„Komm und sieh!“-Kurs des Dresdner St.-Benno-Gymnasiums

Als Suchende ernst genommen

Image

27 Elftklässler des Dresdner St.-Benno-Gymnasiums verbringen gerade einige Tage in Assisi. Die Fahrt ist der Höhepunkt des jährlich stattfindenden „Komm und sieh!“-Kurses, den Jürgen Leide ins Leben gerufen hat.


Zeit für Entdeckungen und Begegnungen: Dresdner St.-Benno-Schüler in Assisi. | Foto: privat


„Kommt und seht!“ ermutigt Jesus Johannes und Andreas, als sie ihn fragen: „Wo lebst du?“ Sie erhalten keine fertige Antwort, sondern eine Einladung. Was folgt, sind vermutlich lebhafte Gespräche und intensive Begegnungen – ihr Leben hat sich dadurch verändert.
Eine solche Erfahrung kennt auch Jürgen Leide, pädagogischer Leiter des St. Benno-Gymnasiums: „Bereits als Student konnte ich in Lebensfragen keine vorgefertigten Antworten übernehmen. Es braucht die persönliche Auseinandersetzung, um tragfähige Antworten für das eigene Leben zu finden.“ Das gilt ebenso, wenn es um religiöse Fragestellungen geht: Wenn Glaube bedeutsam werden soll, ist ein lebensnahes, persönliches Durchbuchstabieren unabdingbar.
Jugendliche stellen auch heute nach wie vor in ihrer Entwicklung viele persönliche Fragen nach sich selbst, ihrem Weg, nach dem „Mehr“ im Leben. „Wer so fragt, stößt auch auf die Frage nach Gott und sucht auch hier nach authentischen und überzeugenden Antworten,“ weiß Jürgen Leide aus vielen Gesprächen mit jungen Menschen. Diesen wertvollen, individuellen Suchprozess mit all seinen Höhen und Tiefen zu unterstützen, ist das Ziel des „Komm und Sieh“-Kurses, den Jürgen Leide 1994 – bereits vor über 20 Jahren – ins Leben gerufen hat und der zweimal jährlich auf freiwilliger Basis für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangstufe elf angeboten wird.
Am 23. Mai war es wieder soweit: 27 Jugendliche brachen gemeinsam nach Assisi auf. Hinter ihnen lag eine sechswöchige Vorbereitungszeit mit zwei Besinnungstagen im Winfriedhaus Schmiedeberg, mit wöchentlichen  Treffen in der Schulkapelle und einem Ringbuch voller Anregungen für tägliche 30-minütige Oasenzeiten als ständigem Begleiter.

Freiwillig Frühaufsteher ohne Smartphone
„Assisi als Ort und Franz von Assisi als Person haben für junge Menschen häufig etwas Faszinierendes: Vielleicht weil er selbst  ein Suchender war, der sich erst zufriedengeben konnte, wenn er existenziell berührt war. Und das vor 800 Jahren“, vermutet Jürgen Leide.
Die Fahrt nach Assisi ist alles andere als ein Erholungsurlaub. Jeden Morgen 6.40 Uhr starten die Teilnehmer zur Laudes und Gottesdienst mit den Brüdern in  San Damiano, einem für Franziskus bedeutsamen Kirchlein. Um 19 Uhr am Abend finden sich alle wieder dort ein. Die Tage selbst schaffen Raum zur Begegnung: mit Orten, die für Franziskus‘ und Claras Lebensweg wichtig waren, miteinander in der Gemeinschaft, mit sich selbst und nicht zuletzt mit Gott. Das Haus „Casa del Bene“ inmitten von Olivenhainen, in dem die Gruppe untergebracht ist, bietet dazu einen einladenden Rahmen.
Viele der Jugendlichen geben im Laufe der ersten Tage ihre Smartphones ab – freiwillig – um sich die Chance dieser Auszeit bewusst zu sichern.
„In Assisi hatte ich endlich mal Zeit, über grundlegende Dinge nachzudenken, für die im hektischen Schulalltag kein Raum war.“ erinnert sich Margarethe Finger (21). Sie nahm 2015 am Kurs teil. „Besonders hat mich beeindruckt, dass man in der Gruppe sich selbst besser kennengelernt hat und auch die eigene Beziehung zu Gott. Natürlich ist es für Jugendliche nicht so einfach, sich auf die Stille einzulassen aber ich habe dann gemerkt, dass es mir gutgetan hat.“

„Komm und sieh“ erfährt Fortsetzung im Alltag
Die Assisi-Erfahrung soll nichts  Einmaliges bleiben. „Vom Erlebnis zur Bindung“ ist das Ziel, das sich Jürgen Leide für „Komm und sieh!“ wünscht. Deshalb findet während der Schulzeit in der Kapelle des St. Benno-Gymnasiums  einmal im Monat ein „Komm und sieh!“-Gottesdienst statt. Er ist ähnlich wie die Abendgebete der Brüder in San Damiano gestaltet.
An dem Wortgottesdienst können alle Interessierten teilnehmen: Oberstufenschüler, Freunde, Ehemalige, Eltern und Lehrer sind eingeladen: „Komm und sieh!“ – der Kurs wird finanziell unterstützt vom Bistum Dresden-Meißen, vom Bonifatiuswerk und vom Schulwerk des St. Benno-Gymnasiums.
Nicht nur katholische, sondern auch evangelische und konfessionslose Schüler nehmen daran teil.

Von Andreas Golinski

Beliebteste Beiträge