Neue kirchliche Berufe
Die Kirche und ihr Personal
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Neue kirchliche Berufe sind oft in der Praxis durch Entdecken von Charismen entstanden. Für die Zukunft der Ortskirchen werden sich Seelsorgeberufe weiter verändern müssen. Eine Tagung in Erfurt ging solchen Fragen nach.
Teilnehmer während der Tagung in Erfurt. Foto: privat |
Wie sehen kirchliche Berufe der Zukunft aus? Welche Konstellationen von Aufgaben, Diensten und Ämtern sind sinnvoll? Wie fördert die Kirche ihre Mitarbeiter? Um derartige Fragen ging es bei einer Tagung zum Thema: „Die Kirche und ihr Personal. Auf der Suche nach zukunftsfähigen Profilen und Identitäten seelsorglicher Berufe“. 60 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet waren am 26./27. Oktober einer Einladung des Theologischen Forschungskollegs an der Universität Erfurt in das Bildungshaus St. Ursula gefolgt. Die Veranstaltung war von Promovierenden der Erfurter Theologischen Fakultät vorbereitet worden.
Dass bereits der Weg zu den heutigen kirchlichen Berufen jenseits des Priesteramtes schwierig war, erläuterten die Kirchenhistoriker Andreas Henkelmann, Bochum, und Sebastian Holzbrecher, Erfurt/Mainz. Die Berufsbilder blieben immer in Entwicklung. Unklarheiten in der Umschreibung der Aufgaben, der Schutz priesterlicher Identität, das immer neue Ringen um die Unterscheidung von Amt und Dienst, Welt- und Heilsdienst begleiten die Genese dieser Berufe im 20. Jahrhundert. Letztlich ist in den Berufsfeldern von Pastoral- oder Gemeindereferenten immens viel für die Seelsorge geleistet worden. Beachtlich ist, wie ein Seelsorgesystem in der ostdeutschen Diaspora mit entsprechenden Berufen aufgebaut werden konnte. Samuel-Kim Schwope, Dresden/Erfurt, untersuchte aus liturgiewissenschaftlicher Sicht die Sendungs- und Beauftragungsfeiern von Gemeinde- und Pastoralreferenten. Status und Berufsbild werden in den Feiern sichtbar. Es gibt im Ritus Ähnlichkeiten zur Priesterweihe. In der Diskussion wurde kritisch gefragt, ob das ein Problem sei und ob die Praxis dieser Feiern, die von den Diözesen verantwortet werden, nicht theologische Aussagekraft besitze.
Der emeritierte Hildesheimer Dogmatiker Guido Bausenhart sprach von der Aufgabe pastoraler Dienste für den Aufbau des Glaubens im Leib Christi. Das Handeln in besonderer Kompetenz sei an den Grundauftrag der Kirche gebunden. Wie zuvor andere Referenten wies Bausenhart auf das Handeln der Mitarbeitenden aus persönlicher Identifikation hin. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller entwickelte vom kanonischen Recht her die These, dass der Pfarrer in ein Kollegium pastoraler Mitarbeiter eingebunden ist. Damit tragen die pastoralen Dienste gemeinsam mit dem Pfarrer die Seelsorge, der, so Schüller, kein „Einzelkämpfer“ sei. Welchen Anforderungen die Mitarbeiter der Kirche ausgesetzt sind, zeigte anhand empirischer Daten der Paderborner Pastoralpsychologe Christoph Jacobs. Wer heute in der Seelsorge tätig sei, brauche eine an Charismen orientierte Persönlichkeitsentwicklung und müsse die eigenen Ressourcen realistisch einschätzen können. Michael Böhnke, Systematischer Theologe in Wuppertal, entwickelte für Wege in die Zukunft pneumatologische Perspektiven. Eine Kirche, die dem Geist folge, habe Charismen anzuerkennen, da von allen seelsorglich Geleiteten eine besondere Autorität ausgehe.
