Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Bundestag debattiert über Sterbehilfe

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Vor einem Jahr hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot der assistierten Selbsttötung aufgehoben. Einige Abgeordnete wollen nun mit einem Gesetzesentwurf im Bundestag verhindern, dass Suizidbeihilfe ein Geschäftsmodell wird. Ihre Chancen sind gering, fürchtet CDU-Politiker Volker Kauder. 

Das Thema Sterbehilfe beschäftigt den Bundestag schon seit langem. Politiker wie der CDU-Abgeordnete Volker Kauder (hier bei einer Debatte im November 2014) wollen die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe verhindern.
Das Thema Sterbehilfe beschäftigt den Bundestag schon seit langem. Politiker wie der CDU-Abgeordnete Volker Kauder (hier bei einer Debatte im November 2014) wollen die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe verhindern.

Von Andreas Kaiser 

Nachdem das Bundesverfassungsgericht vor gut einem Jahr das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe gekippt hat, gibt es für den Bundestag keine Möglichkeit mehr, die Sterbehilfe im Sinne des christlichen Menschenbilds einzugrenzen. Dieser Auffassung ist zumindest der langjährige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und evangelische Christ Volker Kauder. 

Im Gespräch mit dieser Zeitung sagte der Jurist: „Ich sehe für eine die Sterbehilfe einschränkende Gesetzgebung im Bundestag keine Grundlage.“ Kauder bezeichnete das Urteil der Karlsruher Richter zudem als „gewagte und nach meiner Auffassung auch verfassungswidrige neue Interpretation des Grundrechts auf Selbstbestimmung“.  

Der Bundestag hatte das Verbot der gewerbsmäßigen Suizidbeihilfe Ende 2015 mit großer Mehrheit über alle Parteigrenzen hinweg beschlossen. Anfang 2020 kassierte Karlsruhe das Verbot und gestand zum Entsetzen vieler Politiker und beider Kirchen jedem Menschen das Recht auf eine assistierte Selbsttötung zu – und zwar unabhängig von Alter oder Krankheit. Unmittelbar nach dem Urteil nahmen die selbst ernannten Sterbehelfer von Dignitas und anderen Vereinen ihr umstrittenes Tun wieder auf. Sogar in Altenheimen gab es Fälle. 

Um einen Wildwuchs der kommerziellen Sterbehilfe irgendwie einzudämmen, haben jüngst mehrere Politiker, unter ihnen SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sowie die Grünen-Politikerin Renate Künast, zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidbeihilfe in Deutschland vorgelegt. Demnach sollen sich Sterbewillige zunächst einer verpflichtenden Beratung unterziehen, bevor sie bei der Selbsttötung Hilfe von Dritten in Anspruch nehmen oder sich von ihrem Arzt ein tödliches Medikament verschreiben lassen dürfen. Doch auch darin sieht Kauder keine tragfähige Lösung: „Das sind nur Hilfskonstruktionen.“ Eine überzeugende Abwehr von geschäftsmäßiger Sterbehilfe sei damit nicht möglich: „Daran ändert eine Beratungspflicht so gut wie nichts. Das sehen wir bei der Abtreibung. Auch dort gibt es eine Beratungspflicht und dennoch gibt es nahezu 100 000 Fälle jährlich.“

Auch die katholischen Bischöfe sehen keinen Spielraum mehr 

Zu einer ähnlichen Einschätzung ist auch die katholische Kirche gekommen. Nach Ansicht der Deutschen Bischofskonferenz und ihrer Rechtsberater gibt es nach dem Urteil von Karlsruhe in der Gesetzgebung für christliche Positionen, wonach das Leben von Anfang bis zum Ende unantastbar ist, keinen Spielraum mehr. 
Zwar hatte es in Berlin zuletzt immer mal wieder Gespräche christlicher Politiker von Union und SPD gegeben, die bereits 2015 das Verbot der Suizidbeihilfe auf den Weg gebracht hatten. Doch bisher blieben die Beratungen ohne Ergebnis. Nach Worten von Kauder will sich die Union nun vor einer Abstimmung über die Sterbehilfe für eine Orientierungsdebatte im Bundestag einsetzen. 

Da aber bis zur parlamentarischen Sommerpause nicht mehr viel Zeit bleibt und sich viele Blicke auf Corona richten, wird diese Debatte wohl erst in der kommenden Legislaturperiode stattfinden.