Anstoß 36/22

Es geht ans Eingemachte

Image
SYMBOL_Anstossbild_0.jpg

„Sammelt Schraubgläser!“ Der Youtuber berichtet wie jede Woche aus seinem Garten. Zuvor erntete er Tomaten aus zwei großen Gewächshäusern.


Jetzt steht er vor einem großen brodelnden 40-Liter-Topf Tomatensoße und prophezeit, dass auch Einweckgläser immer teurer werden – wegen der energieaufwendigen Produktion. „Besser also nix wegwerfen!“ Der Mann ist vorbereitet auf das, was kommt oder schon da ist – explodierende Energie- und Nahrungsmittelpreise.
Meine Kirchengemeinde in Berlin-Neukölln sammelt auch Schraubgläser. Seit Jahren füllen wir darin warmes Essen für Arme und Bedürftige ab. Ich stelle mir vor, wie die Schlange in den kommenden Monaten immer länger wird. „Wer keine Rücklagen hat, steht mit dem Rücken an der Wand“, sagt Ulrike Kostka vom Caritasverband in Berlin. Doch nicht nur jene, die wenig Ressourcen haben, trifft es besonders hart. Auch unser gesellschaftliches Rückgrat, der Mittelstand, droht zu brechen. Alle müssen die Preise hinnehmen, wie sie der Supermarkt diktiert – oder sich bei der Tafel anstellen.

Wer wird da voll Bewunderung das Garten-Youtube Video schauen? Wer wird bald voll Neid und bald voll Wut und bald voll … Hoffnung sein? Sie lesen richtig. Während die Medien voll von der Sorge um den sozialen Frieden sind, Aufstände und einen „sozialen Tsunami“ befürchten, während die Gewerkschaft verdi „Zusammenhalten!“ und „Solidarisch sein in der Krise“ fordert, dürfen wir uns die Worte des Apostels Paulus zu Herzen nehmen, ja, immer wieder neu zurufen lassen: „Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen.“ Er gibt uns im Brief an die Römer einen Ausweg: „… denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist!“ (Röm 5,5) Die Hoffnung, die der Heilige Geist in die Vorratskammer unserer Herzen gießt, ist christlich Eingemachtes. Vielleicht steht davon einiges seit Jahren ungeöffnet herum... Ich wünschte jedenfalls, wir würden die Kammern der Herzen neu mit diesem Vorrat füllen, um ihn zu teilen. Denn die Liebe Gottes ist erfinderisch, drängt zur konkreten Hilfe und zeigt immer wieder Auswege auf.
 
Lissy Eichert, Berlin