Anstoß 39/21

Bleiben Sie glücklich

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Es ist jetzt schon etliche Jahre her, da gab es beim „MDR Thüringen – Das Radio“ den Slogan: „Bleiben Sie glücklich.“


Das zog eine konfessionsübergreifende Diskussion nach sich unter den Sprechern der „Worte zum Tag“. „Bleiben Sie glücklich“ – ob das nicht zu seicht, sprich zu billig sei, ob das nicht völlig an der Realität vorbeiginge, ob es ohnehin nicht falsch ist, denn Glück ist erfahrungsgemäß ein flüchtiges Gefühl …
Würde man sich heute noch trauen, jemandem zu sagen: Bleiben Sie glücklich? Bestenfalls dem frischvermählten Paar oder frischgebackenen Eltern, allerdings wohl immer im lebensgeschulten Hinterkopf habend, dass auch diese Hoch-Zeiten nicht ewig anhalten. Ab wann ist man glücklich? Oder anders gefragt: Worin gründet mein Glück? Dass ich leben darf, meine Miete bezahlen kann, die Sonne heute scheint oder oder oder?
Beim Blick auf Kirche und Gesellschaft scheint es gerade sehr glücklos zuzugehen. Lese ich in den Medien, nehme ich eigentlich fast nur noch ein „schlimm, schlimm, schlimm“ wahr. An dieser Stelle sage ich klar und unmissverständlich, dass es tatsächlich Dinge gibt, die weder vernachlässigt noch relativiert werden dürfen und dass es dringend Veränderungen braucht. Aber gibt es nicht auch noch die andere Seite? Die, mit den guten Erfahrungen; und diese machen gerade keine Schlagzeilen, nicht, weil es sie nicht gibt, sondern weil sie scheinbar nicht beachtet werden.

Um es an einem von vielen Beispielen konkret zu machen: Ich hatte das Glück, in meiner Jugend Priester kennengelernt zu haben – und auch heute kenne ich welche – denen Machtspielchen fremd waren beziehungsweise sind. Die echte Seelsorger waren/sind, die mir auf meinem Glaubensweg neben anderen Menschen halfen. Durch die ich ein Gottesbild erfahren habe, dass mir die Sicht ermöglicht, kritisch die Missstände, aber auch dankbar das Gute zu sehen, und selbst aktiv zu werden. Sind wir auf einem Auge blind geworden? Das wäre schlimm, weil Frustration meistens in Resignation endet. Ist das Geschenk des Glaubens nicht ein großes Glück? Der Reichtum des Evangeliums? Die Gemeinschaft mit anderen Glaubenden in der Kirche? Dieses Glück auch zu sehen, bestärkt und rüttelt mich immer wieder auf, mich für das Evangelium einzusetzen. In diesem Sinne: Bleiben Sie glücklich!
 
Andrea Wilke, Erfurt