Gottesdienstbeauftragte

Wenn Laien Liturgie leiten

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Gottesdienstbeauftragte
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Foto: Ruth Lehnen

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Ein Bild von einer Wort-Gottes-Feier in St. Joseph in Alzey zum Thema „Verehrung des Wortes Gottes“. Teilnehmer des Vorbereitungskurses hatten ihre Bibeln am Altar abgelegt.

Sie heißen im Bistum Mainz Gottesdienstbeauftragte: Frauen und Männer, die Wort-Gottes-Feiern leiten und dafür in Kursen qualifiziert werden. Wer kann sich ausbilden lassen? Und wie sehen Kursteilnehmer selbst ihre Rolle?


Als gut vernetzt beschreibt sich Regina Müller in ihrer Kirchengemeinde in Wöllstein. Seit 20 Jahren engagiert sie sich in der Gitarrengruppe „Ehrenspiel“, wirkt als Katechetin, arbeitet seit 2019 im Pfarrgemeinderat mit, ist Vorsitzende des Kirchenchors. Vor kurzem wurde sie beauftragt, Wort-Gottes-Feiern zu leiten. 
„Ich vertrete mehrere Gruppen, bin Ansprechpartnerin für viele“, antwortet Regina Müller auf die Frage nach ihrer Motivation zu dem Kurs. Sie möchte ihr Netzwerk nutzen und „in der Gemeinde für alle Fälle zur Verfügung stehen, damit Gottesdienste weiterhin stattfinden können“, sagt die 62-Jährige, die voll berufstätig ist. Sie engagiere sich nicht „aus der Not heraus, sondern mit Blick nach vorn“, betont sie. „Die Zeit zeigt es heute schon, dass Pfarrer nicht mehr dauerhaft alle Gottesdienste halten können. Durch den Pastoralen Weg werden die Gemeinden größer. Für die Herausforderungen der Zukunft wollen wir gewappnet sein. Es wird ein steiniger Weg werden“, ist sie überzeugt.
Zusammen mit zwei weiteren Gemeindemitgliedern aus Wöllstein hatte Regina Müller an einem Einführungskurs für Gottesdienstbeauftragte teilgenommen. Die Gruppe wurde im Mai mit der Leitung von Wort-Gottes-Feiern beauftragt. Das Referat Liturgie bietet regelmäßig Kurse an. Sie finden einmal im Jahr an vier Samstagen und an zwei weiteren Abenden über mehrere Monate hinweg statt, vor allem in den liturgisch besonders geprägten Zeiten wie Advent, Weihnachten und Ostern. 
„Kurse für Gottesdienstbeauftragte gibt es seit Jahrzehnten“, weiß Tobias Dulisch, Liturgiereferent im Bischöflichen Ordinariat in Mainz. Viele Jahre hat er die Kurse im Bistum alleine angeboten, seit der Auflösung der Dekanate 2022 docken die Kurse nun auch an die neuen Regionalstellen an „und sind damit auf eine breitere Basis gestellt“. 


„Kultur der gemeinsamen Vorbereitung“


„Deutschlandweit einmalig sind unsere Doppelkurse für Gottesdienstbeauftragte und Kantoren“, erläutert Liturgiereferent Dulisch. Oft würden diese Dienste getrennt vermittelt, dabei gebe es viele Schnittstellen. „Die Idee ist auch, dass die Synergien aus den Kursen in die Gemeinden weitergetragen werden und sich dadurch eine Kultur der gemeinsamen Vorbereitung von Wort-Gottes-Feiern entwickelt.“
Wer kann sich überhaupt zur oder zum Gottesdienstbeauftragten ausbilden lassen? „Die Anmeldung für den Kurs erfolgt durch die Pfarrei“, antwortet Tobias Dulisch. „Dieses Verfahren dient dazu, dass Gottesdienstbeauftragte in den Gemeinden auch gewollt sind.“ Pfarreien sollten intern beraten, wie sie mit dem Thema umgehen wollen. Vor allem Menschen, die sich in der Kirchengemeinde bereits engagieren, etwa als Lektorin oder Kommunionhelfer, fänden sich unter den Kursteilnehmern. Die Kurse dürften aber keine „Notnagel-Ausbildung“ sein. Tobias Dulisch weist darauf hin, dass „Wort-Gottes-Feiern ein eigenständiges Format sind“. Theologisch stützt sich der Dienst auf die gemeinsame Verantwortung aufgrund von Taufe und Firmung. „Deshalb dürfen und müssen wir uns engagieren“, betont er. Menschen, die in der Kirche in allen Grundvollzügen beheimatet sind, hätten gute Voraussetzungen, um Leiter:in für Wort-Gottes-Feiern zu werden, sagt Dulisch. „Von Vorteil ist auch, ein gewisses Standing zu haben, etwas sagen zu wollen vom Glauben, sich zuzutrauen, andere anzuleiten, bereit zu sein, sich mit Bibeltexten auseinanderzusetzen und vor der Feier einen Schriftvers im Herzen zu tragen.“ 
Letzteres macht dem Wöllsteiner Wolfgang Schwarz besonders Freude. „In der Vorbereitung einen Gedanken reifen zu lassen, zu überlegen, welcher Lobpreis dazu passt.“ Schwarz hat zusammen mit Regina Müller den Einführungskurs absolviert, hat in dem Kurs Gleichgesinnte gesucht und gefunden. Seit Jahrzehnten engagiert er sich in der Charismatischen Erneuerung in Wöllstein, ist auch als Kommunionhelfer im Einsatz. Ihm war vor allem die offizielle Beauftragung wichtig. „Durch Kurs und Beauftragung hat dieser Dienst eine Struktur mit Hand und Fuß“, betont er. „Ich finde es wichtig, dass solche Kurse angeboten, dass Laien befähigt werden und sie ihre Angst verlieren, vorne zu stehen.“ 


Gottesdienstformen jetzt ausprobieren


Wie Regina Müller hat Wolfgang Schwarz die größer werdenden Gemeinden vor Augen. „Ein Priester kann die Aufgaben gar nicht alle alleine schaffen. Und es gibt viele Menschen, die Fähigkeiten haben. Es tut weh zu sehen, wenn sie diese nicht entfalten können“, sagt er. Liturgiereferent Tobias Dulisch wirbt dafür, in den Gemeinden jetzt auszuprobieren, welche Gottesdienstformen später in den neuen Pfarreien gefeiert werden können, auch mit weniger Priestern.

Anja Weiffen