Dass bereits der Weg zu den heutigen kirchlichen Berufen jenseits des Priesteramtes schwierig war, erläuterten die Kirchenhistoriker Andreas Henkelmann, Bochum, und Sebastian Holzbrecher, Erfurt/Mainz. Die Berufsbilder blieben immer in Entwicklung. Unklarheiten in der Umschreibung der Aufgaben, der Schutz priesterlicher Identität, das immer neue Ringen um die Unterscheidung von Amt und Dienst, Welt- und Heilsdienst begleiten die Genese dieser Berufe im 20. Jahrhundert. Letztlich ist in den Berufsfeldern von Pastoral- oder Gemeindereferenten immens viel für die Seelsorge geleistet worden. Beachtlich ist, wie ein Seelsorgesystem in der ostdeutschen Diaspora mit entsprechenden Berufen aufgebaut werden konnte. Samuel-Kim Schwope, Dresden/Erfurt, untersuchte aus liturgiewissenschaftlicher Sicht die Sendungs- und Beauftragungsfeiern von Gemeinde- und Pastoralreferenten. Status und Berufsbild werden in den Feiern sichtbar. Es gibt im Ritus Ähnlichkeiten zur Priesterweihe. In der Diskussion wurde kritisch gefragt, ob das ein Problem sei und ob die Praxis dieser Feiern, die von den Diözesen verantwortet werden, nicht theologische Aussagekraft besitze.
Der emeritierte Hildesheimer Dogmatiker Guido Bausenhart sprach von der Aufgabe pastoraler Dienste für den Aufbau des Glaubens im Leib Christi. Das Handeln in besonderer Kompetenz sei an den Grundauftrag der Kirche gebunden. Wie zuvor andere Referenten wies Bausenhart auf das Handeln der Mitarbeitenden aus persönlicher Identifikation hin. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller entwickelte vom kanonischen Recht her die These, dass der Pfarrer in ein Kollegium pastoraler Mitarbeiter eingebunden ist. Damit tragen die pastoralen Dienste gemeinsam mit dem Pfarrer die Seelsorge, der, so Schüller, kein „Einzelkämpfer“ sei. Welchen Anforderungen die Mitarbeiter der Kirche ausgesetzt sind, zeigte anhand empirischer Daten der Paderborner Pastoralpsychologe Christoph Jacobs. Wer heute in der Seelsorge tätig sei, brauche eine an Charismen orientierte Persönlichkeitsentwicklung und müsse die eigenen Ressourcen realistisch einschätzen können. Michael Böhnke, Systematischer Theologe in Wuppertal, entwickelte für Wege in die Zukunft pneumatologische Perspektiven. Eine Kirche, die dem Geist folge, habe Charismen anzuerkennen, da von allen seelsorglich Geleiteten eine besondere Autorität ausgehe.
Menschen mit Hoffnung und Realitätssinn nötig
Wie groß die Schwachstellen der Kirche sind, wenn es um Ämter und Dienste geht, machte der Berliner Generalvikar P. Manfred Kollig deutlich. In der Kirche, so Kollig, werden nicht hinreichend und alltagstauglich erfahrbar, dass sich Menschen mehr erhoffen als in anderen Bereichen der Gesellschaft. Die Kirche sei auf beziehungsfähige und sensible Menschen mit Realitätssinn und Hoffnung angewiesen. Eindrucksvoll zeigte Albert-Peter Rethmann vom Krankenhausträger Barmherzige Brüder Trier, wie eine wertschätzende christliche Unternehmenskultur heute gelingen kann, wenn Kompetenz, Transparenz und Gesprächskultur sowie das Interesse an der Entwicklung der Mitarbeitenden zusammenkommen. Viele Diözesen könnten von einem solchen Unternehmen noch lernen, meinten Teilnehmer dazu. Der Pastoral-
theologe Jan Loffeld, Mainz, sah Gemeinde und damit die Bezeichnung „Gemeindereferent“ in die Krise gekommen. Seelsorge sei in neuen Kategorien zu denken. Wie andere Tagungsteilnehmer plädierte Loffeld dafür, Gemeindereferenten in Seelsorger umzubenennen und so ihre Rolle und ihren Ort in der Seelsorge neu zu begreifen.
Eine Gemeindereferentin, der Regens des Erfurter Priesterseminars und eine Studentin gaben persönliche Statements. Nachdenklich stimmte besonders die Studentin, die nicht nur berichtete, wie sie sich in ihrem persönlichen Umfeld wegen ihrer Entscheidung, für die Kirche zu arbeiten, rechtfertigen muss. Sie machte zugleich deutlich, dass junge Theologen in der Kirche kreative Arbeitsfelder, Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, natürlich Familienfreundlichkeit und Wertschätzung erwarten. Dass das nicht durchgängige Erfahrung ist, wurde in den Diskussionen der Tagung deutlich.
