Bischöfe äußern sich nach Münchner Missbrauchsgutachten

Debatte über Reformen geht weiter

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Es geht um die Rolle von Benedikt XVI. und um das kirchliche Arbeitsrecht. Massive Veränderungen fordert etwa der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick.

Foto: kna/Dieter Mayr
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Die Debatte über Reformen in der katholischen Kirche hat sich am Wochenende fortgesetzt. Dabei ging es auch um die Rolle des emeritierten Papstes Benedikt XVI. sowie das kirchliche Arbeitsrecht.

Massive Veränderungen forderte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Dem "Fränkischen Tag" sagte er, Benedikt XVI. habe als Präfekt der Glaubenskongregation und später als Papst viele gute Initiativen für Aufklärung ins Leben gerufen. "Als Erzbischof von München und Freising und auch nach dieser Zeit hat er Fehler begangen und Schuld auf sich geladen". Der emeritierte Papst solle "zu den Fehlern, dem Versagen und der Schuld stehen", dürfe jedoch "auf seine guten Initiativen und Leistungen" hinweisen.

Schick forderte systemische Veränderungen, auch im Vatikan. Die Leitungsämter von Bischöfen, Pfarrern und Seelsorgern sowie in den Pfarreiverwaltungen und Ordinariaten sollten auf Zeit vergeben werden, "zum Beispiel sieben Jahre", sagte er. Begleitet werden sollten sie von Beratungs- und Aufsichtsgremien. Gleichzeitig müssten demokratische Mitbestimmungsstrukturen gestärkt werden. Das gelte auch für die Kurie in Rom, so Schick. Grundlage aller Veränderung müsse eine "geistig-geistliche Erneuerung" sein.

Im Hinblick auf die Initiative #OutInChurch, bei der sich 125 queere Menschen im Dienst der Kirche öffentlich geoutet hatten, versicherte der Erzbischof, dass in Bamberg alle Menschen, gerade die Hauptamtlichen, angstfrei leben und arbeiten könnten. Wenn queere kirchliche Mitarbeiter sich outeten, hätten sie nicht mit Kündigung zu rechnen.

Erzbischof Burger fordert "umfassenden Kulturwandel"

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger zeigte sich erschüttert über die Ergebnisse des Münchner Missbrauchsgutachtens. In der "Badischen Zeitung" forderte er einen "umfassenden Kulturwandel". Die Kirche habe auch durch die Diskriminierung Homosexueller "Schuld auf sich geladen" und müsse ihr Arbeitsrecht überarbeiten.

Auch der Berliner Erzbischof Heiner Koch und die Berliner Caritas sprachen sich für eine Reform des Arbeitsrechts aus. "Alle queeren Mitarbeitenden brauchen Rechtssicherheit", sagte Caritas-Direktorin Ulrike Kostka dem rbb. Koch sagte dem Sender, das kirchliche Arbeitsrecht werde derzeit bereits überprüft. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in dieser Frage nicht deutliche Änderungen vornehmen."

Dem "Tagesspiegel" sagte Koch, er könne sich auch verheiratete Priester vorstellen. Ehelosigkeit müsse "nicht der ausschließliche Weg zum priesterlichen Dienst sein". Mit Blick auf den emeritierten Papst sagte Koch, er erwarte, dass Benedikt XVI. um Entschuldigung bitte. Benedikt XVI. hatte vergangene Woche seine Angabe korrigiert, er habe als Erzbischof an einer wichtigen Sitzung nicht teilgenommen, in der es um den Einsatz eines Missbrauchspriesters in Bayern ging. Für Kritik hatten außerdem seine Äußerungen zu einem Priester gesorgt, der vor minderjährigen Mädchen sexuelle Handlungen vorgenommen hatte.

Der Passauer Bischof Stefan Oster verteidigte den emeritierten Papst Benedikt XVI. hingegen. "Ich sehe den oder die Fehler, ich sehe den alten Mann und ich sehe seine Lebensleistung (auch in der innerkirchlichen Bekämpfung von sexuellem Missbrauch!) - und meine sachlich begründete Wertschätzung für ihn bleibt dadurch unverändert", schreibt Oster am Sonntag auf seiner Internetseite.

Die Einlassungen zum Missbrauchsgutachten trügen zwar Benedikts Unterschrift. Sie hätten "aber mehr den Charakter einer juristischen Verteidigungsschrift, als dass sie sprachlich und geistig-geistlich das gewohnte Ratzinger-Niveau hätten". Benedikts kurz danach erfolgte Korrektur zeige, "dass sich der 94jährige emeritierte Papst offenbar auf Mitarbeiter verlassen hatte, die ausgerechnet im entscheidenden Punkt einen entscheidenden Fehler begingen".

Oster kritisierte zugleich eine "medial so groß gemachte Geschichte mit der angeblichen Lüge eines 94jährigen Mannes". Die "Skandalisierung solle sein gesamtes Lebenswerk diskreditieren". Der Bischof stellte die Frage, ob damit die Kirche als Ganzes getroffen oder ob die Kritiker innerkirchlich für "eine ganz andere Kirche" sorgen wollten. 

kna