Heilig-Geist-Kirchen im Bistum

Wo Gottes Geist ist, da ist Kirche

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Im Bistum Hildesheim gibt es zwölf Kirchen und Kapellen, die nach dem Heiligen Geist benannt sind. Der Kirchenhistoriker Thomas Scharf-Wrede und der Theologe Martin Marahrens erläutern, auf welche Ursprünge dieses Patronat zurückgeht.


Die Heilig-Geist-Kirche in Stade wurde in den
Jahren 1959/60 gebaut und am 2. Pfingsttag
(6. Juni) 1960 durch den Hildesheimer Weihbischof
Pachowiak geweiht. Schon die Zeltform der Kirche
mit dem siebeneckigen Raum verweist auf das
Patrozinium und symbolisiert die sieben Gaben
des Heiligen Geistes. Außerdem zeigt das Ambo
aus Bronze in einem großen Medaillon die
Darstellung des Pfingstwunders: Der Heilige Geist
kommt in Gestalt von Feuerzungen auf die junge
Kirche herab.

„Ich glaube an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird“, so beten alle Christen im „Großen Glaubenbekenntnis“, das im Jahr 451 auf dem Konzil von Chalcedon als verbindliche „Zusammenfassung“ unseres Glaubens bestätigt wurde. Kein Wunder, dass dieser Geist es den Menschen angetan hat, dass sie sich seiner Hilfe, seinem Rat und seinem Trost anvertrauen wollten. „In Hans-Walter Krumwiedes Zusammenstellung der Kirchen- und Altarpatrozinien des Mittelalters sind für den Bereich des heutigen Bistums Hildesheim insgesamt 38 Heilig-Geist-Patrozinien benannt, unter anderem für Alfeld, Braunschweig, Duderstadt, Göttingen, Goslar, Hannover, Hildesheim und Lüneburg, wobei vor allem Hospitäler dieses Patrozinium getragen haben; Kirchen trugen eher die Namen der großen Heiligen“, gibt Thomas Scharf-Wrede, Direktor des Bistumsarchivs, Auskunft.
 


Die Heilig-Geist-Kirche in Sarstedt wurde nach Plänen
von Eduard Endler erbaut und am 5. Oktober 1913 von
Bischof Adolf Bertram geweiht. Hinter dem Altar befindet
sich ein großflächiges Mosaik des Künstlers und Diakons
Claus Kilian. 1969 hat er mit Bezug auf das Heilig-Geist-
Patrozinium der Kirche das Pfingstgeschehen abgebildet.
Der Heilige Geist in Gestalt einer Taube ist oberhalb des
Mosaiks im Glasfenster dargestellt.

Doch die Geschichte der Hospitäler ist nach wie vor für so manche Heilig-Geist-Kirche von Bedeutung. So gibt es im Bistum noch heute zwölf Kirchen und Kapellen, die dem Heiligen Geist geweiht sind, so etwa in Sarstedt, Stade und Hannover.  „In Sarstedt hat man mit dem Bau der dortigen Pfarrkirche 1913 an ein mittelalterliches Hospitalspatrozinium angeknüpft, in Stade anstelle der zu klein gewordenen Pfarrkirche St. Joseph 1960 eine neue, größere Heilig-Geist-Kirche errichtet und in Hannover-Bothfeld 1952 eine Heilig-Geist-Kirche gebaut, die schon 1963 durch einen Neubau ersetzt wurde – bei Übernahme des Patroziniums“, erklärt Scharf-Wrede.

Und was genau verbinden die Menschen mit einem Heilig-Geist-Patrozinium – gerade in einer Zeit, da die Kirche für viele Menschen heute schlicht eine Institution mit einem großen Bestand an Gebäuden, mit einer Vielzahl von Regeln und einer festen hierarchischen Struktur mit dem Papst an der Spitze ist.? „Der Titel ‚Heilig Geist‘ für Kirchen und Kapellen knüpft jedoch an ein tieferes Verständnis von ‚Kirche‘ an: Sie ist der Ort, wo der Geist Gottes wirkt. So ist für Paulus die Kirche der „Tempel des Geistes“ (vgl. Eph 2,21f.) und der Kirchenvater Irenäus von Lyon sagt: „Wo die Kirche ist, da ist auch der Geist Gottes und wo der Geist Gottes ist, da ist die Kirche“, sagt Martin Marahrens, Regens des Hildesheimer Priesterseminars. „Kirche ereignet sich, wo Menschen sich vom Geist Gottes leiten lassen. Oft geschieht dies verborgen und unsichtbar in den Herzen der Menschen. Zugleich gilt, dass die sichtbare Kirche der Institution mit Papst und Bischö­fen, eben nur dann wirklich Kirche ist, wenn dieser Geist in ihr wirken und sich entfalten kann“, so der Regens.
 


