Brauchtum im Bistum: "Kleppen" am Karfreitag

"Wir halten das in Ehren"

Image
Älterer Mann hält eine hölzerne Kleppe in der Hand
Nachweis

Foto: Petra Diek-Münchow

Caption

Hubert Hölscher zeigt die Kleppe, mit der er schon als Kind durch das Dorf gezogen ist. 

Zwischen Karfreitag und der Osternacht verstummen die Kirchenglocken, weil die Christen in Stille des Todes Jesu gedenken. In manchen Gemeinden ziehen dann Kinder mit hölzernen Klappern durch den Ort – wie in Emsbüren.

„Das hier ist meine Kleppe“, sagt Hubert Hölscher und schaut mit einem Lächeln auf das ungewöhnliche Objekt in seiner Hand. Es besteht aus einem Schaft, einem flachen Brett und zwei kleinen Hämmern – und dann demonstriert der 80-jährige Emsbürener, wie die funktionieren. Mit festem Griff schwingt er die Kleppe in einem immer gleichen Takt vor und zurück, vor und zurück.

Der kräftige Klang ist kaum zu überhören, auch nicht draußen auf der Straße. Genau das ist beabsichtigt, denn die hölzernen Instrumente sollen zwischen Karfreitag und Ostern den Menschen die Gebetszeiten anzeigen. „Sie ersetzen im Grunde die schweigenden Glocken“, erklärt Hubert Hölscher. „Uns Kindern hat man früher erzählt, dass in der Zeit die Glocken nach Rom geflogen sind, um dort neu gesegnet zu werden.“

Hölscher ist der Chronist des Bürger-Schützenvereins in Emsbüren, der seit Jahren das „Kleppen“ in der dortigen St.-Andreas-Gemeinde organisiert. Schon als junger Messdiener ist er in den fünfziger Jahren selbst mit seiner Kleppe durch das Dorf gezogen. „Schauen Sie mal“, sagt er und deutet auf ein altes Foto, das eine Gruppe von Jungen auf dem Kirchplatz zeigt. „Das da vorne bin ich.“ Aber der Brauch drohte auszulaufen und daher übernahm der Bürger-Schützenverein die Initiative. „Wir möchten das gern bewahren“, erklärt der frühere Geschäftsführer, Wichard Wabner. 

historisches Bild von Jungen in den 1950er Jahren
Gleich geht es los: Das Foto zeigt, wie sich die Jungen beim "Kleppen" in den 1950er Jahren auf dem Kirchplatz trafen. Foto: privat

Denn der Bürger-Schützenverein mit seinen gut 260 Mitgliedern fühlt sich seit jeher der Kirchengemeinde eng verbunden, der Vorstand trägt laut Wabner zum Beispiel auch den „Himmel“ genannten Baldachin an Fronleichnam. Pfarrer Stephan Schwegmann freut sich, dass die „schöne Tradition in Emsbüren“ erhalten bleibt: „So wird das Klappern der Messdiener an Karfreitag verstärkt durch die vielen Kinder und findet dann nicht nur rund um den Kirchturm statt.“

Wie das „Kleppen“ vonstattengeht? Das hat sich nach Kenntnis von Hubert Hölscher seit langem vermutlich kaum verändert. Er hat die Geschichte des Brauches erforscht und Unterlagen eines Küsters gefunden, der schon 1807 davon berichtet hat. An den zwei Kartagen direkt vor Ostern treffen sich dabei Grundschulkinder – ganz früher nur Jungs, heute sind natürlich auch Mädchen dabei – mit ihren Holzklappern im Zentrum des Ortes: jeweils morgens um 6 Uhr, mittags um 12 und abends um 18 Uhr. Und dann ziehen sie etwa 1,5 Kilometer durch den Ort bis zur Kluse von Berge und rund um die Kirche – dabei stets im gleichen Takt laut kleppernd, um mit dem Geräusch an das Gebet zum „Engel des Herrn“ zu erinnern. Nur am Seniorenheim halten sie die Instrumente still, um die älteren Menschen nicht zu stören. 

Finden sich jetzt immer genug Kinder für diesen Brauch? Da stimmen beide Männer lebhaft zu. Oft sind es Jungen und Mädchen aus Familien des Vereins, die dazu angesprochen werden oder sich meistens sogar selbst melden. „Für viele ist das wie ein kleines Abenteuer, morgens über die Straßen und an den Feldern vorbeizulaufen“, sagt Wichard Wabner. Und als kleines Dankeschön gibt es für die meist 20 Kinder ein gutes Frühstück mit frischen Brötchen bei den Bäckern im Ort. „Darauf freuen sich immer alle“, sagt Wabner.

Hubert Hölscher schaut wieder auf die Kleppe in seiner Hand. 70 Jahre alt ist sie mittlerweile und gehört schon in der dritten Generation in seine Familie. Das ist nach seinen Worten auch ein guter Brauch in Emsbüren: Jede Familie hat ihre eigene Kleppe und gibt sie von Sohn zu Sohn, von Tochter zu Tochter weiter. „Wir halten das in Ehren“, sagt er und hofft, dass die Tradition sich fortsetzt. Die Aussichten dafür sind gut.

Petra Diek-Münchow