Misereor-Fastenaktion 2020

Zerrissenes wieder verbinden

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Wie kann die Fastenzeit mit dem Misereor-Motto "Gib Frieden" gestaltet werden? Gemeindemitglieder aus dem Bistum Osnabrück holten sich praktische Tipps und stellten fest: Die fernen Konflikte in den Aktionsländern Syrien und Libanon sind ganz nah.


Ein Netz des Friedens knüpfen mit Fotos von friedlichen Orten: Mit einer solchen Aktion können Kirchengemeinden die Fastenzeit gestalten. Das Friedensnetz kann beispielsweise in einen Gottesdienst einbezogen werden. Foto: Anja Sabel

Ein Mannschaftsfoto junger Fußballer aus Uganda drückt Frieden aus. Ebenso das Foto zweier Menschen, die sich die Hände reichen. Oder ein Sonnenuntergang. Ein Katholikentagsschal. Auch eine Tafel Schokolade kann Frieden stiften. Denn Frieden beginnt im Kleinen. So sehen es die Frauen und Männer, die sich an diesem Abend im Priesterseminar über die bevorstehende Misereor-Fastenaktion informieren. 

Mitgebracht haben sie Bilder und Gegenstände passend zum Aktionsmotto „Gib Frieden!“. Mit nach Hause nehmen wollen sie praktische Tipps für die Fastenzeit in ihren Kirchengemeinden in Bad Laer, Osnabrück, Spelle oder Bremen. Die Tipps gibt es von Misereor-Referentin Tanja Rohrer. Sie schlägt zum Beispiel vor, Bilder von Orten des Friedens zu sammeln und daraus mittels Wollfäden ein Friedensnetz zu knüpfen – sozusagen Verbindungen herzustellen, Kontakte, die zwischen Freunden und Familien aus Syrien und dem Libanon durch Krieg und Flucht zerrissen wurden. 

Auf diese beiden Länder konzentriert sich die Fastenaktion des Hilfswerkes Misereor in diesem Jahr – eine Region, die von ethnischer, religiöser und kultureller Vielfalt geprägt ist, aber auch von zahlreichen Konflikten. Allein der seit mehr als acht Jahren andauernde Krieg in Syrien hat 500 000 Menschen das Leben gekostet. Mehr als sechs Millionen Syrerinnen und Syrer haben ihre Heimat verlassen. Auch Anoud Raslan, die mit einer ihrer Töchter auf dem Misereor-Plakat abgebildet ist. Mit ihren fünf Kindern entkam sie nur knapp einem Massaker und flüchtete in den Libanon. In Dbayeh, einer Überlebensoase des päpstlichen Hilfswerkes Pontifical Mission, hat die Familie Zuflucht gefunden. Dort leben Christen und Muslime Tür an Tür, die Kinder gehen auf öffentliche Schulen, und Anoud Raslan, Lehrerin von Beruf, engagiert sich mittlerweile selbst in einem Projekt. 

"Die Frau auf dem Plakat erinnert mich an meine Nachbarin"


Anoud Raslan aus Syrien und eine ihrer Töchter sind
auf dem Misereor-Plakat zu sehen. Sie entkamen nur knapp einem Massaker.
Foto: Misereor

Seit Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien hat der Libanon rund 1,5 Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland aufgenommen – was ein Land, das selbst nur 4,5 Millionen Einwohner hat, überfordert. Deshalb helfen Misereor-Partner wie Pontifical Mission und der Flüchtlingsdienst der Jesuiten den Menschen, die Schreckliches erlebt haben: die zusehen mussten, wie Angehörige erschossen wurden oder die sexuelle Gewalt erfahren haben. Der Libanon ist heute gespalten in Arm und Reich, einheimisch und geflüchtet, christlich und muslimisch. Die Hilfsorganisationen versuchen, Leid aufzuarbeiten, für Bildung zu sorgen und somit die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben zu schaffen. 

„Was denken Sie, wenn Sie in das Gesicht von Anoud Raslan schauen?“, fragt Tanja Rohrer in die Runde. „Sorgenvoller Blick, aber mit aufrechter Haltung.“ „Vertrauen zwischen Mutter und Kind.“ „Stärke.“ Die Antwort von Gabriele Diener aus St. Marien in Bremen macht deutlich, dass die vermeintlich fernen Konflikte ganz nah sind: „Die Frau auf dem Plakat erinnert mich an meine Nachbarin, die auch mit fünf Kindern aus Syrien geflohen ist“, sagt sie. Auch Maria Lückmann kennt Geschichten von Krieg, Flucht, Todesangst und Sehnsucht nach Frieden. Die Sozialpädagogin koordiniert die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit in der Osnabrücker Gemeinde Heilig Kreuz. Freiwillige erteilen Deutschstunden (siehe unten) und bieten einmal im Monat ein Begegnungscafé an. „Wir wollen in der Fastenzeit einen Misereor-Gast einladen und dazu auch Flüchtlinge aus Syrien“, sagt Lückmann. „Sie sollen aus erster Hand erfahren, wie die Situation zurzeit in ihrer Heimat ist.“

Inzwischen stehen die Teilnehmer des Misereor-Abends im Priesterseminar um einen großen Tisch und verknüpfen ihre mitgebrachten Bilder zu einem Friedensnetz. Tanja Rohrer schlägt vor, diese Aktion in einen Gottesdienst einzubeziehen und darüber zu diskutieren: Was schafft Verbindung? Wo fällt es mir schwer, Verbindungen aufzubauen? Denn: Frieden kann jeder geben – für sich selbst, für den Nächsten, für die Menschen in Syrien und im Libanon, für die Welt.

Anja Sabel


Weltkirchliches Jahresthema: „Frieden leben“

- Die Gemeinde St. Marien in Quakenbrück hat eine Friedensskulptur aus buntem, transparentem Glas erstellt. Sie kann als Ausstellung in Kirchen und Gemeinden gezeigt werden. Dazu gibt es Begleitmaterial.
- Misereor-Gast Marlene Constantin aus Beirut kommt vom 24. bis 27. März ins Bistum Osnabrück. Wer sie in seine Gemeinde einladen möchte, kann sich melden bei Regina Wildgruber, Leiterin Bereich Weltkirche und Freiwillige Dienste im Ausland, Telefon 05 41/31 82 66.
- Auf einer Weltkarte können Orte und Regionen, die das weltkirchliche Jahresthema besonders hervorhebt, markiert und zu einer Collage gestaltet werden. So wird das weltweite Friedensnetz sichtbar – ergänzt zum Beispiel durch Bilder aus Gemeindeprojekten. Kostenlose Weltkarten gibt‘s unter www.engagement-global.de
- Weitere Informationen unter www.fastenaktion.misereor.de