Magdeburger Bischof Gerhard Feige wird 70

Ein Mann klarer Worte

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Der Vorsitzende der Ökumene-Kommission und Magdeburger Bischof Gerhard Feige wird 70 Jahre alt. Seine Diaspora-Erfahrung lässt ihn auch Unbequemes beim Namen nennen.

Bischof Gerhard Feige wirbt dafür, dass sich Christen hierzulande als „schöpferische Minderheit“ verstehen.    Foto: kna/Dominik Wolf

Für Schönfärberei ist Magdeburgs katholischer Bischof Gerhard Feige nicht zu haben. In einem Hirtenwort zum Auftakt des von Papst Franziskus eingeleiteten weltweiten Synodalen Prozesses räumte er ein: Wegen des „sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und anderer skandalöser Entwicklungen steckt unsere Kirche als Institution in einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise“. In den vergangenen Jahren erarbeitete sich Feige mit ebenso markanten wie durchdachten Statements den Ruf eines profilierten Bischofs, der auch klare Worte findet für gesellschaftliche wie kirchliche Missstände. Am 19. November wird er 70 Jahre alt.

Bischof in einer Region mit sehr wenig Christen
Mit unverblümten Worten wandte sich Feige auch am Tag der Deutschen Einheit an die versammelten Spitzen von Staat und Gesellschaft. Im Gottesdienst zum zentralen Festakt mahnte er, dass angesichts fremdenfeindlicher, rassistischer und antisemitischer Tendenzen „konsequentere politische Bemühungen und eine mutige Zivilgesellschaft“ notwendig seien. Die Wahlerfolge von Rechtspopulisten in Sachsen-Anhalt gaben seinen Worten besonderes Gewicht.
Mit Stellungnahmen wie diesen findet Feige bundesweit Gehör. Dabei gehört das Bistum Magdeburg an sich nicht zu „Schwergewichten“, an denen man nicht vorbeikommt. Mit gerade mal 77 000 Katholiken ist es zahlenmäßig nach Görlitz die zweitkleinste unter Deutschlands 27 Diözesen. Als knapp Vier-Prozent-Minderheit leben die Katholiken in Sachsen-Anhalt mit den evangelischen Christen, die gut elf Prozent der Bevölkerung ausmachen, in einer der kirchenfernsten Regionen Europas.
In seinem Bischofsamt sieht Feige sich „weder als Funktionär, der bestimmte Positionen einfach nur durchstellt, noch als jemand, der dem Zeitgeist hinterherläuft“. Er wirbt dafür, dass die Christen sich „als schöpferische Minderheit verstehen“, anstatt ihre Diasporasituation nur als „Unglücksfall“ zu deuten. „Wacht und betet“ (Vigilate et orate) lautet der bischöfliche Wahlspruch Feiges. Für ihn bedeutet das „engagierte Gelassenheit“, die sich immer wieder bewähren muss.
Feiges Diaspora-Erfahrungen dürften dazu beigetragen haben, dass er seit 2012 in der Deutschen Bischofskonferenz als Vorsitzender der Ökumene-Kommission in besonderer Weise für die Beziehungen zu den Kirchen anderer Konfessionen zuständig ist. Zwei Jahre später berief Papst Franziskus ihn überdies in den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen.
Dazu prädestinierten Feige auch die Jahre vor seiner Bischofsweihe. Nachdem der gebürtige Hallenser 1978 in Magdeburg mit 26 Jahren zum Priester geweiht worden war, führte ihn sein Weg rasch in die Wissenschaft. In Erfurt forschte und lehrte er als Professor für Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Ostkirchenkunde, bevor er 1999 Weihbischof im Bistum Magdeburg und 2005 Nachfolger von Leo Nowak als Diözesanbischof wurde. Somit ist Feige nunmehr Ostdeutschlands dienstältester katholischer Oberhirte und zugleich einer von zwei verbliebenen Ostdeutschen an der Spitze eines deutschen Bistums, neben dem Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt.

Engagierter Einsatz für die Ökumene
Als „Ökumene-Bischof“ geht Feige mitunter auch mit seinen Amtsbrüdern scharf ins Gericht: „Manche Vertreter der katholischen Kirche scheinen auch immer noch einem ‚identitären Kirchenbild‘ verhaftet zu sein“, kritisierte er. Sie erweckten den Eindruck, immer nur nach Argumenten zu suchen, weswegen die Trennung auf jeden Fall zu erhalten sei, statt sich leidenschaftlich und verantwortungsvoll für die Einheit einzusetzen.
Die aktuellen Entwicklungen forderten jedoch auch die Kirchen verstärkt zu gemeinsamen Antworten heraus, betonte Feige bei einem internationalen Kongress des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis. Er nannte einen wachsenden Populismus, die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise, die Flüchtlingskrise und ein „drohendes Scheitern des europäischen Gedankens“. Der Beitrag der Kirchen zu Lösungen werde umso überzeugender, je mehr sie untereinander eins seien, so Feige. Ein solches Einvernehmen der Christen verschiedener Konfessionen könne auf die Gesellschaft insgesamt ausstrahlen.

(kna)