Anfrage
Das Läuten bei den Einsetzungsworten
Klingeln Messdiener heute nicht mehr im Gottesdienst, zum Beispiel bei der Wandlung? U. G., Eggermühlen
Doch, sie klingeln – nur nicht überall. Denn ob oder ob nicht, ist ein bisschen Geschmacksache.
Der Blick ins Messbuch zeigt: Vorgeschrieben ist das Läuten nicht, aber möglich. In der Nummer 109 der „Allgemeinen Einführung“ heißt es: „Kurz vor der Konsekration kann ein Altardiener ein Glockenzeichen geben; wo es Brauch ist, auch beidesmal, wenn der Zelebrant dem Volk die konsekrierten Gestalten zeigt.“ Genauso wird es vermutlich in der Mehrheit der Gemeinden geschehen.
Doch warum und seit wann wird überhaupt geläutet? Für eine Antwort muss man weit zurück ins Mittelalter schauen. Zwei Aspekte begegnen sich hier: die hohe Wertschätzung der Wandlung bis hin zu einem magischen Verständnis und die Art, Messe zu feiern.
Letzteres ist leicht zu verstehen und galt bis ins 20. Jahrhundert hinein: Solange die Messe auf Latein gefeiert wurde, der Priester das Hochgebet unhörbar betete und er zudem am Hochaltar mit dem Rücken zum Volk stand, war das Läuten schlicht ein Zeichen der Aufmerksamkeit: Jetzt, liebe Gläubige, passiert es, jetzt ist Wandlung! Ohne Glöckchen hätte das sonst niemand wahrnehmen können.
Hinzu kommt, dass der Augenblick der Wandlung ab dem Mittelalter stark überhöht wurde. Wichtig war nicht die ganze Messe, sondern nur der eine Augenblick. Allein die Hostie zu sehen (der Kelch war nicht so wichtig), wurde mit magischen Wirkungen in Verbindung gebracht. Wegen dieser sogenannten Schaufrömmigkeit führte man die Erhebung der Hostie ein, auch die Beweihräucherung, das anbetende Niederknien. Und eben das Läuten, um den Moment nicht zu verpassen.
Dieses Denken wirkte lange nach. Noch im 20. Jahrhundert waren manche überzeugt, dass es reicht, zur Wandlung in der Kirche zu sein, und das erste Läuten war so etwas wie das Klingeln in der Schule: Jetzt aber rein!
Heute sieht und hört jeder, wann Wandlung ist, und wir wissen, dass nicht nur die Einsetzungsworte wichtig sind. Eine Warnung zur Aufmerksamkeit brauchen wir nicht mehr. Aber ist das ein Grund, eine liebgewonnene Tradition zu begraben?
Susanne Haverkamp