Reaktionen auf die Ankündigung der Schließung dreier Bildungshäuser

Wut, Trauer, aber auch Verständnis

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In der vergangenen Woche hat das Bistum angekündigt, seine Bildungsarbeit neu zu ordnen und drei Tagungshäuser zu schließen. 56 Mitarbeiter sind von den Maßnahmen betroffen. Die Pläne rufen Kritik hervor, treffen aber auch auf Verständnis.


Schon in wenigen Wochen soll das St.-Ludgerus-Haus
in Helmstedt schließen. Die Kurzfris­tigkeit der Maßnahme
überraschte Hausleitung und Mitarbeiter.

In der Begegnungstätte St. Ludgerus herrscht eine bedrückte Stimmung unter den Mitarbeiterinnen. „Die reicht von Wut über Unverständnis bis hin zu der Feststellung, dass man schon geahnt habe, dass das mal passiert“, sagt Hausleiterin Maren Trümper. Sie hatte ihr reines Frauen-Team schon vor vier Wochen darüber informiert, dass diese Möglichkeit im Bistum diskutiert werde. „Aber überrascht hat uns alle der Zeitpunkt und die hohe Geschwindigkeit der Schließung bereits zum 31. Dezember,“ betont Trümper. Wahrscheinlich hat Corona diesen Schritt beschleunigt. Aber auch ohne Corona hätte es wohl eine Neustrukturierung – allerdings eine langfristige – bei den Bildungshäusern gegeben“, vermutet die Hausleiterin.

Auch wenn es erst einmal keine Kündigungen geben soll, sind die Mitarbeiterinnen verunsichert. „Bislang weiß noch keine von ihnen, wie es für sie weitergehen wird“, sagt Trümper. Klar ist allerdings, dass die letzten gebuchten Gruppen noch einen schönen Aufenthalt im Ludgerus-Kloster haben sollen. „Denn das sind unsere Gäste von uns gewohnt und deswegen kommen sie auch immer wieder“, sagt die Hausleiterin. Nun hofft sie, dass die Corona-Pandemie  nicht noch die letzten geplanten Belegungen verhindert.

„Von Sanierungsstau kann keine Rede sein“

Auch für die Pfarrgemeinde St. Ludgeri kommt die Schließung der Begegnungsstätte völlig überraschend. Immerhin ist sie Eigentümerin der Gebäude. „Wir als Pfarrei haben keine offizielle Mitteilung bekommen. Ich wurde nur darüber informiert, dass ich am 11. November einen Blick auf die Homepage des Bistums werfen sollte. Andere Kirchenvorstandsmitglieder haben die geplante Schließung aus der KirchenZeitung erfahren“, sagt Edgar Patzelt, stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes und Vorsitzender des Pfarrgemeinderates. Ärgerlich sei man im Gremium über diese Informationspraxis.

Zudem habe das Bistum in den vergangenen Jahren in Renovierung und Modernisierung investiert. „So wurde Barrierefreiheit geschaffen und moderne Medientechnik in Veranstaltungsräumen installiert. Von einem umfangreichen Sanierungsstau kann deshalb nicht die Rede sein. Mit der Nachricht der Schließung wurden wir regelrecht überfahren. Schön wäre es gewesen, erst über eine Nachnutzung nachzudenken und dann die Begegnungsstätte zu schließen“, erklärt Patzelt.

Gemeinde hat mit Bistum laufenden Vertrag

Besonders groß ist das Unverständnis über die Schließung, „weil dieser Komplex rund um St. Ludgeri inklusive Begegnungsstätte Kloster St. Ludgerus von der Bistumsleitung bisher als ein Leuchtturmprojekt der Kirche im Bistum Hildesheim bezeichnet wurde“, meint Patzelt. Für ihn gibt es noch viele offene Fragen rechtlicher Art, schließlich habe das Bistum mit der Pfarrgemeinde einen Nutzungsvertrag aus dem Gründungsjahr 1986, der sich alle 10 Jahre verlängert und  nicht gekündigt wurde.  Auch gebe es beispielweise mit der katholischen Ludgerischule hinsichtlich der Schulspeisung Verträge zwischen der Begegnungsstätte und den Eltern.

