Bibelgruppe junger Männer
Bibel und Spaghetti
In Illingen bei Stuttgart trifft sich jeden zweiten Dienstag eine Gruppe junger Männer, die gemeinsam essen, Bibel lesen und beten. Sie suchen nach Antworten auf Lebensfragen und finden Freundschaft und Zusammenhalt.
Jojo steht in der Küche bei Matze, dem Gastgeber. Heute gibt es Spaghetti mit Tomatensoße. „Selbst gekocht“, sagt Jojo mit einem Augenzwinkern und hält das Glas eines Nudelsoßenherstellers in die Höhe. Nach und nach trudeln drei weitere Mitglieder des Hauskreises ein, damit ist die Runde für heute komplett.
Alle zwei Wochen treffen sie sich. Erst zum Essen, dann zum gemeinsamen Bibellesen und Beten. So halten sie auch Kontakt. Denn Patrick (32), genannt Paddi, wohnt bei Karlsruhe und fährt eine Stunde hierher, Gabriel (30) lebt etwa 30 Kilometer weit weg. Jojo (34) fährt rund acht Kilometer, bei Daniel (36), genannt Dani sind es 13. Sie kommen immer in der Wohnung von Matthias (28), alias Matze zusammen, seit neun Jahren schon.
Ab und zu ist Katharina, die Frau von Dani, dabei. Es waren auch schon mehr Frauen im Hauskreis. Begonnen hat alles mit einem Filmabend, der über die evangelische Jugendvereinigung „Entschieden für Christus“ angeboten wurde. Dabei haben sie sich kennengelernt und vor dem Filmegucken gekocht. So entstand die Idee, sich regelmäßig zu treffen, als Hauskreis mit gemeinsamem Abendessen.
Über die Jahre ist die Freundschaft gewachsen, zumal sie fast alle in ähnlichen Berufen bei Automobilherstellern oder Zulieferern arbeiten. Und während andere Hauskreise mit Gesang und Gebet beginnen, ist hier erst einmal das Gespräch beim Essen angesagt.
Keine Gitarrenbegleitung, aber digitale Bibeltexte
Gesungen wird hier übrigens gar nicht. Das hat einerseits mit der Unlust von ein paar der Freunde zu tun, liegt aber auch an der fehlenden Gitarrenbegleitung. Und so räumen sie nach dem Essen einfach den Tisch ab und ziehen ihre Handys hervor. Handys? Keine Bibeln? Doch, Matze hat seine gedruckte Bibel aufgeschlagen. Aber alle anderen nutzen die Bibeltexte, die sie auf dem Handy haben. „Wer weiß noch, wo wir sind?“ Sie wissen es noch, zumindest kommen sie nach einer kurzen Suche drauf.
Heute ist das erste Buch Samuel dran. Und zwar das ganze Kapitel 24. Schon lange lesen sie nicht mehr nur kurze Abschnitte. So bekomme man eher den Zusammenhang mit, in dem die Geschichten stehen, erklärt einer aus der Runde. Sie sind begeistert, dass sie auf diese Weise irgendwann einmal alle Bücher der Bibel durchgesprochen haben. Sobald Fragen auftauchen, werden sie diskutiert. Aber zuerst die Frage: „Wer will lesen?“ „Na, der, der fragt!“ Damit ist auch das entschieden.
Es ist die Geschichte von David und Saul in der Höhle. David, der von Saul verfolgt wurde, ist mit seinen Leuten über Nacht in derselben Höhle, in der Saul mit seinen Mannen sein Lager aufschlägt. Und während Davids Leute ihrem Anführer raten, Saul umzubringen, schneidet der dem König nur ein Stück von dessen Gewand ab. Und obwohl David Saul eben nicht umbringt, hat David ein schlechtes Gewissen.
„Krass, dass es ihm so arg war, den Zipfel von Sauls Gewand abzuschneiden“, sagt einer aus der Runde. Dass David lieber Gott richten lassen wollte, fasziniert. Ein anderer der Bibelleser findet es spannend, dass man auch Leuten Gutes tun kann, die man nicht mag. „Die guten Taten sind dann doch wie glühende Kohle auf das Haupt des anderen“, sinniert er. Daran entspinnt sich eine angeregte Diskussion. Irgendwann soll es weitergehen im Text. Doch einer kann nicht mehr lesen: Akku leer. Macht ja nichts, liest eben ein anderer vor. Im Anschluss diskutieren sie weiter.
Zum Schluss möchte Matze noch eine Zusammenfassung: „Was nehmen wir denn jetzt mit in die nächsten zwei Wochen?“ „Geduld haben und glauben, dass Gott handelt“, sagt einer, „ein Gespür dafür entwickeln, was von Gott ist und was nicht“, sagt ein anderer. So geht es noch ein Weilchen munter hin und her.
Danken, bitten, gemeinsam beten
Bis dann der dritte Teil des Abends beginnt. Persönliche Gebetsanliegen sammeln. Die Männer bennen ihre Probleme, sprechen aber auch darüber, wofür sie dankbar sind. Und dann senken sie ihre Köpfe zum Gebet.
Normalerweise gehen sie danach auseinander, freuen sich auf das Wiedersehen in zwei Wochen. Doch heute erzählen sie noch ein bisschen davon, was ihnen die Gruppe bedeutet. Es ist viel mehr als Freundschaft. Für manche ist der Hauskreis sogar ein Gottesdienst-Ersatz, der zudem noch viel persönlicher ist. Für andere ist es der Kreis deshalb so besonders ist, weil die Singles überwiegen. Alle schätzen sie die Verbindlichkeit ihrer Treffen. Ohne den Kreis hätten sie sich wohl schon längst aus den Augen verloren.
Sie wollen allerdings keine in sich abgeschlossene Gruppe sein, ganz im Gegenteil. Sie freuen sich darüber, dass sie inzwischen als Hauskreis offiziell zur Kirchengemeinde in Enzweihingen gehören: Ihre Kontaktdaten sind im Gemeindebrief genannt. Und sie sind gespannt, ob nicht noch neue Interessenten dazustoßen.
Nicole Marten