Eine große Glaswand nimmt in der 1963 geweihten
Heilig-Geist-Kirche in Hannover-Bothfeld von oben
bis unten die gesamte Ostseite ein. Die in Blei
einfassten Glaselemente wirken wie ein lang
gestrecktes Mosaik. Muster sind nur wenige zu
erkennen, figürliche Darstellungen gibt es nicht.
Eine Vielfalt von Grautönen, die ins Blaue übergehen
und wieder zurück, dominiert große Teile der Wand.
Doch am Ende der Wand, am Altarraum, dem Ort
der Verheißung von Vollendung und Frieden,
bestimmen kräftige Rottöne das Bild. Und das nicht
aufdringlich. Im Gegenteil: Das Fenster ist etwas
zurückgesetzt. Vielleicht, weil der Hl. Geist eben
weht, wo er will und mag. Das ist eine von vielen
Interpretationsmöglichkeiten. Der Künstler der
Fenster, Ludwig Schaffrath (1924–2011) hat die
Art und Weise, wie die Farben, deren Schichtung,
die wenigen erkennbaren Muster gesehen werden
sollen, bewusst den Betrachterinnen und
Betrachtern überlassen.

Doch dies drohe immer wieder in Vergessenheit zu geraten. „So können uns die Heilig-Geist Kirchen und Kapellen in unserem Bistum an etwas Wesentliches erinnern: Die Kirche wird nur da ihrem eigenen Anspruch gerecht, wo sie ernsthaft bereit ist auf das zu hören, was der Geist Gottes ihr heute sagen möchte“, betont der Regens und ergänzt:  „Schließlich sollte die Kirche aber auch demütig genug sein, mit Wertschätzung und Dankbarkeit all denen zu begegnen, die mit der Kirche als Institution nichts anfangen können, in deren Leben und Tun der Geist Gottes aber Resonanz findet“, wünscht sich Marahrens.

Edmund Deppe

Heilig-Geist-Kirchen und -Kapellen im Bistum Hildesheim
Zehn Kirchen und zwei Kapellen im Bistum tragen den Namen „Heilig Geist“:

  • Filialkirche Heilig Geist, Bomlitz-Benefeld
  • Pfarrkirche Heilig Geist, Braunschweig
  • Filialkirche Heilig Geist, Dassel-Markoldendorf
  • Filialkirche Heilig Geist Heimstatt-Röderhof, Diekholzen
  • Filialkirche Heilig Geist, Faßberg
  • Pfarrkirche Heilig Geist, Hannover-Bothfeld
  • Heilig-Geist-Kapelle in der St.-Mauritiuskirche, Hildesheim
  • Heilig-Geist-Kapelle in der Jugendbildungsstätte des Bistums Hildesheim „Haus Wohldenberg“, Holle
  • Filialkirche Heilig Geist, Salzgitter-Hallendorf
  • Pfarrkirche Heilig Geist, Sarstedt
  • Filialkirche Heilig Geist, Schwarmstedt
  • Pfarrkirche Heilig Geist, Stade

Hinter dem Altar der Heilig-Geist-Kirche auf dem Gelände
der Heimstatt Röderhof bedeckt ein in gold-rot-beigen
Farben gehaltenes Mosaik die große Wandfläche. Zu sehen
ist Jesus Christus inmitten seiner Apostel am Abendmahlstisch.
Brot und Wein hält er zum Austeilen bereit in seinen Händen.
Versinnbild­licht wird die Kirche, die als Gemeinschaft aus der
schenkenden Kraft des uns in Liebe zugewandten Herrn lebt.
Gedeutet wird das Leben der Kirche noch einmal durch die
Darstellung des geschlachteten Lammes in der Bildmitte:
Hingabe zeugt Leben. Das ausfließende Blut des „Gotteslammes“
bringt Frucht in den sieben Sakramentenen. Die Hand des guten
Vaters, der uns im Heiligen Geist durch seinen Sohn Jesus
Christus das Leben schenken will, ist im Mosaik ganz oben zu
erkennen. Das Wandmosaik haben Benediktinerinnen der Abtei
Varensell bei Gütersloh gestaltet. Die Kirche wurde am 30. Juni
1971 durch den damaligen Hildesheimer Bischof Heinrich
Maria Janssen geweiht.