Drei Pastoraltheologen zur neuen vatikanischen Instruktion

Aus einer fremden Welt

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„Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“: Kaum war die vatikanische Instruktion mit diesem Titel veröffentlicht, da erhob sich lauter Widerspruch in der katholischen Kirche in Deutschland. Wir haben drei Pastoraltheologen aus Fulda, Frankfurt und Mainz um ihre Meinung zu dem Dokument der Kleruskongregation gebeten.


Hartmann
Professor Richard Hartmann
ist Pastoraltheologe an der
Fakultät Fulda. Foto: Archiv

Professor Hartmann: „Hätten sie doch gefragt!“

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Hätte die Kleruskongregation die Pfarrer gefragt, wäre ihnen sofort deren Interesse an Evangelisierung und Seelsorge deutlich geworden, die durch die unbedingte Verwaltungsverantwortung genommen wird.

Hätte sie die Gemeinden gefragt, die schon längst darum bangen, in der Situation des fehlenden Nachwuchses für Pastorale Berufe alleingelassen zu werden, die aber bereit sind, wirklich Verantwortung zu übernehmen, dann wäre es nicht vorgekommen, so sehr Klerus und Laien gegeneinander zu stellen.

Hätten sie auf die vielfältigen Beratungswege der Diözesen, bis hin zu Synode gehört, wäre erkennbar geblieben, dass sehr viel Sorgfalt auf die Weiterentwicklung der Kirche verwendet wird.

Hätten sie auf die Bischöfe gehört, „die in der Pastoral wirklich Verantwortung tragen“, dann wäre kein so abwertender Text, der nur alte Positionen festschreibt, entstanden.

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Professor Müller: „Laien unter ferner liefen“

 

Professor Philipp Müller ist Pastoraltheologe an der Uni Mainz.
Professor Philipp Müller ist
Pastoraltheologe an der Uni Mainz.
Foto: privat

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Das Dokument bringt den gewachsenen Pfarreien eine hohe Wertschätzung entgegen und will sie vor einer handstreichartigen Auflösung durch einen Diözesanbischof oder eine Bistumslei-tung schützen, wenn diese sie zu überdimensionierten „Pfarreien neuen Typs“ zusammenlegen möchten.

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Bistümern wie Mainz, wo künftig begrifflich und organisatorisch zwischen der übergeordneten Pfarrei und der Gemeinde als Nahraum kirchlichen Lebens unterschieden werden sollte und in denen sich die Bezeichnung Pfarrgemeinde dann erübrigt hätte, könnte die Instruktion in dieser Hinsicht ein Stoppschild gesetzt haben. 

Am stärksten ist das Dokument auf den ersten Seiten, in denen es auf die Erneuerung der Pfarrgemeinden zu sprechen kommt. Hier finden sich viele Anklänge an Papst Franziskus, vor allem an seine Programmschrift Evangelii gaudium. Dis Instruktion betont, dass eine pastorale Umkehr angesagt ist, diese jedoch nicht primär aus strukturellen Veränderungen resultiert, sondern mit einer pastoralen Kreativität einhergeht. Eine Pfarrei und ihre Angehörigen sollen nicht selbstreferentiell um sich kreisen, sondern hinaus zu den Menschen gehen, um ihnen das Evangelium zu bringen. Das Dokument erinnert die Pfarreien auch daran, die Armen nicht zu vergessen. 

Angesichts der pastoralen Verhältnisse in unserem Land ist das 8. Kapitel am befremdlichsten. Es behandelt die Frage der Leitungsverantwortung in und für die Pfarrgemeinde. Das Dokument argumentiert vom geltenden Kirchenrecht her und bindet damit die umfassende Seelsorge an das Amt des Pfarrers beziehungsweise an die Priesterweihe. Zwar behält der Priester die entscheidende Schlüsselstellung und die bestehende Pfarreienstruktur wird gestützt, aber die realistische Frage, wie die immer weniger werdenden Priester ihre Aufgabe schultern können, wird nicht gestellt. (...)

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Professor Beck: „Demontage römischer Autorität“

Professor Wolfgang Beck ist Pastoraltheologe an der Philosophisch- Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt. Er ist einer der Sprecher des „Wort zum Sonntag“ in der ARD.
Professor Wolfgang Beck ist
Pastoraltheologe an der Philosophisch-
Theologischen Hochschule
Sankt Georgen in Frankfurt. Er ist einer
der Sprecher des „Wort zum Sonntag“
in der ARD.

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Den Konzepten möglichst großer Pfarreien und den zaghaften Ansätzen neuer Leitungsmodelle und partizipativer Strukturen will die Instruktion ein Ende bereiten – ohne indes nur ansatzweise plausible Alternativen aufzuzeigen. Die Bildung der deutschen Großpfarreien ist natürlich zu diskutieren, gerade wo sie einer priesterzentrierten Logik entsprechen. In vielen Diözesen nähern sich die Zahlen neugeweihter Priester einem Nullpunkt an. Selbst für die Großpfarreien gibt es schon jetzt keine ausreichende Zahl von Pfarrern und längst wird es schwierig, Interessierte für die anderen pastoralen Berufsgruppen zu finden. Sie und die verbliebenen Ehrenamtlichen zu entmutigen, indem ihnen die Möglichkeit zur Leitungsverantwortung abgesprochen wird, erscheint theologisch schwach und unhaltbar. Den TheologInnen das Predigen in Eucharistiefeiern zu verbieten, wo diese ohnehin schon bald kaum noch stattfinden können, wirkt grotesk. Ermutigung zum Engagement sieht anders aus.

Gleichwohl ist die Zeichnung eines idealen Bildes der Pfarreien an sich wertvoll und sie baut auf vielen Impulsen von Papst Franziskus auf. Doch zeigt sich hier auch, wie interpretationsoffen die theologischen Aussagen des Papstes sind. Die Autoren der Instruktion verwenden sie, um mit ihnen ein rückwärtsgewandtes Kirchenverständnis zu manifes-tieren, das von inneren Widersprüchen geprägt ist. Das romantisierende Bild einer Pfarrei, die von einem Pfarrer geleitet wird und dabei missionarisch ausgerichtet und seelsorglich an der Begleitung einzelner Menschen orientiert ist, mag ein Traumbild sein. Mit der Not von Bischöfen, Priestern und ehrenamtlich Engagierten in der gegenwärtigen Kirchensituation hat es nicht viel zu tun und kann deshalb kaum als hilfreich empfunden werden. 

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