Gespräch mit der neuen Finanzdirektorin

"Wir werden Akzente verschieben müssen"

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Neustart in einer schwierigen Zeit: Mitten in der Corona-Pandemie hat Astrid Kreil-Sauer als Finanzdirektorin beim Bistum begonnen. Schnell hat sich gezeigt, dass ein neuer Blick auf die Zahlen notwendig ist. Ende 2020 wird ein Millionenbetrag fehlen.


Die Hüterin der Zahlen: Astrid Kreil-Sauer in ihrem Büro in der
Bischöflichen Kanzlei. Foto: Matthias Petersen

Gibt es einen ungünstigeren Zeitpunkt, als eine neue Aufgabe mitten in der Corona-Krise zu beginnen? Astrid Kreil-Sauer, seit dem 1. Mai Finanzdirektorin des Bistums Osnabrück, reagiert gelassen auf die Frage: „Die Phase ist so, wie sie ist“, sagt sie. Schon seit dem 1. Januar ist sie Mitarbeiterin im Generalvikariat. Und eigentlich gab es einen gut vorbereiteten Einarbeitungsplan, damit sie als Nachfolgerin von Joachim Schnieders die kirchliche Verwaltung von innen her hätte kennenlernen können. „Doch dann musste ich im März unter Corona-Bedingungen im Grunde ein zweites Mal anfangen.“

Auf diese Weise ist sie dann aber auch direkt ins kalte Wasser geworfen worden. Denn noch vor dem 1. Mai zeichnete sich ab, „dass wir etwas tun mussten“, sagt sie. „Den Rückgang der Kirchensteuereinnahmen können wir nicht intern, also mit eigenen Mitteln, mal eben so auffangen.“ Herausgekommen ist ein sogenannter Investitionsvorbehalt, der den Gemeinden Ende April mitgeteilt wurde. Und der bedeutet, dass geplante Projekte neu bewertet werden müssen und vielleicht nicht alle in der ursprünglichen Zeit umgesetzt werden können. 

Immerhin: Was bereits in Arbeit ist, wird auch zu Ende gebracht. Kreil-Sauer sagt, die Bistumsleitung sei mit dieser Entscheidung vielerorts auf Verständnis gestoßen. „Im Vergleich zum Vorjahr fehlen uns in den ersten sieben Monaten 5,6 Millionen Euro. Ich rechne damit, dass sich die Mindereinnahmen noch deutlich erhöhen werden“, sagt sie. Trotzdem sei es nach heutigem Stand aber wohl nicht so viel, wie es der vom Staat betriebene Arbeitskreis Steuerschätzung im Mai vorhergesagt habe.

Neue Wege, um die Einnahmen zu verbessern

Schon vor Jahren hatte Joachim Schnieders mahnend den Zeigefinger gehoben: Der sprudelnde Quell der Kirchensteuer werde nicht immer im gleichen Maße fließen. Seine Nachfolgerin stößt jetzt ins gleiche Horn. Während auf Schnieders‘ Ankündigung allerdings zunächst Jahre mit guten Einnahmen folgten, haben sich die Verhältnisse jetzt doch verändert: Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit durch Corona, wahrscheinlich im Herbst eine Insolvenzwelle, dazu mehr Kirchenaustritte – all das wird für ein geringeres Steueraufkommen sorgen und ist für Kreil-Sauer Anlass, bei Einnahmen und Ausgaben neu hinzusehen. 

„Wir werden Akzente verschieben müssen“, sagt sie und denkt weniger an konkrete Sparmaßnahmen als vielmehr an ganz neue Wege, die Einnahmen zu verbessern. Zum Beispiel durch gezieltes Fund­raisung oder die Beteiligung der Nutzer an einem Angebot, für das bisher vor allem Kirchensteuern zur Verfügung gestellt werden. Auf längere Sicht müsse auf vielen Ebenen auch eine inhaltliche Diskussion geführt werden, was noch leistbar ist. „Aber das darf nicht vorschnell passieren, da müssen wir in Ruhe überlegen.“

Astrid Kreil-Sauer (51) stammt aus Nürnberg, wo sie nach dem Abitur Betriebswirtschaftslehre studiert und danach promoviert hat. Im Laufe ihres Berufslebens hat sie verschiedene Sparten kennengelernt, aber stets ging es um das gleiche Thema: Finanz- und Rechnungswesen sowie Bilanzierung, dabei Prozesse optimieren. Zunächst tätig für die Allianz-Lebensversicherung in Stuttgart, wechselte sie nach rund zehn Jahren die Branche: Das NATO-Hauptquartier in Heidelberg suchte eine Abteilungsleiterin für das Finanz- und Rechnungswesen, später ging es weiter zur Europäischen Organisation für die Nutzung von Wettersatelliten in Darmstadt. Zuletzt machte sie sich mit einem Beratungsunternehmen selbstständig, die „4050 Consulting“ in Karlsruhe.

Aus jeder Etappe einen Gewinn mitgenommen

Nebenbei engagierte sie sich ehrenamtlich in Aufsichtsgremien der Caritas und eines kirchlichen Krankenhausverbundes in Karlsruhe. „Hier hat man mich dann gefunden“, sagt sie lächelnd mit Blick auf das Werben des Bistums Osnabrück. Kirchliches Engagement ist ihr wohl vertraut: So war sie Mitglied in Pfarrgemeinderat und Stiftungsrat (Kirchenvorstand), singt außerdem im Kirchenchor. „So kenne ich auch die Arbeit der Ehrenamtlichen, mit denen ich jetzt hauptberuflich zu tun habe.“ Das sei zum Beispiel hilfreich gewesen, als es darum ging, den Investitionsvorbehalt zu verkünden: „Ich kenne eben auch die andere Seite des Schreibtisches.“

Dass es sich bei der Arbeit als Finanzdirektorin um eine interessante Aufgabe handelt, habe sich schnell bestätigt. „Und was ich beruflich bisher gemacht habe, nützt mir jetzt auf jeden Fall“, sagt sie. „Ich habe aus jeder Etappe einen Gewinn mitnehmen können.“ Dazu zähle auch das Verständnis für Finanzierung, Verwaltung und Steuerung von Non-Profit-Organisationen. Dass mit dem Bistum, dem Domkapitel und dem Bischöflichen Stuhl zudem drei ganz unterschiedliche Körperschaften zu betreuen sind, mache die neue Aufgabe umso vielfältiger.

Matthias Petersen