Aktionsjahr zur Enzyklika "Laudato si"
Corona-Hilfe muss grün sein
Zum fünften Jahrestag seiner Enzyklika Laudato si’ hat Papst Franziskus ein Aktionsjahr zum Klimaschutz ausgerufen. Die Warnungen in seinem Schreiben sind hochaktuell. Misereor-Chef Pirmin Spiegel fordert deshalb nun einen ökologischen Umbau der Wirtschaft.
Die Enzyklika Laudato si’ sorgte 2015 weltweit für Aufsehen. Selten hat sich ein Papst so konkret zu Umweltschutzfragen geäußert – und das Leid der Armen wie die Ausbeutung der Natur angeprangert. Zum fünften Jahrestag des Schreibens sollte es Projektwochen geben, wegen der Corona-Pandemie wurden sie abgesagt. Der Vatikan hat nun stattdessen ein Aktionsjahr aufgerufen. Denn nach wie vor ist das päpstliche Schreiben aktuell.
Das sagt auch Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Misereor: „Wir ermuntern die Kirchengemeinden, in diesem Jahr noch stärker zu schauen, was sie umsetzen können.“ So sollten die Gemeinden ihre Gebäude noch besser dämmen und nur fair gehandelte Produkte kaufen. Auch jeder Einzelne könne hinterfragen, wofür er Energie verbrauche, wo er Strom kaufe oder wie er mit Lebensmitteln umgehe, sagt Spiegel.
Solange aber nur Einzelne ihr Verhalten ändern, werden wir die Klimakrise nicht aufhalten. Die Politik muss steuern. „In der Corona-Krise haben wir erlebt, dass kurzfristig Entscheidungen möglich sind, die viel Geld kosten“, sagt Spiegel. „Jetzt, wenn es um die Nachhaltigkeit und den Klimawandel geht, kann nicht einfach gesagt werden: Das geht nicht! Wir haben gesehen, dass vieles machbar ist, wenn der politische Wille da ist.“
Die Konjunkturpakete, die von der Bundesregierung und der EU geschnürt werden, bieten eine Chance für einen ökologischen Umbau der Wirtschaft. „Wir müssen mit nachhaltigen Investitionen raus aus der Corona-Krise“, sagt der Klima-Ökonom Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. „Durch zinsgünstige und sehr lang laufende Kredite für grüne Investitionen können wir beides vermeiden: neue Schuldenfallen und dass wir uns in der fossilen Wirtschaftsweise festrennen.“
„Respektieren wir die Grenzen unseres Planeten?“
Auch Spiegel warnt: „Wenn die wirtschaftlichen Hilfen in Bezug auf Mobilität, Energie, Landwirtschaft und Konsum die falschen Anreize setzen, dann wird die Ungleichheit in der Welt noch größer werden.“ Entscheidend sei, ob die Politik weiter auf unbegrenztes Wachstum setzt: „Oder steht die Würde des Menschen an erster Stelle? Achten wir die Menschenrechte und respektieren wir die Grenzen unseres Planeten?“
Schon jetzt spüren auch wir in Deutschland die Auswirkungen des Klimawandels. Seit Monaten hat es in vielen Regionen kaum geregnet. Eine neue Studie der Nanyang Technological University in Singapur zeigt, dass der Meeresspiegel bis 2100 um einen Meter steigen könnte, wenn der Ausstoß der Treibhausgase nicht verringert wird. Bislang waren die Forscher von einem halben Meter ausgegangen. Und das sind nur zwei von vielen Problemen, die die Klimakrise der Welt bescheren wird.
Kerstin Ostendorf