Reaktion der deutschen Delegierten der Weltsynode

"Enormer Schritt"

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Teilnehmer der Weltsynode in Rom umarmen sich
Nachweis

Foto: kna/Vatican Media/Romano Siciliani

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Herzliche Umarmung: zwei Teilnehmerinnen und zwei Teilnehmer der Weltsynode im Vatikan

Die deutschen Vertreter werten die Weltsynode als Erfolg. In manchen Punkten ähneln ihre Ergebnisse denen des Synodalen Wegs. Bei anderen Themen unterscheiden sie sich erheblich.

Verlauf und Ergebnis der ersten Versammlung der Weltsynode sind von deutscher Seite aufmerksam verfolgt worden. Denn die Reforminitiative Synodaler Weg war inhaltlich und personell nur lose verknüpft mit der Versammlung in Rom, bei der es um neue Wege der Entscheidungsfindung in der katholischen Weltkirche ging. Einige zentrale Figuren des Synodalen Wegs waren in Rom mit dabei: als stimmberechtigte Mitglieder, wie etwa die Bischöfe Georg Bätzing, Felix Genn und Franz-Josef Overbeck; oder als Fachberater wie der Bochumer Theologe Thomas Söding.

Die fünf Bischöfe aus Deutschland lobten die Versammlung – und brachten die Hoffnung zum Ausdruck, dass nun einige Punkte weiter geklärt werden sollten, damit es bei der zweiten Runde im Oktober 2024 verbindliche Entscheidungen geben könne.

Die reformorientierten Deutschen äußerten sich teils kritisch, teils anerkennend zu dem, was Papst Franziskus mit der Weltsynode in Gang gesetzt hat. Neben der vielgelobten Sitzordnung an runden Tischen und der erstmaligen Teilnahme von Frauen mit Stimmrecht war es vor allem der offene Austausch über strittige Themen, den sie hervorhoben. Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), würdigte das Abschlusspapier der Weltsynode als „Beginn eines Kulturwandels“, forderte aber weitere Schritte ein.

„Es braucht sichtbare Veränderungen“

Aus Sicht von Georg Bätzing, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, zeichnete sich die Versammlung durch große Ehrlichkeit aus. „Wenn die Synode sagt, dass bisherige Formulierungen in der kirchlichen Lehre vom Menschen hier nicht mehr ausreichen, und dass sie sich an diesem Punkt, auch mit Unterstützung aus der Wissenschaft, weiterbewegen muss, dann ist das ein enormer Schritt nach vorne“, sagte Bätzing. Er betonte, dass eine „überwältigende Mehrheit einer Weltkirche diese Formulierung für sich gewählt und sich zu eigen gemacht hat“.

Stetter-Karp sagte: „Die vierwöchigen Beratungen haben überdeutlich gezeigt, dass es in der Kirche konkrete, sichtbare Veränderungen braucht.“ Sie begrüßte es, dass Synodenteilnehmer sexualisierte Gewalt und Missbrauch in der Kirche verurteilt und zugleich als strukturelles Problem benannt hätten. Zudem habe sich die Weltsynode gegen Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und für mehr Rechte für Frauen in der Kirche ausgesprochen. Sie habe einen „Lerneffekt“ in Rom wahrgenommen, sagte die ZdK-Präsidentin. Sie und der ZdK-Vizepräsident Söding sehen im Abschlussdokument eine „Bestätigung für den Synodalen Weg in Deutschland“. Söding erklärte: „Die Themen, die wir bei uns behandeln, sind eindeutig Themen, die überall in der Weltkirche wichtig sind.“

Tatsächlich unterscheiden sich die Ergebnisse im Schlusspapier der Weltsynode nicht nur in Ton und Stil von den Analysen und Forderungen des Synodalen Wegs. Dennoch gibt es Punkte, an denen sie von Vorschlägen des deutschen Reformprozesses nicht weit entfernt sind.

Das gilt etwa für die Forderung nach einer stärkeren Einbindung der Laien bei der Ernennung von Bischöfen ebenso wie für den Anstoß, nach einer neuen Sexualethik zu suchen. Dass dabei auch eine Änderung der kirchlichen Lehre ins Auge gefasst wird, deckt sich ebenfalls mit der Stoßrichtung des deutschen Synodalen Wegs.

Auch beim Thema sexuelle Minderheiten geht der römische Text nicht so weit wie der Synodale Weg. Er hält aber fest, die Kirche müsse all jene hören und begleiten und ihre Würde verteidigen, die sich wegen ihrer Identität oder Sexualität von der Kirche ausgeschlossen fühlen. Auch wenn die von manchen gewünschte Formel LGBTQ+ nicht im Text vorkommt, trägt er klar dem Anliegen Rechnung, dass die Kirche offen sein müsse für alle.

Die Gläubigen und die Glaubenslehre

Die Anregung, nationale Bischofskonferenzen und kontinentale Bischofsräte zu stärken, um mehr Unterschiedlichkeit in der weltweiten Kirche zu ermöglichen, deckt sich mit der dezentralen Grundausrichtung des deutschen Synodalen Wegs. Übereinstimmung gibt es auch bei dem für das Ansinnen, neuere Erkenntnisse der Wissenschaften, den Glaubenssinn der kirchlichen Basis und die Zeichen der Zeit in das Nachdenken der Kirche mit einzubeziehen.

Erstmals ist in dem Text auch die Rede von einem Grundkonsens der Gläubigen als Kriterium für die Glaubenslehre der Kirche. Ähnliche Formulierungen finden sich im theologischen Grundsatzdokument des deutschen Synodalen Wegs. Konservative in der Kirche halten dies für riskant, weil damit aus ihrer Sicht Glaubenswahrheiten von Mehrheiten unter den Gläubigen abhängig gemacht werden könnten.

Am deutlichsten fällt der Unterschied zwischen deutschen und römischen Formulierungen beim Thema Frauen aus. Hier stellt die Weltsynode nur fest, dass manche einen Zugang von Frauen zum Diakonat für möglich, andere hingegen dies für nicht akzeptabel halten. Im Synodalen Weg war der Zugang nach Frauen zum Diakonat mit klarer Mehrheit befürwortet worden.

kna