Anstoß 48/21

Erichs letzter Streich

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Eine Beerdigung ist für uns Christen eine traurige und eine frohe Sache. Traurig natürlich, weil wir den Menschen, den wir verabschieden, in diesem Leben nicht wieder sehen werden.


Froh, weil wir aus gutem Grund glauben dürfen, dass es in der anderen Etage weitergeht. Diese Hoffnung ist schön und tröstlich zugleich.
Vor kurzem ging ich auf Erichs Beerdigung. Viele Menschen kamen 2G plus konform zusammen. Die Familie, die Nachbarn, die Freunde, die Kollegen. Kinder waren dabei und Alte, Unverheiratete und Verheiratete, ein homosexuelles Paar, Singles und Ordensleute. Die einen waren schwarz und dunkel gekleidet, andere recht bunt. Jemand hat einen kleinen Hund mitgebracht, der ganz artig in der Kirche saß und über den Friedhof tippelte. Menschen aus anderen Ländern waren gekommen, Christen und Nichtchristen. Es war eine im besten Sinne bunt gemischte Gemeinde, die sich aus Anlass der Beerdigung versammelt hatte. All diesen verschiedenen Menschen hatte Erich, der gerade auf die Seite der Engel wechselte, etwas bedeutet. Und alle, die zu dieser Beerdigung – oder sollte es nicht besser „Verhimmelung“ heißen? – kamen, haben ihre ganz eigene Geschichte mit ihm gehabt.

Angesichts dieses Feiergrundes war es für alle selbstverständlich, sich gegenseitig so zu akzeptieren, wie sie alle gekommen waren. Es heißt, dass Gott jeden Menschen so annimmt wie er oder sie ist. Wenn das stimmt, war er mit Sicherheit mit auf dem Friedhof. Und es kommt noch besser: Die vielen Menschen verhielten sich einfach so, wie Gott es ihnen zutraut: als sein Ebenbild. Angesichts des Todes spielten all die Unterschiede, Konfessionen, Altersgrenzen, Orientierungen, Meinungen keine Rolle. Es wurde gemeinsam geweint und später gelacht, es wurde zusammen Gottesdienst gefeiert, gegessen, getrunken, gebetet, gesungen und erzählt. Die Lebenden teilten in diesen Stunden das irdische Leben miteinander. Und der Verstorbene, von dem wir hoffen dürfen, dass er längst ein Auferstandener ist, hat mit seinem Schlusspunkt auf Erden, all diese Menschen im Namen des Vaters zusammengebracht. Einfach göttlich. Eigentlich gibt es keinen Grund, warum das nur bei Beerdigungen so sein muss.
 
Guido Erbrich, Biederitz