Anfrage
Wie steht die Kirche zu Teufeln und Dämonen?
Hildegard von Bingen setzte in ihrer Heilkunde neben pflanzlichen Mitteln und maßvoller Lebensführung auch auf Beschwörungsformeln und Geistervertreibung. Wie steht die Kirche heute zu Teufeln und Dämonen und zu Riten und Formeln, um böse Geister auszutreiben? H. F., Bad Soden
Das ist eine schwierige Frage, denn die Weltkirche denkt sehr unterschiedlich über Teufel und Dämonen. Folgendes kann man dazu sagen:
1. Die Bibel spricht eindeutig vom Satan und von Dämonen, für Jesus war ihre Existenz eine Selbstverständlichkeit. Seine Dämonenaustreibungen sind keine Fantasiegeschichten, sondern in der Lebenswelt der damaligen Zeit verortet.
2. Das Laterankonzil von 1215 verkündet den Teufel und alle Dämonen als gut geschaffen, aber durch sich selbst böse geworden; offenbar existieren sie also. Diese Lehre hat die Kirche nie widerrufen.
3. Unser lateinamerikanischer Papst Franziskus spricht immer wieder vom Teufel, vom Satan – und mir scheint, für ihn ist das kein allgemeines Bildwort für das Böse in der Welt, sondern eine sehr reale Vorstellung – ob man von „Person“ sprechen kann, da bin ich unsicher.
4. Es gibt noch immer kirchlich beauftragte Exorzisten – auch in Deutschland. Erst Mitte April fand an einer Päpstlichen Hochschule in Rom ein Kurs statt, in dem Priester ihre Exorzismus-Kenntnisse auffrischen konnten. Der zuständige Professor, Pedro Barrajon, sagte Vatican News, die Bitten um Befreiung von Dämonen hätten sich seit der Jahrtausendwende verdreifacht, und es sei ein Fehler gewesen, dieses Feld zu vernachlässigen, weil es „nicht auf der Höhe der rationalistischen Welt von heute“ scheine.
5. Fragen Sie hingegen Christen bei uns – auch Priester und Bischöfe –, haben die meisten eher Schwierigkeiten mit einem real existierenden Teufel. Für sie ist der Teufel eher eine Chiffre für die bösen, destruktiven Kräfte, die in der Welt und in jedem Einzelnen von uns wirken. Gebet kann helfen, mit dem Bösen in uns umzugehen – Gebet, keine Vertreibungsformeln.
6. Und schließlich: Dem Teufel geht es wie Gott – seine Existenz ist weder eindeutig zu beweisen noch eindeutig zu widerlegen. Auch heute nicht.
Von Susanne Haverkamp