Wie arbeiten multiprofessionelle Pastoralteams?
„Bald schon mittendrin“
Sie heißen „multiprofessionelle Pastoralteams“. Im Bistum Limburg arbeiten Sozialarbeiter, Politikwissenschaftler oder Kommunikationsexperten in der Seelsorge einer Pfarrei mit. Wie funktioniert das? Eine Umfrage von Heike Kaiser.
„Ich bin keine Theologin, aber christlich sozialisiert“, antwortet Kathrin Ehrmann auf die Frage, was sie motiviert, als Nichttheologin in einem Pastoralteam zu arbeiten – in dem der Pfarrei St. Ursula Oberursel/Steinbach. Werte, Begegnung auf Augenhöhe, Würde und Respekt jedem Menschen gegenüber: „Gerne möchte ich zusammen mit dem Pastoralteam dazu beitragen, dass diese Werte gelebt und umgesetzt werden.“
Begeisterung für das Arbeiten im Sozialraum
Die Diplom-Pädagogin hat bei einer früheren Tätigkeit ihre Begeisterung für sozialräumliches Arbeiten entdeckt. Ihre Fähigkeiten bringt sie seit knapp zweieinhalb Jahren im multiprofessionellen Pastoralteam von St. Ursula ein. Ihre Kolleginnen und Kollegen haben seit Langem Erfahrungen mit der Arbeit im multiprofessionellen Team gesammelt. „Ein Pastoralreferent steht mir als Ansprechpartner zur Verfügung und unterstützt das Projekt Sozialraumorientierung“, berichtet Kathrin Ehrmann.
Es gebe auch schon mal Probleme, Unstimmigkeiten, räumt sie ein. „Die gibt es immer, wenn Menschen miteinander um den richtigen Weg ringen.“ Ehrmann ist beim Caritasverband Hochtaunus angestellt und an das Pastoralteam angebunden. „Diese zwei Strukturen bedeuten jedoch zwei Teams, zwei Netzwerke. Deshalb ist mir aus Zeitgründen nur einmal im Monat die Teilnahme am Pastoralteam-Treffen möglich. So ist eine enge Zusammenarbeit schwierig. Die multiprofessionelle Stelle ist doch eher eine add-on-Mitarbeiterin, die ab und zu vorbeischaut, ansonsten ihre eigenen Wege geht, zumal eine klar definierte Aufgabenbeschreibung fehlt.“ Trotzdem werde versucht, nachhaltige Veränderungen zu bewirken. „Neue Strukturen brauchen eben ihre Zeit“, unterstreicht Ehrmann.
„Kirche, Glaube und Gemeindeleben haben mein Leben schon immer geprägt“, sagt Pawel Meisler. Vor seiner Einstellung in der Pfarrei St. Birgid in Wiesbaden war er in der Suchtberatung des Caritasverbands tätig. „Nun bringe ich mich mit meiner Profession in das Leben, die Projekte, die Arbeit der Pfarrei ein. Ich bin in fast sämtlichen Feldern und Bereichen involviert.“
In die Gemeindearbeit hat er sich „sehr schnell und gut eingearbeitet, dank der erfahrenen Kolleginnen und Kollegen“. Es gebe keine Konkurrenzängste oder Sorgen um die eigene Rolle. „Stattdessen wurde ich sofort als gleichwertiges Mitglied aufgenommen“, lobt Meisler die Zusammenarbeit im Team. „Wir sind ständig im Austausch und reflektieren unsere Ideen und Projekte. Natürlich brauchte ich eine Zeit der Einarbeitung, doch bald schon war ich mittendrin.“
Die „Blaue Wand“ in der Pfarrei etabliert
Es ist ihm wichtig, dahin zu gehen, wo die Menschen leben – ob in der Seniorenarbeit, in der Gemeindecaritas oder in der Kinder- und Jugendarbeit. Meisler hat in der Coronazeit den Helferkreis „St. Birgid hilft“ ins Leben gerufen und in der Flüchtlingshilfe die „Blaue Wand“ etabliert: „Eine sowohl virtuelle als auch ,in echt‘ existierende Pinnwand, an der Zettelchen aufgehängt werden“, erläutert er. „So kann ich Nachfrage und Angebote für Sachspenden gut regeln.“
Barbara Steffan, seit März 2016 Sozialarbeiterin in der Pfarrei Katharina von Siena Frankfurt, hat auch vorher schon als Sozialarbeiterin gearbeitet – beim Diakonischen Werk. Ende des Jahres geht die Katholikin in den Ruhestand. „Ich versuche, meinen Beruf professionell auszuüben. Da ist es nicht wesentlich – genau so wenig wie bei einem Hausmeister, einer Pfarrsekretärin oder den Mitarbeitern in den Dezernaten des Bistums –, dass man kein Theologe ist“, unterstreicht sie. „Alle sollen zusammenwirken auf ein gemeinsames Ziel hin – mit den Talenten, die ihnen gegeben sind“, beschreibt sie ihr Verständnis eines multiprofessionellen Teams.
Das Pastoralteam sei „vorsichtig offen“ für ihr Dazukommen gewesen. „Ich wurde schnell akzeptiert“, sagt Barbara Steffan, und: „Sozialarbeit und Theologie haben jeweils eigene Logiken.“ Sie erzählt vom Gesprächskreis für „Kriegskinder“, die Angehörigen jener Generation, die im Zweiten Weltkrieg Kinder waren. „Ich übernahm die Moderation bei diesem sensiblen Thema, und eine pastorale Kollegin übernahm die Versöhnungsarbeit. Das war sehr bewegend.“
Selbstverständlich habe es auch Spannungen gegeben. Glücklicherweise war immer der gute Wille da, Differenzen zu überbrücken.“ Barbara Steffan versteht sich als Brückenbauerin: „Unterschiedliche Bereiche vernetzen, integrieren, Gegensätze überbrücken, zusammenführen.“
Von Heike Kaiser