Der Geschäftsführer des Kolpingverbandes in der Ukraine, Vasyl Savka, schilder die Situation
„Betet für den Frieden“
Die Situation in der Ukraine lässt auch die Kolpingsfamilien im Bistum Hildesheim nicht kalt. Seit einigen Jahren sind sie durch eine Partnerschaft mit Kolpingbrüdern und -schwestern in dem Land verbunden. Aktuelle Informationen kamen jetzt von Vasyl Savka.
In einem Brief schildert Vasyl Savka, Geschäftsführer des Kolpingverbandes in der Ukraine, was die Menschen in seiner Heimat angesichts der dramatischen aktuellen Entwicklung beschäftigt. Sollte Russland einmarschieren, wäre das „ein unglaublich rücksichtsloser Schritt, ein Horror für uns, weil wir nichts getan haben, um sie zu provozieren“, schreibt er. Viele Russen seien sich dessen auch bewusst, doch habe das auf die Politik Putins keinen Einfluss. Seit 2014 gebe es rund 14 000 Kriegstote zu beklagen und 2 Millionen Menschen seien innerhalb des Landes geflohen.
Trotzdem könne nicht davon gesprochen werden, dass die Ukrainer in Panik seien, schildert Vasyl Savka und nennt Beispiele: Es gebe weder Hamsterkäufe noch Warteschlangen an Tankstellen, Kraftsoff sei reichlich vorhanden und frei verfügbar, die Menschen seien ruhig mit den täglichen Angelegenheiten beschäftig. Alles in allem: „Die übliche Routine ist Ausdruck des mehr oder weniger stabilen emotionalen Zustandes. Das lässt sich auch damit erklären, dass unser Land schon seit acht Jahren den Krieg führt und wir leben damit jeden Tag.“ Allerdings seien die wirtschaftlichen Folgen bereits zu spüren – besonders durch die Abwertung der ukrainischen Währung und die damit verbundene Inflation.
Mit fast allen Kolpingsfamilien der Ukraine stehe er in Kontakt, so Vasyl Savka. Auch sie hätten für den Ernstfall Maßnahmen getroffen, die von den lokalen Verwaltungen angeordnet wurden. Die Möglichkeit, dass Russland einmarschiere, werde ruhig erwartet – verbunden mit der Bereitschaft, „das Haus zu verteidigen“.
„Seid bereit für die Aufnahme von Flüchtlingen“
Das Angebot des Hildesheimer Kolping-Diözesanverbandes, zu helfen und zu unterstützen, werde zwar mit großer Dankbarkeit zur Kenntnis genommen. Doch konkrete Hilfsaktionen seien derzeit nicht zu realisieren. Vasyl Savka: „Aber betet für eine friedliche Lösung in dieser Situation.“ Das könne sich allerdings ändern in dem Fall, dass es doch „zum schlimmsten Szenario“ kommt. Konkret nennt Savka die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine, darunter viele Familien mit Kindern.
„Wir werden alles tun, was in unseren Kräften steht“, sagt Martin Knöchelmann. Als Kolping-Beauftragter des Diözesanverbandes für internationale Partnerschaft hatte er die Beziehungen zu den ukrainischen Kolpingsfamilien mit auf den Weg gebracht. „Leider sind auch bedingt durch Corona in den vergangenen zwei Jahren nur symbolische und spirituelle Kontakte möglich gewesen“, bedauert er. Dabei sei gerade die persönliche Begegnung ein wesentlicher Bestandteil dieser Partnerschaft. „Anders als bei unseren partnerschaftlichen Kontakten mit Brasilien geht es hier nicht um Projektförderung durch Spenden, sondern um Austausch und Besuche.“ Was auf einem ermutigenden Weg war, sei nun zum Erliegen gekommen. Ausnahmen: Kontaktpflege durch Video-Chat und Mails.
Die Partnerschaft mit den ukrainischen Kolpingsfamilien ist noch jung. Sie entwickelte sich am Rande einer Europakonferenz in Bratislava (2005), wurde dann bei einem Besuch in der Ukraine im April 2011 offiziell begründet. Daraus entstanden dann die gewünschten persönlichen Beziehungen, gepflegt unter anderem durch die Kolpingsfamilien in Celle mit Lemberg, Hildesheim mit Lviv und Bavenstedt mit Tschernowitz.
Nach Angaben von Martin Knöchelmann gibt es in der Ukraine derzeit etwa 30 Kolpingsfamilien mit rund 1300 Mitgliedern, vor allem im westlichen Teil des Landes. Viele der Kolpingbrüder und -schwestern sind griechisch-katholisch.
Stefan Branahl