Hildesheimer Diözesansynode der Jahre 1968/69
Es muss was Neues kommen!
Vor fünfzig Jahren endete im Mai die erste Sitzungsperiode der Hildesheimer Diözesansynode der Jahre 1968/69. Als Redakteur der KirchenZeitung gehörte auch Pastor Winfried Henze, damals 38 Jahre alt, zu den Synodalen.
„Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil herrschte in vielen Gemeinden des Bistums eine Aufbruchstimmung, aber auch eine Verunsicherung darüber, wie es weitergehen soll, was sich ändern muss und was weiter Bestand hat“, erinnert sich Pastor Winfried Henze (88). Noch während in Rom das Konzil tagte, stieß der Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen die Vorbereitung zur Hildesheimer Diözesansynode an. Am 8. Dezember 1965 endete das Konzil und bereits am 13. Mai 1968, keine drei Jahre später, eröffnete der Bischof die Synode. Mit dabei: Winfried Henze, Redakteur der KirchenZeitung. „Unser Bischof war ein Fan des Zweiten Vatikanums. Das spiegelte sich auch in der Vorbereitung und Durchführung der Diözesansynode wieder, bis hin zum Aufbau der Sitzungsaula in der Antoniuskirche, die heute zum Dommuseum gehört. Es war ein regelrechtes Abbild des Konzils. Ich weiß nicht mehr wer die Schlagzeile geprägt hat, aber sie hat es getroffen: Das Konzil kommt ins Bistum!“ Henze schmunzelt und setzt hinzu: „In zwei Wochen werde ich 89 und nächstes Jahr dann 90. Da darf man auch schon mal was vergessen.“
Genau wie das Konzil war die Synode in Sitzungsperioden eingeteilt. Abgestimmt wurde über die Vorlagen in Hildesheim nach den gleichen Modalitäten wie vorher in Rom: Nein, Ja, Ja mit Abänderung, Ungültig.“
Wenn Henze heute zurückblickt ist er sich noch immer sicher, dass die Synode eine gute Sache war. „Das Konzil selbst hatte dazu aufgerufen, überall in den Bistümern solche Synoden abzuhalten, um die Bschlüsse und Anregungen des Konzils zu übersetzen und auf die Ortskirchen anzuwenden“, erzählt er.
Beim Konzil waren Laien nur als Berater dabei, die in den Arbeitsgruppen zwar als Experten gehört wurden, aber sonst kein Stimmrecht hatten. In Hildesheim war das anders. Erstmals waren Laien stimmberechtigt, durften als vollwertige Synodalen im Plenum mitdiskutieren. „Das war ein gewaltiges Zeichen, was Heinrich Maria und die Vorbereitungsgruppe da gesetzt haben. Die Stellung der Laien wurde dadurch aufgewertet und gestärkt. Besonders erwähnen möchte ich Werner Freiberg, den späteren ersten Vorsitzenden des Diözesanrates, der auch in der Synode sehr für das Ernstnehmen der Laien gekämpft hat.“ Aber laut vatikanischer Order musste die Mehrheit der Synodenteilnehmer aus dem Klerus kommen.
Kirche ist öffentlich
Die Synode war beseelt von der Aufbruchsstimmung des Konzils. „Uns war allen klar, es muss was Neues kommen. Einfach so weitermachen geht nicht. Aber auf der anderen Seite gab es auch Stimmen, die immer wieder anmahnten: Nun schmeißt aber nicht alles über den Haufen. Ich denke an den Trend, plötzlich die Fronleichnamsprozessionen abschaffen zu wollen und durch Freiluftmessen zu ersetzen. Ansatzweise waren auch schon bei der Synode erste Anzeichen der 68er-Proteste – gesellschaftlich wie auch kirchlich – erkennbar.“
Wichtige Weichen hat die Hildesheimer Diözesansynode gesetzt, die bis heute wirken. „Besonders wichtig war mir die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. Da saß ich unter anderem mit Julius Seiters, dem Direktor des Gymnasiums Josephinum zusammen. Unseren Ansatz empfanden wir als ein Stück Reform: Die Kirche ist öffentlich. Und sie braucht entsprechend Werkzeuge, um in der säkularen Welt außerhalb des Kirchenraumes wahrgenommen zu werden. Sie braucht starke und unabhängige eigene Medien und eine feste Struktur für die Öffentlichkeitsarbeit. Das alles durfte ich als junger Redakteur der Kirchenzeitung dann vor dem gesamten Plenum präsentieren“, berichtet Henze.
„Es war nie langweilig“
Immerhin geht auf diese Arbeitsgruppe „Kirchliche Öffentlichkeitsarbeit“ die Schaffung einer bischöflichen Pressestelle mit einem Pressesprecher zurück.
Diskutiert wurden fast alle Themen, die auch im Konzil angesprochen wurden: von den Sakramenten, über die Ökumene, Priesterbild, Mitverantwortung der Laien, Ehe und Familie, Jugendarbeit der Kirche, Bildung und Erziehung, Ausländische Katholiken. „Immer ging es fair zu, auch wenn manchmal auch scharfe Schlagabtausche stattfanden. Aber die Moderatoren – besonders erinnere ich mich da an den späteren Generalvikar Heinrich Schenk – hatten alles im Griff“, sagt Henze und lächelt versonnen vor sich hin. „Es wurde engagiert diskutiert, langweilig war es eigentlich nie.“
Danach gefragt, was die Synodalen damals bewegte: „Das Bewusstsein, dass wir uns als Kirche neu aufstellen müssen. Kirche muss sich selbst stärker als Volk Gottes sehen, wo alle mitarbeiten müssen. Das muss auch nach Außen hin sichtbar werden. Das rein obrigkeitshafte Denken musste ersetzt werden durch Partnerschaft und Brüderlichkeit. Und ich denke, vieles ist uns damals ganz gut gelungen“, zieht Pastor Winfried Henze sein Fazit.
Edmund Deppe