachten. Schon das Konzil von Nizäa (325 nach Christus) kannte sie – und zwar unter dem Namen „Quadragesima“ vom Lateinischen quadraginta für vierzig. Schon von Anfang an wollte man also einstimmen in das vierzigtägige Fasten Jesu in der Wüste, von dem die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas erzählen.
Allerdings hat man es zunächst mit der Zahl nicht ganz so genau genommen. Da grundsätzlich der Sonntag das Gliederungsprinzip des Kirchenjahres ist, begann auch die Fastenzeit zunächst an einem Sonntag. 42 Tage vor Ostern. Gefastet wurde aber auch schon damals an den Sonntagen nicht. Jeder Sonntag, auch der Sonntag in der Fastenzeit, ist ein kleines Ostern, weil Christen sich sonntags versammeln, um den Tag der Auferstehung Christi zu feiern. Und die Feier der Auferstehung verträgt sich nicht mit Trauer und Fasten. Der Sonntag war also nie ein Fasten-, sondern immer ein Feiertag.
Weil man es aber irgendwann charmant fand, genau 40 Tage zu fasten, zählte man zurück und verlegte den Beginn der Fastenzeit vor auf den Mittwoch, der als Aschermittwoch sein eigenes Gepräge bekam. Im 7. Jahrhundert war diese Entwicklung in der Westkirche abgeschlossen.
Sie fragen, ob man also am Sonntag alles nachholen darf? Nein. Auch die Sonntage der Fastenzeit waren von Anfang an auf Bescheidenheit getrimmt: keine Volksfeste, keine Hochzeiten, keine Gelage zwischen Karneval und Ostern. Aber eben auch kein Fasten. Nennen wir es einfach: verhaltene Freude.
Von Susanne Haverkamp