Akademie in Hannover „ein richtiger Schritt“

Im Goslarer St. Jakobushaus hat Akademiedirektorin Ruth Bendels die Entscheidung der Bistumsleitung, die Einrichtung zu schließen, den Mitarbeitern verkündet. „Für manche ist eine Welt zusammen zusammengebrochen“, berichtet sie. „Eine Kollegin sagte mir: ’Dieses Haus, diese Arbeit hier, das ist das, was ich kann und immer machen wollte. Wenn Sie mich gefragt hätten, ob ich jeden Tag, samstags, sonntags, immer, hier arbeiten möchte, hätte ich keine Sekunde nachgedacht …‘“

Im Anschluss an die Bekanntgabe hat Bendels noch mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einzeln gesprochen. „Für einige ist die Existenzangst immens“, sagt sie. Es sei gut gewesen, sagen zu können, dass das Bistum eine Weiterbeschäftigung für ein Jahr vorsieht und sich um weitere Perspektiven bemühen wird.

Den Plan, die Akademie des Bistums von Goslar nach Hannover zu verlegen, hält Bendels durchaus für nachvollziehbar: „Eine Akademie im urbanen Umfeld anzusiedeln und, wenn sie gesellschaftlich und politisch eine Rolle spielen will, auch nahe an der Landespolitik, ist ein richtiger Schritt. “

Das St. Jakobushaus soll zum 30. Juni kommenden Jahres schließen. Bis dahin, so Bendels, „wollen wir unseren Gästen weiterhin inhaltliche Angebote machen, die spannend sind und die sie bereichern.“ Im Dezember erscheine das neue Halbjahresprogramm.

Auch der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung im St. Jakobus­haus, Jörg Richardt, zeigt grundsätzlich Verständnis für die geplanten Veränderungen. Die Argumente des Bistums müsse man ernstnehmen. Die beabsichtigte Schließung führe allerdings dazu, dass auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „tiefgreifende Veränderungen ihrer Lebenssituation“  zukommen. Er begrüßt das Vorhaben der Bistumsleitung, sich um Perspektiven für die Mitarbeiter bemühen zu wollen.  „Wir werden die Verantwortlichen daran messen, inwieweit das tatsächlich passiert“, sagt er. Richardt weist darauf hin, dass die Schließung nicht nur die Mitarbeiter betreffe, sondern auch die zahlreichen Gäs­te, von denen viele dem Haus schon lange verbunden seien.

„Hintergründe bleiben verborgen“

Eveline Sempf, die Vorsitzende des Förderkreises des St. Jakobus­hauses sagt, die Nachricht über eine bereits beschlossene Schließung der Einrichtung habe die Mitglieder des Kreises tief getroffen. „So wurde uns einerseits jegliche Möglichkeit genommen, gemeinsam nach anderen Lösungen zu suchen und andererseits bleiben für uns die Hintergründe verborgen“, moniert sie.
Die  Mitglieder des Förderkrei­ses hätten es immer als ihre Aufgabe gesehen, die Bildungsarbeit des St. Jakobushauses ideell und finanziell zu unterstützen, immer im Vertrauen auf den Fortbestand des Hauses. Sie verweist darauf, dass in den vergangenen Jahren umfangreiche Baumaßnahmen im Haus vorgenommen wurden, die vom Bistum unter Beteiligung des Förderkreises gemeinsam finanziert wurden. Sie wolle sich für den Erhalt des Hauses einsetzen, womöglich auch in einer anderen Konstellation.

Noch viele Pläne für das kommende Jahr

Protest aus Germershausen kommt von den Kinderbetreuerinnen und -betreuern der Bildungsstätte St. Martin. In einem Brief an Bischof Heiner Wilmer und Generalvikar Martin Wilk äußern sie sich „traurig und betroffen“ darüber, „dass Sie uns unsere Arbeit und gewissermaßen auch unser Zuhause einfach so plötzlich wegnehmen wollen“.

Neben der emotionalen Bedeutung, die die Bildungsstätte St. Martin für uns alle hat, können wir Ihre Entscheidung auch unter dem Aspekt nicht nachvollziehen, dass in den letzten Monaten trotzdem noch viele Pläne für das nächste Jahr gemacht wurden“. Dabei hätten die Verantwortlichen doch schon gewusst, dass die Bildungsstätte bald schließen werde.

Die Verfasser machen außerdem darauf aufmerksam, dass erst vor zwei Jahren mit Thomas Holzborn ein neuer Leiter für die Bildungsstätte angestellt worden sei, mit dem Ziel, die Einrichtung effektiver zu machen.

Matthias Bode und Edmund Deppe