Bilder vom Ende Welt in der Bibel
Das Ende kommt
Es sind Bilder vom Ende der Welt, die heute und an den kommenden Sonntagen verkündet werden. Das Ende von allem, das wir kennen, und der Beginn von etwas ganz Neuem. Was sagt die Physik dazu? Und was sagt die Theologie?
„Leben auf dieser Erde unter erträglichen Bedingungen gibt es noch maximal eine Milliarde Jahre“, sagt Stefan Bauberger. „Vielleicht ist auch in hundert oder zweihundert Millionen Jahren schon Schluss, das weiß man nicht so ganz genau. Aber auf jeden Fall ist die Erde endlich.“
Dass die Sonne sich verfinstert, wie es im Evangelium heißt, gilt inzwischen als unwahrscheinlich, sagt der Jesuit, der ein Diplom in Theologie hat, einen Doktor in Physik und sich als Professor an der Philosophischen Hochschule der Jesuiten in München mit den Grenzfragen von Naturwissenschaft und Theologie beschäftigt. Im Gegenteil: Die Sonne wird nicht dunkler, sondern heller. „Die Sonne wird im Laufe der Jahrmillionen immer heißer; sie wird sich aufblähen und irgendwann die Erde verschlucken“, so Bauberger. Es würde auch kein Ausweg sein, sich auf andere Planeten zurückzuziehen. „Der Kosmos existiert weiter, unendlich“, sagt er. „Das Leben aber nicht.“ Die zunehmende Entropie, also Unordnung, sei dafür der Grund.
Hundert Millionen Jahre Minimum: Das klingt erst mal ganz beruhigend. „Wenn wir uns nicht vorher selbst ausgelöscht haben“, sagt Bauberger. „Und dieses Szenario ist nicht so ganz unwahrscheinlich.“ Dabei hätte die Erde durchaus die Ressourcen, zehn Milliarden Menschen am Leben zu erhalten. „Aber nicht bei unserem westlichen Lebensstil.“ Das Problem sei deshalb nicht die Natur. „Das Problem ist die Gier des Menschen.“
Jesus empfiehlt den Vergleich mit dem Feigenbaum. „Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht.“ Sind die momentanen klimatischen Veränderungen solche Zeichen?
Ganze Länder werden im Meer verschwinden
„Man darf nicht jedes Wetterphänomen überinterpretieren“, sagt der Physiker. „Aber die zunehmende Häufigkeit starker Stürme, der Anstieg der Temperaturen und des Meeresspiegels – das sind schon Anzeichen, dass sich etwas ernsthaft verändert.“ Damit stehe das Ende der Welt noch nicht unmittelbar bevor, schon gar nicht in Mitteleuropa, das, so Bauberger, „noch relativ gut dran ist“. Anders sieht es etwa in Bangladesch aus und in anderen Ländern, die etwa in Flussdeltas liegen. „Da müssen wir uns schon fragen, ob wir bereit sind, in Zukunft ein paar Millionen Bangladeschis aufzunehmen, deren Land dann im Meer verschwunden sein wird.“
Für uns klingt das alles nach Horrorszenarien. Für die Menschen zur Zeit Jesu war das aber anders. „Die ersten Christen waren unterdrückt und verfolgt. Das irdische Leben, wie sie es kannten, war von Feindschaft geprägt“, sagt Bauberger, der Theologe. „Da war die Aussicht auf die Zerstörung dieser Erde keine Bedrohung, sondern eher eine Verheißung.“ Auch, wenn das erwartete Ende ein „totaler Bruch ist mit all dem, was wir kennen“.
Was danach kommt? „Dafür gibt es keine naturwissenschaftliche Basis“, so Bauberger. „Das können wir nur im Sinne eines Vertrauens hinnehmen, der Hoffnung, dass Gott immer größer ist und stärker als der Tod.“ Das gilt für das Ende der Welt genauso wie für das Ende des Einzelnen, für den individuellen Tod. „Ich denke, das Evangelium meint beides“, sagt Bauberger. „Und für beides gilt auch: Es gibt am Ende Kontinuität und Diskontinuität.“ Soll heißen: Es gibt einen totalen Bruch – aber irgendetwas geht auch weiter.
Den totalen Bruch, sagt Bauberger, „den sollte man nicht verharmlosen“. Wenn ein Mensch stirbt, geht unwiderruflich etwas zu Ende. „Jesus sagt: Das Weizenkorn muss sterben. Das stimmt. Es stirbt und ist nicht mehr wie vorher.“ Deshalb will er den Tod auch „nicht verharmlosen“. „Wir hier im Westen neigen zu einer Übersteigerung des Individuums“, sagt er. Als ob das Leben in Gottes Reich quasi etwas anders, aber ungebrochen weiterginge. „Tatsächlich ist der Tod aber ein echtes Ende“, sagt er. Was danach kommt, weiß nur Gott.
Genauso ist es mit dem Ende der Welt. „Das wird ein echter Bruch sein“, sagt Bauberger. „Da geht es nicht darum, auf einem höheren geistigen Level weiterzuleben, vielleicht unseren Geist auf einen Computer zu übertragen oder auf einen anderen Planeten.“ Christliche Erlösung sei nicht „Höherentwicklung“. Da komme vielmehr das „ganz Andere“, von dem wir keine Vorstellung haben und wo die Physik am Ende ist.
Ist es schlimm, wenn die Menschheit untergeht?
Bleibt die Frage, ob der Weltuntergang eigentlich so schlimm wäre – aus der Perspektive Gottes. Er ist doch Herr über die gesamte Schöpfung, über die unendlichen Weiten, über außerirdisches Leben auf fremden Planeten. Macht das was, wenn der Mensch sich selbst auslöscht? „Ja, das macht was aus“, sagt Bauberger. Die Menschheitsgeschichte sei wichtig, denn schließlich sei Gott Mensch geworden. „In Jesus Christus zeigt sich: In jedem Menschen ist ein Stück von Gott.“
Deshalb sind die Evangelien vom Weltende auch nicht nur Ausblick auf zukünftige Erlösung. Sie sind auch ein Aufruf, das Hier und Jetzt zu gestalten zum Wohle der Menschheit. Denn schließlich heißt es am Ende des Textes: „Jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.“ Vielleicht sind es ja noch Millionen Jahre, die es zu gestalten gilt.
Susanne Haverkamp