Anfrage

Was gehört auf den Altar?

Image
anfrage3
Bei uns hat eine Schwester aus Bayern eine etwa 25 Zentimeter große Christus-Figur mitgebracht und stellt sie auf den Altar, das sei in Bayern Brauch. Nun habe ich gelernt, dass nichts auf dem Altar stehen darf.

Es ist immer schwierig, auf eine Frage zum Brauchtum zu antworten, zumal wenn Konflikte dahinterstehen. Denn liebgewonnene Bräuche sind für die einen selbstverständlich und nahezu unantastbar; für andere sind sie überflüssig oder gar falsch. Deshalb zunächst als versöhnliche Antwort: Brauchtum hat seine Berechtigung. Vor allem da, wo es bekannt und beliebt ist.

Berechtigt ist aber auch die kritische Nachfrage. Und da haben Sie, Schwester Dolores, zweifellos dasselbe gelernt wie ich. Der Altar ist nicht irgendein Tisch, auf den man stellt oder ablegt, was man für schön und richtig hält. Der Altar ist Symbol für Christus selbst. „Dieser Altar sei uns ein Bild des Herrn Jesus Christus“, heißt es im Gebet zur Altarweihe. Und allein deshalb küsst der Priester den Altar beim Einzug zu Beginn der Messfeier.

Tatsächlich ist es vom Messbuch so vorgesehen, dass zu Beginn der Messe der Altar bis auf ein Altartuch und ein kleines Kreuz quasi nackt ist; Kerzen können daraufstehen. Im Messbuch heißt es zur Gabenbereitung: „Zuerst wird als Mittelpunkt der ganzen Eucharistiefeier der Altar, der Tisch des Herrn bereitet. Korporale, Purifikatorium, Messbuch und Kelch werden zum Altar gebracht.“

In vielen Gemeinden ist es anders üblich. Da liegt bis auf Kelch und Hostienschale schon alles bereit, dazu mindestens ein großes Blumenbouquet. In Werktagsgottesdiensten ohne Messdiener auch Kännchen mit Wein und Wasser und was man sonst so braucht. Nur in der Osternacht ist dort spürbar, was es bedeutet, den Altar zu decken, dann nämlich, wenn nach dem Abdecken am Karfreitag wirklich alles auf den Altar getragen wird.

Zu Ihrer Frage ist damit alles gesagt: Nein, eine Christusfigur gehört nicht auf den Altar, denn der Altar selbst ist die Christusfigur. Zugegeben: abstrakt. Aber ob man eine Figur braucht, um die Abstraktion konkret zu machen, ist doch die Frage. Es sei denn, man ist mit dieser Tradition aufgewachsen. Dann mag sie das Herz erwärmen.
 

Susanne Haverkamp