Anfrage

Wer kommt wann in den Himmel?

In einer Predigt hörte ich kürzlich, dass Jesus nach der Himmelfahrt der erste Mensch im Himmel war. Aber zu dem Schächer sagte Jesus: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Auch Maria ist laut Dogma in den Himmel aufgenommen. Und die Heiligen? Und müssen alle anderen auf das Jüngste Gericht warten? Herbert Weber, Dannstadt

Im Hintergrund Ihrer Frage steht die Lehre von einer Art zweistufigem ewigen Leben: Die Seele lebt direkt nach dem Tod weiter, die leibliche Auferstehung folgt nach dem Jüngsten Gericht am Ende der Welt.

Früher wurde diese Lehre sehr physikalisch verstanden, nach einem innerweltlichen Zeitbegriff. Auch deshalb hat man versucht, die Zwischenzeit genauer zu beschreiben – so kam etwa das Fegefeuer als Aufenthaltsort ins Spiel. Für besondere Menschen, etwa für Maria, machte man eine Ausnahme: Sie soll  direkt nach ihrem Tod leiblich in den Himmel aufgenommen worden sein. Und Jesus nach der Himmelfahrt.

Dass man bei diesem Verständnis in logische Zwickmühlen kommt, erwähnen Sie selbst. Nach Lukas (23,45) sagt Jesus zu dem Verbrecher neben ihm, „noch heute“ werde er mit ihm im Paradies, im Himmel sein. Und die Kunst hat Heerscharen von Engeln, aber auch von (heiligen) Menschen in den Himmel gemalt.Auch deshalb denkt die Theologie heute anders über diese Lehre – nicht mehr physikalisch, sonderm theologisch. Denn die Zeit, wie wir sie kennen, die Minuten, Tage und Jahre, sind menschlich, nicht göttlich, sind irdisch, nicht himmlisch. Bei Gott, so glauben wir heute, sind nicht nur tausend Jahre wie ein Tag, nein, bei Gott sind physikalische Begriffe wie Zeit und Raum aufgehoben. Er ist „alles in allem“.

Vorstellen können wir uns das nicht, dafür reicht unser irdisches Gehirn nicht aus. Aber zumindest in der theologischen Theorie ist es so, dass jeder Mensch im Moment seines Todes die göttliche Aufhebung von Zeit und Raum erfährt. Der Tod, das Weiterleben der Seele, das individuelle Vor-Gott-Stehen und das Jüngste Gericht – das alles fällt in Eins. Niemand muss, um in den Himmel zu kommen, Jahrtausende warten. Oder Jahrmillionen. Oder wann immer das Ende der Welt kommt. Die Zusage „heute noch“ gilt jedem, der im Glauben stirbt.

Susanne Haverkamp