Eindrücke von der Weltsynode

„Das Deutsch-Sein hinter sich lassen“

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Weltsynode
Nachweis

Die 21 jungen Erwachsenen waren während der zweiten Vollversammlung der Weltsynode zusammen mit dem BDKJ des Bistums Mainz in Rom unterwegs. (Foto: BDKJ Bistum Mainz)

21 junge Erwachsene aus dem Bistum Mainz sind nach Rom zur Weltsynode gefahren. Hautnah wollten sie am katholischen Großereignis dran sein. Ein Gespräch mit Sina Reicherts von der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) über Teilhabe, Demokratie und die Kultur des Zuhörens.

Ziel der Rom-Reise war, die Weltsynode ganz nah zu erleben. Inwiefern wurde das eingelöst?
An vielen Stellen durch unsere Gesprächspartner. Wir hatten Gespräche mit aktiven Synodenteilnehmern, aber auch mit beratenden Mitgliedern wie den Theologen Thomas Söding und Thomas Schwartz. Zudem mit Leuten, die eher im Hintergrund arbeiten, zum Beispiel mit dem Assistenten der Weltsynode Michael Berentzen und Myriam Wijlens vom Leitungsstab der Synode. Wir hatten nicht nur Einblick in die thematische Dimension, sondern auch viel in den Prozess drumherum.

Waren Sie auch in der Synodenaula?
Leider nicht. Das lag daran, dass dort gerade beraten wurde. Die Aula war von morgens bis abends gut gefüllt.

Mit welchen Bischöfen haben Sie gesprochen?
Mit Bischof Georg Bätzing, Bischof Stefan Oster und Bischof Franz-Josef Overbeck.

Bei welchen Gesprächen gab es für Sie Überraschungen?
Überraschungen weniger; an vielen Stellen tiefe Einblicke. Was ich als persönliche kleine Überraschung mitgenommen habe, war die Erzählung über den Auftritt von Papst Franziskus während der Synode: Er sei aktiv an den Gesprächen beteiligt und inhaltlich sehr präsent gewesen.

Welches Anliegen haben Sie und die Gruppe bei den Synodalen einbringen können?
Die Reisegruppe bestand vor allem aus Aktiven des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Als Jugendverband liegt es uns am Herzen, wie Kinder und Jugendliche am Prozess der Weltsynode teilhaben können. Dieser Prozess ist ja viel größer als die Konferenz selbst. Zum Schluss wird es darum gehen, die Ergebnisse in die verschiedenen Gesellschaften der Welt zu vermitteln. Durch unsere Präsenz in Rom haben wir gezeigt: Das ist ein Thema, das junge Menschen doch noch interessiert. Auch wenn viele das nicht denken. Außerdem geht es uns um die Rolle der Frau in der Kirche: Ein Thema, das viele bei uns in Deutschland umtreibt. Auch die Frage nach Dezentralisierung ist wichtig: Inwiefern können Entscheidungsprozesse dezentralisiert ablaufen?

Was heißt dezentrales Entscheiden? Wie könnte das für den BDKJ im Bistum aussehen?
Die Frage ist: Wie bekommt man demokratische Strukturen in die Kirche hinein? Die Kirche ist keine Demokratie, das muss sie auch an vielen Stellen nicht sein. Sie ist auf dem Weg, für sich eine ganz eigene Regierungsform zwischen Monarchie und Demokratie zu finden. Aus der Sicht des BDKJ ist es ein großes Anliegen, mehr demokratische Strukturen zu schaffen. Das heißt, mehr Mitbestimmung und Beteiligungsmöglichkeiten. Dazu gehört auch die Möglichkeit, die Entscheidungsgewalten und mehr Verantwortung zu verteilen, gerade bei uns vor Ort, in den Diözesen, in den Pfarreien.

Wie kam das Anliegen an? 
Bei unseren Gesprächspartnern sehr gut. Man merkt, dass die deutsche katholische Kirche sehr auf diese Dezentralisierungsprozesse baut und hofft. Der internationale Blick ist sehr stark abhängig davon, wen man gerade fragt. Je nach Kulturkreis wünschen sich manche mehr Dezentralität, manche mehr Zentralität. Und jetzt muss geschaut werden, wie es einen sinnvollen Kompromiss geben kann. 

Sie sind das zweite Mal zur Weltsynode mitgefahren. Welche neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen? 
Ich habe ein viel klareres Verständnis davon bekommen, was Synodalität sein kann. Ich habe gelernt, dass Prozesse sehr lange brauchen, gerade dieser Kulturwandel: mehr aufeinander hören, nicht immer nur Vorwürfe machen und auch mal offen für neue Ideen sein. Das braucht sehr viel Übung, aber die Veränderung hat im positiven Sinne begonnen. Bei dieser Weltsynode werden nicht die Riesenergebnisse herauskommen. Ich persönlich glaube nicht, dass am Ende steht: Frauen dürfen jetzt geweiht werden. Ich denke, dass das für den Moment okay ist, weil ich weiß: Intern läuft gerade viel mehr.

Was haben Sie noch gelernt? 
Wir Deutschen haben die Tendenz, sehr streitlustig zu sein, unsere Standpunkte zu haben und sehr gerne darauf beharren zu wollen, dass wir jetzt gerne Veränderung hätten. Durch den Austausch kommt man darauf: Ich muss verstehen, wie so eine Weltkirche funktioniert, um eine Weltkirche verändern zu wollen und zu können. Vielleicht muss man ein bisschen das Deutsch-Sein hinter sich lassen und über den eigenen Horizont hinausschauen.

Was ist Ihr Vorschlag, um die Prozesse der Weltsynode zu verbessern? 
Wir hatten das Gefühl, dass die Weltsynode, wie sie in Deutschland vermittelt wird, nicht super anschlussfähig ist. In den Medien ist sie deutlich unterrepräsentiert. Sie kommt nicht wie dieses Weltereignis herüber, das sie eigentlich ist. Wir haben es beim Synodalen Weg in Deutschland gemerkt, dass es sehr schwierig ist, die Ergebnisse verständlich aufzuarbeiten. Es sollte Formate in den Medien geben für Menschen, die nicht den theologischen Hintergrund haben und auch nicht die zehn bis zwölf Zwischenberichte mit vielen Seiten durchlesen wollen. Formate, die die Ergebnisse vielen Menschen in einer einfachen, verständlichen Sprache vermitteln können. 
 

Mehr Informationen zur Weltsynode auf: www.dbk.de

Das Gespräch führte Anja Weiffen.

Zur Person

Sina Reicherts engagiert sich in der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) im Bistum Mainz und gehört zur Diözesanleitung. Die 24-Jährige studiert Buchwissenschaften in Mainz. Sie stammt ursprünglich aus Duisburg.