Gustav-Adolf-Stabkirche in Hahnenklee
Wo Glockenmusik vom Turm erklingt

In Hahnenklee steht die Gustav-Adolf-Stabkirche, erbaut nach Vorbildern aus Norwegen. Neben ihren kostbaren Schnitzereien beherbergt das hölzerne Gotteshaus auch ein seltenes klavierähnliches Instrument – ein Carillon.

Gekonnt schlägt er die „Tasten“ des Instruments und
bringt dadurch die Glocken zum Klingen. | Fotos: Deppe
Es ist Samstag 15 Uhr. Wanderer, die vom Liebesbankweg kommen, und Spaziergänger bleiben stehen, lauschen der ungewöhnlichen, aber harmonischen Musik. Sie kommt nicht etwa aus irgendwelchen Lautsprechern, sondern schallt vom Turm der Gustav-Adolf-Stabkirche über das Harzstädtchen Hahnenklee.
Heute sitzt Stefan Klockgether am Stockspieltisch. In den Pausen zwischen zwei Spielstücken erklärt er Besuchern das Carillon. Das Hahnenkleer Glockenspiel besteht aus 49 Bronzeglocken und -glöckchen. Wenn Klockgether auf die tastenähnlichen Stöcke schlägt, betätigt er über Drahtseile und Kipphebel Klöppel, die die Glocken anschlagen.
„Vom Prinzip her ist das wie beim Klavier, nur dass ich die Stöcke mit den Fäusten oder genauer gesagt mit den Handballen schlage und nicht mit den Fingern drücke. Genau wie das Klavier ist das Carillon ein Schlaginstrument“, erklärt er. Mit dem Unterschied, dass das Carillon wirklich geschlagen werden muss. Und bei den Füßen erinnert alles an das Pedalsystem einer Orgel.

werden die 49 Glocken und Glöckchen angeschlagen.
Ursprünglich stammt das Carillon aus Flandern, wo es um 1500 entstanden ist. Dagegen ist das Carillon der Stabkirche noch recht jung. Seit 1975 besaß die Kirche im Dachreiter bereits ein automatisches Glockenspiel. Doch die Elektronik wurde in den 90er-Jahren durch einen Blitzschlag zerstört – eine Reparatur war einfach zu teuer.
Glockenspiel deckt ein breites Tonspektrum ab 2002 – im Rahmen der großen Sanierung der 1908 fertiggestellten Stabkirche – wurde die Idee des Kantors der Kirche umgesetzt und im Glockenturm ein Carillon gebaut. Grundstock dafür waren die Glocken des alten Glockenspiels, eine der Läuteglocken und fünf neue Glocken. 2005 konnte durch Spenden und Stifter das Glockenspiel komplettiert werden und besteht nun aus 49 Glocken, die ein breites Tonspektrum abdeckt. Zwei Tonnen wiegen alle Glocken zusammen, die schwerste allein 250 Kilo.
Der Aufbau und die Schulung der Carillon-Spieler übernahm Wilhelm Ritter, Stadtglockenspieler in Kassel und Aschaffenburg, der bei der Einweihung des Instruments auch das erste Konzert auf dem Carillon gab.

wegen ihrer kostbaren Holzschnitzereien und Malereien.
Nicht nur Religiöses erklingt auf dem Carillon
Von Anfang an ist auch Stefan Klockgether dabei. „Ich spiele Kompositionen, die extra für das Carillon geschrieben wurden, oder Bearbeitungen von Orgelstücken“, erzählt er. Und schmunzelnd fügt er hinzu: „Aber wir spielen nicht nur Religiöses oder alte Komponisten wie Bach und Händel.“ Mit zu seinen Lieblingsstücken zählt „Auf uns“ von Andreas Bourani oder das „Heidenröslein“. Wenn er am Spieltisch sitzt, dürfen Besucher gern dabei zuhören und zusehen. „Das machen auch ganz viele. Besonders interessiert sie die Technik.“
Wenn Klockgether das Carillon schlägt, kann man auch einen vorsichtigen Blick in den Glockenturm hinauf zu den Glocken werfen. Doch das ist schon ganz schön laut.
„Einen Blick hinter die Kulissen zu werfen ist spannend und interessant. Doch den größten Hörgenuss hat man, wenn man vor der Kirche steht“, verrät der Carillon-Spieler, schlägt das nächste Notenheft auf und spielt – was sonst – „Auf uns“, von Andreas Bourani.
In der Regel wird das Carillon samstags um 15 Uhr und vor den Gottesdiensten am Sonntag gespielt.
Edmund Deppe