Anstoß 11/2024
Das Kommunionkind
Die Essensausgabe meiner Gemeinde für arme und hungrige Menschen kann immer Unterstützung gebrauchen. Jetzt will Jacky helfen – der hier vor 40 Jahren „Kommunionkind“ war. Mit etwas mulmigen Gefühl teile ich ihn im Service-Team ein: Kaffee und Tee ausschenken. Bald weiß er genau, wer extra Milch benötigt, wer lieber Süßstoff oder einen extra Löffel Zucker mag. Viele Gäste kennt er aus der Zeit, in der er selbst in Wärmestuben abhing, damals, nach dem Knast. Aber er hat die Kurve gekriegt. „Für meine Tochter“, gesteht er. Zwei Schlaganfälle haben Spuren hinterlassen. Ab und an fallen ihm nicht die richtigen Worte ein.
Ich denke gerade, dass alles gut läuft, als ein Gast auf den Fußboden kotzt. Jacky springt zu ihm und hält ihn fest. „Du musst atmen. Wir – raus – an die Luft.“ Der Mann stöhnt. Sein Magenkrebs mache ihm zu schaffen, erklärt er. Deshalb habe er vorhin zwei Bier getrunken, gegen die Schmerzen …
Die beiden schaffen es auf den Hof. „Atme!“ ermutigt ihn Jacky und macht vor, wie tief er die Luft durch die Nase einatmet. Er schnauft dabei. Der Gast macht mit. Beide atmen im gleichen Rhythmus. Das weicht die Übelkeit auf. Das Leben kehrt zurück. „Ist das geil?“ schreit Jacky und klopft dem Mann begeistert auf die Schulter. „Danke, Mann“, höre ich den Gast sagen.
So punktgenau hätte ich nicht helfen können – auf Augenhöhe, respekt- und liebevoll zugleich. Jacky sagte wortlos in meine Richtung: „Siehste!“ Und fand auch Worte: „Gemeinschaft. Ist wichtig. Wir brauchen uns.“
Ja, wir brauchen einander. Um Kommunion, um Gemeinschaft zu leben, die so zu lieben versteht wie Jesus – und ich stehe diesbezüglich immer noch am Anfang! Ich will lernen, wie ich noch mehr lieben kann. Ich glaube, das ist Sinn und Zweck meines Lebens. Ich will Gott lieben mit allem, was ich bin. Ich will meinen Nächsten lieben wie mich selbst.
Das Kommunionkind ist erwachsen geworden. Danke, Jacky.