Die katholische Kirche in Hermannsburg
Auferstehung einer Kirche
Edmund Deppe
Es ist nachmittags, ein trüber Tag, die Wolkendecke hängt tief. Doch als ich die Auferstehungskirche in Hermannsburg betrete, werde ich von einem Farbenspiel begrüßt, das seinesgleichen sucht. Das indirekte Licht reicht aus, um die Farben von zwei riesigen Fenstern zum Leuchten zu bringen. Beim rückwärtigen dominieren Orange und Rot. Es trägt den Namen „Himmlisches Jerusalem“. Im Mittelpunkt stehen der Baum des Lebens und das Osterlamm.
Auf der linken Seite nimmt das andere Fenster fast die komplette Fassade ein, strebt nach oben bis zum Scheitelpunkt des Daches. Hier stechen die Blautöne hervor. Betitelt ist es mit „Auferstehung“. „Es gibt keine Beschreibung, was dort genau zu sehen ist“, sagt Matthias Schwenzer (71), Vorsitzender des Fördervereins der Kirche. „Aber man kann erahnen, dass dort Engelflügel zu sehen sind. Und rundherum liegen graue Steine. Zeichen für das Grab Jesu. Wahrscheinlich ist es der Engel im leeren Grab, der von der Auferstehung Jesu berichtet“, meint er.
Aus dem Mittelpunkt des Bildes bricht ein leuchtend orangrotes Kreuz hervor, neben dem das blaue Wasser des Lebens in alle Himmelsrichtungen sprudelt. Es erinnert an die vier Paradiesflüsse. Der Hildesheimer Künstler und Hochschullehrer Paul König (1932 – 2015) hat das Kircheninnere der katholischen Kirche in Hermannsburg samt den beiden Fenstern entworfen. Mit dem Auferstehungsbild will er zeigen, dass das Leben den Tod besiegt hat und aus dem Kreuz neues Leben entspringt. König hat in Norddeutschland Fenster für über fünfzig Kirchen gestaltet. „Mit meinen Fenstern möchte ich Fröhlichkeit und Festlichkeit in die Kirchenräume bringen“, sagte er einmal.
» Ich möchte Fröhlichkeit und Festlichkeit in die Kirchenräume bringen. «
Paul König
Geprägt von der Aufbruchsstimmung des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Liturgiereform kamen in den 1970er Jahren völlig neue künstlerische Ausdrucksformen in die Kirchen. Für König, der ursprünglich aus dem Bereich Grafik kam, waren zeichnerische Linienspiele oder malerische Pinselstrukturen typisch. Religiöse Grundgedanken wie die Bedeutung des Gebets, die Ausgießung des Heiligen Geistes oder die gütige Gnade Gottes hat er versucht in seinen Fenstern zu verdichten – in Formen, Figuren, aber vor allem in Farben. So auch in Hermannsburg. „Angesichts der aktuellen hohen Energiekosten werden wir immer wieder gefragt, ob diese Fenster nicht enorme Heizkosten verursachen. Die Kirche selbst ist ein Fertigteilbau, der sehr gut gedämmt ist. Auch bei den Fenstern hat man beim Bau der Auferstehungskirche 1976 schon an Energieeffizienz gedacht. Es handelt sich um Bleiglasfenster, die auf der Außenseite mit einer Isolierverglasung versehen sind“, weiß Schwenzer.
Die Auferstehungskirche in Hermannsburg gehört zur Pfarrgemeinde „Sühnekirche vom Kostbaren Blut“ in Bergen. Als das Bistum 2008 alle Kirchen in Kategorien einstufte, wurde die Auferstehungskirche als weniger wichtig betrachtet. „Sie wurde nicht geschlossen, sondern muss von der Gemeinde selbst finanziert werden und ohne Zuschüsse des Bistums auskommen. Deswegen haben wir den Förderverein gegründet, um unsere Kirche zu erhalten“, erzählt Schwenzer. Anna-Maria Golla (82), die sich ebenfalls im Vorstand des Vereins engagiert, ergänzt: „Die Kirche liegt uns allen sehr am Herzen. Sie ist uns Heimat geworden durch die vielen Gottesdienste, die wir hier gefeiert haben, durch die besonderen Ereignisse wie Erstkommunion der Kinder, Hochzeiten, aber auch Trauerfeiern. Ohne diese Kirche würde mir hier was fehlen.“ Jahrelang hat Golla die Kinder der Gemeinde auf die Erstkommunion vorbereitet.
Adelheid Dörfer (78), ebenfalls Vorstandsmitglied, hat über viele Jahre hinweg die Ministranten ausgebildet und betreut. Sie ist seit 1996 Küsterin der Auferstehungskirche. „Insgesamt war es bei uns nach der Fusion der Gemeinde mit Bergen etwas ruhiger geworden. Wegen Schäden an der Bausubstanz ist die Sühnekirche nun aber seit zwei Jahren geschlossen. Deswegen sind bei uns wieder mehr Gottesdienste. Jeden Donnerstag feiern wir die heilige Messe und beten vorher den Rosenkranz, den Kreuzweg oder halten Anbetung. Und an jedem ungeraden Sonntag ist bei uns der Gemeindegottesdienst“, berichtet die Küsterin. An den geraden Sonntagen wird er im Pfarrheim in Bergen gefeiert. „Da keiner genau weiß, wie es mit der Sühnekirche weitergeht, und wie lange sie geschlossen bleibt, sind wir nun sozusagen die Ersatzpfarrkirche“, meint Schwenzer. Für die Auferstehungskirche ist das fast so etwas wie eine kleine Auferstehung.