Ökumenischer Jugend-Pilgerweg in Heiligenstadt
Egal was passiert, Gott bleibt
„Die Nacht lebt“ ist ein ökumenischer Jugend-Pilgerweg in der Fastenzeit. Besucht werden in jedem Jahr die vier Kirchen in Heiligenstadt. 2018 ging es um Verbindungen zu Gott und den Mitmenschen.
Ein Blick in den Spiegel zeigt die Realität: Habe ich alles richtig gemacht? | Foto: Gregor Mühlhaus |
Die vier Kirchen Heiligenstadts waren das Ziel des ökumenischen Pilgerwegs „Die Nacht lebt“, zu dem 200 Jugendliche gekommen waren. Organisiert wurde der nächtliche Weg von Kolpingjugendgruppen aus dem Eichsfeld, vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend und der evangelischen Jugend des Kirchspiels Worbis. Wie immer begann der Abend in der Propsteikirche St. Marien, wo Marlena Diewald von der Dekanatsjugendseelsorge Heiligenstadt die Gäste begrüßte. So war das Thema des Pilgerweges „Verbindung verfügbar“ gleich Thema des ersten Anspiels, bei dem die Referentin in die Rolle einer Schülerin schlüpfte. Marlena stellte sich ihren neuen Mitschülern vor und erzählte, dass sie aus Hamburg komme. Sie suche Anschluss und wollte gern bei den Hausaufgaben mit anderen zusammenarbeiten. Immer wieder nahm sie Verbindung über soziale Netzwerke auf. Schließlich wurden die Nachrichten der Mitschüler weniger. Marlena wurde nachdenklich. Dann gab es irgendwann überhaupt keinen Kontakt mehr.
Aufgeteilt in Gruppen waren in der Pfarrkirche St. Gerhard – einer weiteren Station – die Jugendlichen angehalten Gemeinsamkeiten zu entdecken und diese aufzuschreiben. Viele stellten fest, dass sie mit dem Sommer die gleiche Lieblingsjahreszeit verbindet. Andere erfuhren, dass sie alle einmal eine Zahnspange hatten. Marlena indes war unsicher. Sie hatte erkannt, dass viele Menschen zwar eine Menge gemeinsam haben, aber gleichzeitig doch verschieden sind. Sie suchte nach etwas, das alle Menschen auf der Welt vereint und jemanden, der sie voll und ganz annimmt. Da machte ihr Markus, ein guter Bekannter, Mut. „Egal nach was man im Leben sucht – mit Gott kann man immer in Verbindung treten. Wir sind alle Geschöpfe Gottes und werden von ihm als Ganzes gesehen und geliebt. Mit ihm kannst du immer in Verbindung treten.“
Leben im Netzwerk von Beziehungen
Das Thema „Verbindung verfügbar“ bedeutet mehr als es erahnen lässt. Es meint soziale und familiäre Verbindung, gesellschaftliche Verbindung und natürlich die Verbindung mit Gott. „Wir leben in einem Netz von Beziehungen und Verbindungen und in all diesen Beziehungsgefügen schimmert etwas von der Gegenwart Gottes auf“, sagte Kaplan Thomas Münnemann, der beim Pilgerweg mit dabei war.
In St. Ägidien schließlich traf Marlena ihre Schwester Julia, die Verständnis für sie hatte. Trotzdem öffnete sich die junge Frau nicht. Trübsinnig und traurig dreinschauend, kam ihr ein Gedanke. „Habe ich mich je schon einmal bei meiner Schwester für ihr Verständnis bedankt“, fragte sie sich. Jeder im Gottesraum schrieb anschließend Worte des Dankes auf ein Blatt Papier. „Tut den Zettel in die Innentasche eurer Jacke, dass er ganz nah am Herzen ist, und gebt ihn demjenigen, dem ihr für etwas danken möchtet.“ An der letzten Station, der evangelischen Kirche St. Martin, bekamen die Pilger kleine Spiegel gereicht, die noch eine Rolle spielen sollten. Am Altar waren drei große Spiegel aufgestellt. Eine Stimme lud alle ein, sich darin zu betrachten und das Leben zu hinterfragen. „Habe ich wohl alles richtig gemacht und gute Ratgeber gehabt?“ Schließlich erzählte Paula Lach aus Worbis von ihrem Lebensweg und einer guten Entscheidung, die sie getroffen habe. Sie hatte sich entschieden, das Gymnasium zu verlassen und auf die Regelschule zu gehen. Den Weg, die Schule zu wechseln, bezeichnete sie als vernünftige Entscheidung. „Das ist für mich ein Ereignis gewesen, wo Gott mit mir Verbindung aufgenommen hat“, so die Worbiserin. Kurz vor Mitternacht gab es dann für alle nächtlichen Pilger noch Gulaschsuppe und Lauchcremesuppe.
Von Gregor Mühlhaus