Boliventag 2022

Der Preis der E-Mobilität

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Hier ein gutes Gewissen wegen des Einsatzes von Elektro-Autos – dort Umweltschäden durch den Abbau der nötigen Rohstoffe. Auch das war ein Thema beim Bolivientag des Bistums.

Dietmar Müßig und Birgit Götte, Koordinatorin der Bolivienpartnerschaftsgruppe Winsen im Gespräch.
Dietmar Müßig und Birgit Götte, Koordinatorin der
Bolivienpartnerschaftsgruppe Winsen im Gespräch.

Glasklar ist das Wasser aus dem Jordan, ebenso wie das aus dem See Genezareth in dem Fläschen direkt daneben. Ein Unterschied? Auf den ersten Blick nicht zu sehen. Und auch das Wasser aus dem Amazonas sieht den beiden Proben aus dem heiligen Land zum Verwechseln ähnlich. Ganz anders dagegen die Tropfen aus dem Pietzmoor, mitten in der Lüneburger Heide. Moorbraun, undurchsichtig ist es, sauer, aber gerade deswegen für bestimmte Arten unverzichtbar. Aber – welches Wasser ist denn nun heilig? Alle oder gar keins? Oder doch nur das gesegnete Weihwasser aus dem Hildesheimer Dom? 

„Eine Gabe Gottes zum Leben“

Für die finnische Künstlerin Tea Mäkkipää zumindest ist das keine Frage: Alles Wasser ist holy water, heiliges Wasser, sagt sie beim Bolivientag des Bistums Hildesheim in Winsen/Luhe. Dort ging alles um „Wasser – Gabe Gottes zum Leben“.

Doch neben den inhaltlichen Aspekten stand nach der Corona-Zwangspause natürlich ganz besonders wieder die Begegnung im Mittelpunkt. Denn diesmal waren Gäste aus Bolivien zu Besuch – insgesamt 32 besuchen im Rahmen der Bolivienpartnerschaft die Bistümer Trier und Hildesheim, sind in Gastfamilien unterbracht, 14 waren beim Bolivientag dabei. 

Dazu gab es neben den Workshops zum Thema, die überwiegend von den Gästen aus Bolivien gestaltet wurden, und einem Gottesdienst in der Kirche Guter Hirt, eine Fiesta zu bolivianischer Live-Musik.

Das Bistum unterhält bereits seit 1987 eine Partnerschaft mit der Kirche im südamerikanischen Bolivien, das gerade einmal knapp zwölf Millionen Einwohner hat, aber ungefähr dreimal so groß ist wie Deutschland. Im vergangenen Jahr erst wurde der Partnerschaftsvertrag erneuert und bis 2030 verlängert. Dabei geht es um mehr als Geld nach Bolivien zu schicken. 

„Wir wollen uns als Geschwister verstehen, als Partner auf Augenhöhe“, betont Dietmar Müßig, der Leiter des Referats Weltkirche. Slogan in Hildesheim sei darum von Anfang an „Partnerschaft statt Patenschaft“. So geht es neben der Unterstützung ganz besonders um den direkten Austausch zwischen den Menschen hier und dort, zwischen Gruppen, Pfarreien, auch Schulen, um sich für das Leben und den Glauben der anderen zu interessieren. 

Denn der Austausch sei keine Einbahnstraße: „Auch wir in Deutschland können viel lernen“, so die Erfahrung Müßigs. „Spontanität, Flexibilität zum Beispiel – in Bolivien gibt es immer eine Lösung –, aber auch Herzlichkeit und Unmittelbarkeit.“ Das gelte für den Alltag, aber auch für das Kirchenleben und die Gottesdienste. „In Bolivien wird oft und gern getanzt“, nennt er ein Beispiel.

Viele enge Verbindungen

Waldo Rojas (links) und Pater Franz Bejerano erläutern beim Bolivientag das Verständnis von „heiligem Wasser“.
Waldo Rojas (links) und Pater Franz Bejerano erläutern
beim Bolivientag das Verständnis von „heiligem Wasser“.

Und trotz der Entfernung von mehr als 10 500 Kilometern – das südamerikanische Land ist näher als man denkt, Deutschland und Bolivien haben viel engere Verbindungen als es auf den ersten Blick scheint. Genau diese Aspekte sollen im Rahmen der Partnerschaft ebenfalls deutlich werden. So ist das südamerikanische Land besonders vom Klimawandel betroffen, Dürre und Wassermangel ein besonderes Problem – umso aktueller auch das Thema des Bolivientags.

„Es ist immer noch so, dass wir auf der Nordhalbkugel vielfach auf Kosten der Menschen im Süden leben“, verdeutlicht Müßig. „Unser Lebensstil in Deutschland hat durchaus Auswirkungen auf die Partner.“ So brenne der Regenwald in Bolivien nicht zuletzt deshalb, weil die Menschen in Deutschland auch ständig billiges Fleisch kaufen wollen. Nicht umsonst gab es daher beim Bolivientag auch bewusst vegetarisches Essen, „auch wenn das für unsere bolivianischen Gäste ein wenig gewöhnungsbedürftig war“, sagt Müßig.  

Und während in Deutschland E-Autos einen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollen, führt der extrem wasserintensive Abbau des dafür nötigen Lithiums in Südamerika dazu, dass der Grundwasserspiegel sinkt, angrenzende Flüsse und Vegetation vertrocknen.

Der Wassermangel spielt auch in den Gemeinden eine große Rolle, wie Pater Simon Dias im Gottesdienst deutlich macht. „Wir alle sind Teil dieser Schöpfung und so hoffen wir, dass unser Glaube an Jesus als Quelle und Wasser des Lebens dazu führt, die Heiligkeit und Notwendigkeit des Wassers für alle Geschöpfe zu erkennen und gemeinsam sowohl für die Bewahrung des Wassers, das wir täglich trinken als auch für Jesus als Quelle zu arbeiten.“

Andres Wulfes