Sanierungsplan für sozialen Betrieb in Osnabrück

Was passiert mit der MÖWE?

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Im Mai hatte der soziale Betrieb Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung gestellt. Seither arbeitet die Geschäftsführung an einem Sanierungsplan. Eines steht jedoch schon fest: Es können nicht alle Beschäftigten gehalten werden.


Sitzen derzeit in vielen Gesprächen, die sich um die Sicherung und den Fortbestand der Möwe drehen: Franz-Josef Schwack, Johannes Böskens und Michael Strob (von links). Foto: Marie-Luise Braun

Zahlen können sie noch nicht nennen: „Wir sind gerade so weit, dass wir wissen, wie wir die inhaltliche Neuausrichtung der MÖWE gestalten können“, sagt Michael Strob, Geschäftsführer der Soziale Dienste SKM gGmbH, dem Träger der MÖWE. Hinter ihm liegen lebhafte Wochen. Mitte Mai hat die MÖWE den Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung gestellt. Die Folge: Jetzt muss ein Sanierunsplan ausgearbeitet werden.  Seither arbeitet Strob gemeinsam mit seinen Kollegen vom SKM an der Antwort auf die Frage, wie es weitergehen soll und kann mit der Einrichtung, die es seit 30 Jahren gibt. Beraten werden sie dabei von einem vom Gericht bestellten Sachwalter, dem Anwalt Peter Jacob, und dem Insolvenzberater des Katholischen Vereins für soziale Dienste in Osnabrück, dem Justitiar Frank Krüger. 

Bei den Gesprächen zur Zukunft der MÖWE steht eines im Zentrum: „Wir möchten uns um die Menschen kümmern, die am Rande der Gesellschaft sind. Sie sind unsere Mitte“, betont Franz-Josef Schwack, der Vorsitzende des SKM. Johannes Böskens erläutert, dass solche Menschen durch das Gefüge der Angebote fallen, die in unserer Gesellschaft Arbeitslose auffangen sollen: „Es gibt Angebote des Landes und der Kommunen und es gibt die Arbeitsmarktförderung“, sagt der MÖWE-Leiter. Aber für Menschen, die auf der Straße gelandet sind, greifen diese Möglichkeiten nicht.

Dafür wurde vor einigen Jahren das Jobcenter gegründet, das mit seinen Programmen die Projekte unterstützt, die die MÖWE für ihre besondere Zielgruppe anbietet. Durch die Teilnahme an den Projekten der MÖWE erhielten diese Menschen wieder einen strukturierten Tagesablauf. Und: „Arbeit gibt vielen Menschen ihr Selbstwertgefühl zurück“, sagt Franz-Josef Schwack. Die Projekte legten die Grundlage für ihre Teilnahme an arbeitsmarktrelevanten Maßnahmen oder für den ersten Arbeitsmarkt. „Die Läden und die Dienstleistungen sind dazu da, dies zu ermöglichen“, sagt Strob. 

Zu spät an veränderte Rahmenbedingungen angepasst

Die MÖWE finanziert sich über verschiedene Kanäle: die Förderungen durch das Jobcenter, die Bezahlung für Dienstleistungen (z.B. Haushaltsauflösungen und Fahrradreparaturen) und Verkäufe (z.B. Fahrräder, Möbel, Kleidung und Bücher), durch Unterstützungen des Bistums und des SKM. Durch eine eigentlich gute Sache geriet dieses Konstrukt bereits vor zwei Jahren ins Straucheln: Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Die erhöhte Nachfrage nach Arbeitskräften führte dazu, dass die Klientel des SKM schrumpfte. Hinzu kam, dass es durch das Jobcenter kaum mehr geförderte Projekte gab. Durch die Corona-Krise und den sechswöchigen Stillstand war dann die Anmeldung der Insolvenz notwendig geworden – die Einnahmen durch die Dienstleistungen und den Verkauf von Rädern, Mobiliar und Kleidung brachen weg. „Uns fehlten die Erlöse und die Liquidität“, sagt Strob. Bereits vor zwei Jahren, also schon weit vor Corona, versuchte der SKM der Entwicklung gegenzusteuern, aber Johannes Böskens resümiert: „Wir haben uns zu spät an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst.“ 

Einen Tag nach der Anmeldung der Insolvenz habe die MÖWE ihren Betrieb wieder aufgenommen und seither ohne Unterbrechung fortgeführt. Das soll auch so bleiben, betonen die drei Herren. Doch eines ist bereits jetzt klar: Es können nicht alle Beschäftigten gehalten werden. „Aber das werden wir so sozialverträglich wie irgendmöglich durchführen“, betont Michael Strob. Das bedeutet zum Beispiel, dass für Mitarbeiter, die in Kürze in den Ruhestand gehen, eine besonders verträgliche Lösung gesucht wird. Zudem werden Strob und sein Team versuchen, weitere Mitarbeiter an andere kirchliche Einrichtungen zu vermitteln. 

Ihre aktuellen Gespräche drehen sich vornehmlich um diese Fragen und um die Sicherstellung der Grundsubstanz für den Fortbestand des Betriebs. „Dann folgt die Sicherstellung der Rechnungen der Gläubiger“, ergänzt Schwack. Entsprechende Maßnahmen würden derzeit zusammengestellt. Besonders wichtig sei dabei die Transparenz gegenüber allen Beteiligten, betont Strob. Damit jeder wisse, woran er ist.

Das alles tun sie, um ein positives Signal für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August durch die Gesellschafterversammlung zu erhalten. Über die Beendigung des Insolvenzverfahrens wiederum entscheidet die Gläubigerversammlung. Alle gehen davon aus, dass es eine positive Entwicklung gibt. An die andere Möglichkeit möchten Schwack, Böskens und Strob nicht denken.

Marie-Luise Braun