Domradio Köln
Ein lustiger Spagat
Foto: Domradio.de/Nicolas Ottersbach
„Für Priester hat die Berufung nicht gereicht“, sagt Ingo Brüggenjürgen (61) und lacht. Sein Beruf ist für ihn trotzdem eine Berufung, eine doppelte sogar. „Ich habe mich schon als Jugendlicher mit Medien befasst, zum Beispiel bei der Schülerzeitung. Gleichzeitig war ich aber auch in der Kirchengemeinde aktiv, etwa als Messdiener.“ Nach der Schule führte er beides zusammen. „Ich bin Diplom-Theologe und habe parallel Publizistik studiert.“
Der berufliche Weg in die kirchliche Medienarbeit war also kein Zufall. „Der Auftrag Jesu ‚Geht hinaus in die Welt‘ ist für mich ohne Frage ein Leitmotiv“, sagt der Vater dreier Kinder. „Ich halte die Botschaft Jesu immer noch für so gut, dass man sie weitererzählen muss. Auch und gerade über die Medien.“
Dabei erlebt er seine doppelte Ausbildung als „lustigen Spagat“. „Es gibt nicht so viele, die das kombinieren“, sagt er. Obwohl doch beides gut zusammen- passe. „Theologen und Journalisten geht es um die Wahrheit“, sagt er. „Und beide wollen in der Regel die Welt verbessern.“
Nach dem Studium führte der Weg bald in die kirchliche Radioarbeit. Damals gründeten sich in Nordrhein-Westfalen zahlreiche private Radiosender, die auch kirchliche Programme und Sendungen von Bürgern zulassen mussten. „Das Bildungswerk der Erzdiözese Köln hat die Chancen erkannt und Radiowerkstätten eingerichtet, damit vor Ort Katholiken für das Bürgerradio ausgebildet werden.“
Doch dabei blieb es nicht. „Ich habe in den USA christliche Radiosender kennengelernt“, sagt Ingo Brüggenjürgen. „Ich fand die Idee gut.“ Und weil auch der damalige Kölner Kardinal Joachim Meisner sie gut fand, gingen am Pfingstsonntag 2000 das Domradio und die dazugehörige Website auf Sendung. „Der Ausdruck ‚auf Sendung‘ ist uns wichtig“, sagt Brüggenjürgen, „wir haben nämlich eine Sendung.“
Aber die lautet nicht: Sprachrohr des Bischofs. „Wir sind nicht PR-Organ oder Propaganda-Abteilung“, sagt der Chefredakteur. Und betont, dass das Domradio auch institutionell nicht dem Erzbistum gehört. „Wir werden getragen vom Bildungswerk der Erzdiözese Köln e.V.“, sagt er, wohinter wiederum Gruppen wie der Diözesanrat der Katholiken, die Katholische Landvolkbewegung, die Katholische Frauengemeinschaft, das Katholische Männerwerk oder der Diözesan-Caritasverband stehen. Diese relative Unabhängigkeit vom Erzbischof sei, sagt Ingo Brüggenjürgen, Voraussetzung gewesen, um überhaupt eine Lizenz der Landesanstalt für Medien NRW zu bekommen. Wer sich die teils sehr kritischen Wochenkommentare des Chefredakteurs anhört, weiß, dass seine Aussage stimmt: „Wir bemühen uns um ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit.“
Das Baby ist längst erwachsen geworden
Dass vom Domradio täglich Gottesdienste übertragen werden, ist für Brüggenjürgen ebenso selbstverständlich wie die Verbreitung auch unangenehmer kirchlicher Nachrichten. „Wir sind ein journalistisch arbeitender Sender“, sagt er. „Nachrichten werden bei uns nicht unterdrückt.“
Das gefällt nicht allen. „Natürlich gibt es immer mal Hörer oder User, die den Kopf des Chefredakteurs fordern“, sagt Brüggenjürgen. „Aber das kann ich aushalten.“ Im Gegenteil findet er es gut, dass beim Domradio verschiedene Richtungen innerhalb der Kirche vertreten sind, „auch in der Redaktion, da wird schon kontrovers diskutuiert“.
Wer mit Ingo Brüggenjürgen spricht, spürt, dass das Domradio sein Herzensanliegen ist. „Als es gegründet wurde, hat Kardinal Meisner zu mir gesagt: ‚Ich vertraue Ihnen dieses Baby an.‘ Inzwischen ist es längst volljährig und rotzfrech. Und darauf bin ich stolz.“