Die fachlich breit angelegte Veranstaltung bot den Teilnehmern die Möglichkeit, sich mit dem Thema der seelsorglichen Berufe aus einer Vielzahl von Fachdisziplinen auseinanderzusetzen. In den Vorträgen und Diskussionen wurde deutlich: Die Schaffung neuer Personalstrukturen und der Umgang mit dem Menschen, die zum Dienst in der Kirche berufen sind, gehört zu einer zentralen Herausforderung der Kirche in Deutschland. Schon in der Geschichte musste die Kirche in diesem Handlungsfeld immer wieder experimentieren und kreative Wege einschlagen. Dies ist auch in der heutigen Situation nötig. Dazu gehört, dass sich im Verständnis des Personals ein Paradigmenwechsel vollzieht: Das Volk Gottes sollte sich als eigenständige Größe erkennen und den Dienst in der Kirche im Sinne einer Zusammenarbeit und nicht nur einer Mitarbeit verstehen.
Wie groß die Schwachstellen der Kirche sind, wenn es um Ämter und Dienste geht, machte der Berliner Generalvikar P. Manfred Kollig deutlich. In der Kirche, so Kollig, werden nicht hinreichend und alltagstauglich erfahrbar, dass sich Menschen mehr erhoffen als in anderen Bereichen der Gesellschaft. Die Kirche sei auf beziehungsfähige und sensible Menschen mit Realitätssinn und Hoffnung angewiesen. Eindrucksvoll zeigte Albert-Peter Rethmann vom Krankenhausträger Barmherzige Brüder Trier, wie eine wertschätzende christliche Unternehmenskultur heute gelingen kann, wenn Kompetenz, Transparenz und Gesprächskultur sowie das Interesse an der Entwicklung der Mitarbeitenden zusammenkommen. Viele Diözesen könnten von einem solchen Unternehmen noch lernen, meinten Teilnehmer dazu. Der Pastoral-
theologe Jan Loffeld, Mainz, sah Gemeinde und damit die Bezeichnung „Gemeindereferent“ in die Krise gekommen. Seelsorge sei in neuen Kategorien zu denken. Wie andere Tagungsteilnehmer plädierte Loffeld dafür, Gemeindereferenten in Seelsorger umzubenennen und so ihre Rolle und ihren Ort in der Seelsorge neu zu begreifen.
Eine Gemeindereferentin, der Regens des Erfurter Priesterseminars und eine Studentin gaben persönliche Statements. Nachdenklich stimmte besonders die Studentin, die nicht nur berichtete, wie sie sich in ihrem persönlichen Umfeld wegen ihrer Entscheidung, für die Kirche zu arbeiten, rechtfertigen muss. Sie machte zugleich deutlich, dass junge Theologen in der Kirche kreative Arbeitsfelder, Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, natürlich Familienfreundlichkeit und Wertschätzung erwarten. Dass das nicht durchgängige Erfahrung ist, wurde in den Diskussionen der Tagung deutlich.
Die fachlich breit angelegte Veranstaltung bot den Teilnehmern die Möglichkeit, sich mit dem Thema der seelsorglichen Berufe aus einer Vielzahl von Fachdisziplinen auseinanderzusetzen. In den Vorträgen und Diskussionen wurde deutlich: Die Schaffung neuer Personalstrukturen und der Umgang mit dem Menschen, die zum Dienst in der Kirche berufen sind, gehört zu einer zentralen Herausforderung der Kirche in Deutschland. Schon in der Geschichte musste die Kirche in diesem Handlungsfeld immer wieder experimentieren und kreative Wege einschlagen. Dies ist auch in der heutigen Situation nötig. Dazu gehört, dass sich im Verständnis des Personals ein Paradigmenwechsel vollzieht: Das Volk Gottes sollte sich als eigenständige Größe erkennen und den Dienst in der Kirche im Sinne einer Zusammenarbeit und nicht nur einer Mitarbeit verstehen.
(tdh)