Wozu der Glaube Menschen treibt
Aufgrund des Glaubens haben sie ...
Die Lesung aus dem Hebräerbrief erzählt von Männern und Frauen, die „aufgrund des Glaubens“ Dinge getan haben, die vorbildlich geworden sind. Glaubenszeugen nennt man solche Menschen heute, und es gab sie nicht nur zur biblischen Zeit. Hier sind vier Beispiele.
Joseph Peruschitz: ein Held auf der Titanic
Aufgrund seines Glaubens hat der bayerische Benediktinerpater Joseph Peruschitz sein Leben geopfert. Er überließ seinen Platz in einem der Rettungsboote auf der Titanic einem anderen Mitreisenden, um den Menschen auf dem sinkenden Schiff beizustehen.
Für 155 Goldmark hatte er die Überfahrt in der dritten Klasse nach Amerika gebucht. Im US-Bundesstaat Minnesota wollte Peruschitz, der in der Abtei Scheyern bei Pfaffenhofen lebte, ein katholisches Gymnasium aufbauen. Doch kurz vor Mitternacht am 14. April 1912 rammte die Titanic mit voller Kraft einen Eisberg.
Peruschitz wurde ein Platz in einem der Rettungsboote angeboten – doch er lehnte ab. Ein Überlebender des Unglücks berichtete später: „Als katholischer Priester blieb er auf dem sinkenden Schiff. Mit erhobenem Sterbekreuz eilte er von Kabine zu Kabine, segnete und tröstete. Fast alle Passagiere lagen auf den Knien, flehten und beteten.“ Eine andere Überlebende berichtete, dass der Pater, kurz bevor das Schiff sank, den rund 1500 Todgeweihten die Generalabsolution erteilte. Sie sagte, sie würde nie das Bild vergessen, wie Peruschitz und ein weiterer Priester mit ihren zum Segen erhobenen Händen inmitten einer betenden Schar auf dem Schiff untergingen. (kos)
Ellen Ammann: eine katholische Diakonin
Aufgrund ihres Glaubens wurde Ellen Ammann zu einer der ersten Diakoninnen der katholischen Kirche. Die gebürtige Schwedin erhielt zwar keine förmliche Weihe, doch der Münchner Erzbischof Michael Faulhaber nahm ihr und sieben weiteren jungen Frauen im Oktober 1919 in seiner Hauskapelle ihr Gelübde ab.
Ammann war eine sozial und christlich bewegte Pionierin der Frauenbewegung. Ihr Name ist mit der Bahnhofsmission, dem Katholischen Deutschen Frauenbund in Bayern, der Katholischen Stiftungshochschule in München und mit der Polizeiseelsorge verbunden. Sie war eine der ersten weiblichen Abgeordneten im Bayerischen Landtag. Doch sie wollte ihr soziales Engagement noch stärker mit ihrem Glauben verknüpfen. Frauen sollten nicht nur Ordens- oder Ehefrau sein können. Ammann träumte von einer „heiligen Schar“, die sich christlicher Wohltätigkeit verschreibt und ein gemeinsames spirituelles Leben pflegt.
Die Gemeinschaft nannte sich „Vereinigung katholischer Diakoninnen“. Doch 1952 mussten sich die Frauen auf römisches Geheiß in „Mägde“ (Ancillae Sanctae Ecclesiae) umbenennen – eine Bezeichnung, mit der die rund 30 Mitglieder bis heute alles andere als glücklich sind. Sie selbst sprechen lieber von sich als „Frauen der Kirche im Dienst an der Welt“ und leben ihr Diakonat in ihrem Alltag, in ihrem Beruf und in ihrem Ehrenamt. (kos)
Agnes Neuhaus: ein Leben für Frauensozialarbeit
Aufgrund ihres Glaubens hat sich Agnes Neuhaus der sozialen Fürsorge für Frauen und Mädchen gewidmet. Ihr Anliegen war ein religiöses: Sie wollte Frauen, die in der Prostitution gelandet sind, retten und gefährdete junge Frauen schützen.
Im Jahr 1899 gründete Agnes Neuhaus den „Verein zum Guten Hirten“, bald schon umbenannt in „Katholischen Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder“, heute: Sozialdienst katholischer Frauen. ZU dieser Zeit war die Tochter aus einem gutbürgerlichen Haus Gattin eines Dortmunder Amtsrichters und Mutter von drei Kindern.
1903 eröffnete der Verein das erste „Vinzenzheim“, das Wohnraum bot für ehemalige Prostituierte, ledige Mütter und Schwangere. Zum Umgang mit ihnen sagte Agnes Neuhaus: „Wenn das Mädchen über unsere Schwelle gekommen ist, muss es durch unsere Liebe und Sorge so festgehalten sein, dass es sich wohlfühlt.“ 1916 hatte der Verein bereits mehr als 110 Ortsgruppen und 40 Zufluchtshäuser. Von einer Leiterin erwartete Neuhaus „wirkliche Religiosität, überzeugender Katholizismus, denn a) sonst hält sie sicher nicht aus, b) bleiben wir uns nicht einig“.
Ab 1920 war sie mehrfach Abgeordnete im Reichtag. Besonders an der Diskussion zum neuen Reichswohlfahrtsgesetz (1924) war sie stark beteiligt und sprach sich für konfessionelle Fürsorgevereine aus.
Agnes Neuhaus, die auch Mitgründerin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) war, starb 1944 im Alter von 90 Jahren. (kamp)
Franz Stock: einer, der Kriegsgegner versöhnen wollte
Aufgrund seines Glaubens hat sich Franz Stock der Völkerverständigung verschrieben – und insbesondere der deutsch-französischen Freundschaft.
Geboren 1904, war Stock als Arbeiterkind in Neheim im Sauerland aufgewachsen. Weil er schon früh den Wunsch hatte, Priester zu werden, konnte er das Realgymnasiums besuchen und Ostern 1926 Abitur machen.
Über die katholische Jugendbewegung und geprägt vom Leid des Ersten Weltkriegs, nahm er 1926 teil an einer Jugendbegegnung mit über 10 000 Teilnehmern in Bierville in der Normandie. Der Gedanke der Versöhnung mit dem „Erzfeind“ bewegte ihn so sehr, dass er einen Teil seines Theologiestudiums am Pariser „Institut Catholique“ absolvierte. Damit war er der erste deutsche Theologiestudent in Frankreich seit dem Ersten Weltkrieg.
Als 1934 ein Priester für die deutsche katholische Gemeinde in Paris gesucht wurde, galt der junge Priester wegen seiner Sprachkenntnisse und persönlichen Freundschaften auch für die französische Kirche als akzeptabel. Ab Herbst 1940 arbeitete er als Seelsorger in Wehrmachtsgefängnissen, kümmerte sich um französische Gefangene und ihre Familien und begleitete viele auf dem Weg in den Tod. Die Franzosen nannten ihn „L’Aumônier de l’enfer“ (Seelsorger der Hölle) und „L’Archange en enfer“ (Erzengel in der Hölle). Von Mitte 1945 bis Mitte 1947 leitete er im Kriegsgefangenenlager in Chartres das "Stacheldrahtseminar" für deutsche Kriegsgefangene, die Priester werden wollten.
Nach dem Krieg gesundheitlich stark angeschlagen, starb Franz Stock am 24. Februar 1948 in Paris. Der Platz vor dem Widerstandsdenkmal Mémorial de la France Combattante in Paris ist heute nach ihm benannt. (kamp)