Anno Domini - 1994 - Vor 30 Jahren

Brandanschlag auf Synagoge in Lübeck

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Demonstranten am Tag nach dem Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge
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imago/Seeliger

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Demonstranten am Tag nach dem Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge

Die Nacht vom 24. auf den 25. März ist eine Zäsur in der Geschichte Lübecks und für das gesamte Land. Rechtsextremisten verüben den ersten Angriff auf ein jüdisches Gotteshaus seit der Nazizeit.

Lübeck: Die meisten Menschen verbinden mit der Hansestadt das Holstentor, das berühmte Marzipan oder die Stadtsilhouette mit den sieben Türmen. Doch in der Nacht auf den 25. März 1994 sollte sich das Image der Stadt mit einem Schlag wandeln. Grundlegend. Unbekannte Täter setzen die 1880 erbaute Synagoge Lübecks in Brand. Die rund 600 Mitglieder der jüdischen Gemeinde reagieren tief geschockt. 

Fast weltweit sorgt der Brandanschlag auf das Gotteshaus für Empörung. „Lübeck wird als die Stadt in die Geschichte eingehen, in der zum ersten Mal, fünfzig Jahre nach dem Ende der Nazidiktatur wieder eine Synagoge gebrannt hat, bringt Lübecks damaliger Bürgermeister Michael Bouteiller die historische Bedeutung der Tat auf den Punkt. Nach den Neonazi-Brandanschlägen in Mölln und Solingen, den Krawallen in Hoyerswerda sowie in Rostock-Lichtenhagen steht plötzlich das idyllische Lübeck in den Schlagzeilen. 

Knapp einen Monat dauert es, bis die Täter gefasst werden. Vier junge Männer, drei von ihnen stammen aus der rechtsextremen Szene. Einen Job hat nur der vierte, der wohl nicht aus antisemitischen Motiven handelte, aber ein Freund des Trios ist. „Als Kaufhausdetektiv in Hamburg hatte er noch am Abend vor dem Anschlag geholfen, einen Dieb zu überführen. Nun steht er selbst vor Gericht“, meldet damals der Spiegel. Die Männer werden zu Haftstrafen zwischen zwei und vier Jahren verurteilt. Doch zur Ruhe kommt die Hansestadt damit noch lange nicht. 

Der Anschlag ist ein Mutmacher für Gleichgesinnte. Es folgen weitere Übergriffe. Am 8. Mai 1995, dem 50. Jahrestag des Kriegsendes, brennt es erneut es auf dem Gelände der Synagoge. Ein Schuppen war angezündet worden. Der Fall wird nie aufgeklärt. Es folgt eine Briefbombe, versendet von einem österreichischen Rechtsextremisten. Die Bombe ist adressiert an Bouteillers Stellvertreter, Dietrich Szameit. Dieser hatte kurz zuvor das Urteil gegen die Synagogen-Brandstifter als zu milde kritisiert. 

Auch christliche Kirchen und Geistliche sind von der Welle der Gewalt betroffen. Nachdem der evangelische Pastor Günter Harig Geflüchteten Kirchenasyl gewährt hatte, werden Hakenkreuze an seine Kirche geschmiert, dazu die Warnung „Harig, wir kriegen dich.“ Im Mai 1997 wird schließlich die katholische St.-Vicelin-Kirche bei einem Brandanschlag zerstört. Zuvor hatten Unbekannte auch an dieses Gotteshaus Hakenkreuze sowie den Namen von Pfarrer Harig gesprüht. 

Andreas Kaiser