Wie die Heilige Messe draußen gelingen kann
Feste draußen feiern
Eine Messe oder eine Andacht unter freiem Himmel ist für viele Gläubige eine willkommene Abwechslung im Gemeindealltag. Gelegenheiten dafür gibt es viele – und das nicht nur im Sommer.
Was haben die Heiligen Sebastian, Markus, Martin, Hubertus und Barbara gemeinsam? Ihre Festtage werden draußen gefeiert: mit Wallfahrten, Ausritten, Flurumgängen, Prozessionen und Böllerschüssen. Der Geograf Markus Hilpert hat sich intensiv mit der Frömmigkeit außerhalb der Kirchenmauern beschäftigt und war erstaunt: „Ich wusste nicht, dass es so viele Outdoor-Veranstaltungen in der katholischen Kirche gibt.“
Das ganze Jahr über gibt es Gelegenheiten, Gottesdienste oder Andachten ins Freie zu verlegen. „Auch im Winter – da war ich schon überrascht“, sagt Hilpert. „Weihnachtsmärkte kennt jeder. Waldweihnachten werden in den vergangenen Jahren aber auch immer beliebter.“ Besonders eindrucksvoll sei dieses Fest bei der Wallfahrtskapelle Maria im Elend im bayerischen Landkreis Friedberg. Die Gemeinde trifft sich an einem Winterabend draußen an der Kapelle. Es werden Advents-lieder gesungen, Geschichten erzählt und Gebete gesprochen. Der Schein der Fackeln und die Kerzen der Teilnehmer sorgen für eine gemütliche Atmosphäre, und anschließend gibt es zum Aufwärmen Glühwein.
Gottesdienste im Freien können kirchenferne Menschen anlocken
„Solche Feiern sind besonders für Familien mit Kindern toll. Wenn die Kleinen in der Kirche Lärm machen und nicht ruhig sitzen bleiben, ist es für die Eltern oft unangenehm, wenn sich die ganze Gemeinde umdreht. Draußen ist es unkomplizierter“, sagt Hilpert.
Und er sieht noch weitere Vorteile. Die Kirche konkurriere heute mit einem breiten Freizeitangebot. „Bei Gottesdiensten, die draußen gefeiert werden, muss man nicht mehr zwischen Freizeit und Kirche unterscheiden, besonders bei speziellen Gottesdiensten für Motorradfahrer, Radfahrer oder Wanderer“, sagt Hilpert. Solche Andachten können auch eher kirchenferne Menschen anlocken. „Viele Menschen haben eine gewisse Distanz zur Kirche. Bei Outdoor-Gottesdiensten können sie einfach kommen, ohne ein Teil davon sein zu müssen. Sie laufen zufällig vorbei und bleiben stehen. Es bleibt ihnen selbst überlassen, wie weit sie sich darauf einlassen“, sagt Hilpert. Aber auch für viele regelmäßige Kirchgänger seien solche Veranstaltungen eine beliebte und gelungene Abwechslung im Gemeindealltag.
Eine solche Abwechslung, die in vielen Gemeinden schon fest im Kalender eingeplant ist, ist auch der Martinstag im November. Es ist einer der bekanntesten Festtage, die draußen gefeiert werden: mit Gottesdiensten im Freien, Ausritten, Laternenumzügen, Martinsspielen und Märkten.
Aber Hilpert warnt: „Solche Feste dürfen nicht zur Folklore verkommen. Es muss immer deutlich werden, dass das eine kirchliche Veranstaltung ist, die einen liturgischen Zweck hat.“ Das ist nicht immer so: Etwa zu den Leonhardi-Ritten rund um den 6. November, die besonders in Bayern beliebt sind, kommen tausende Besucher. „Die bewundern die Pferde und die geschmückten Wagen. Die meisten waren aber vorher nicht in der Messe“, sagt Hilpert. „Da sind dann teilweise auch Veranstaltungen dabei, wo man schon diskutieren kann, was die noch mit dem Glauben zu tun haben.“ Die Veranstaltungen müssten authentisch bleiben, sagt Hilpert. „Die Menschen dürfen nicht das Gefühl haben, das sei nur eine Idee der Kirche, um mal etwas Neues zu machen. Die Aktion braucht einen fundierten Hintergrund und darf nicht nur dafür da sein, um die Leute zu unterhalten.“
Eine gute Möglichkeit ist zum Beispiel, das bevorstehende Erntedank-Fest auf einem Bauernhof zu feiern. Zwischen Heu- und Strohballen und leuchtenden Kürbissen auf der Diele spüren die Gläubigen vielleicht noch besser die Dankbarkeit für die Ernte.
Nicht alles geht draußen: Einige Andachten brauchen Konzentration
Es gibt aber auch Anlässe, die nur in einem Kirchenraum gefeiert werden können. „Eine Roratemesse im Winter, frühmorgens, mit Kerzen: Wenn man das draußen macht, dann kommt bestimmt kein Mensch“, sagt Hilpert. Auch ein 24-Stunden-Gebet unter freiem Himmel würde bestimmt nicht gut angenommen.
Einige Andachtsformen brauchen die Stille und die Konzentration in einer Kapelle oder Kirche. „Draußen passiert immer etwas. Es kommt jemand hinzu, ein anderer geht weg. Das kann die Andacht stören und ablenken“, sagt Hilpert. So sehr ihn Veranstaltungen im Freien begeistern, so sehr plädiert er dafür, es nicht zu übertreiben: „Es sollte etwas Besonderes bleiben.“
Außerdem ist der Organisationsaufwand nicht zu unterschätzen. Eine Gemeinde braucht viele Helfer, die Fahnenabordnungen und Musik koordinieren, die auf- und abbauen oder Getränke- und Imbissbuden betreuen. Und ein Risiko bleibt immer: „Wenn es regnet, dann fällt alles ins Wasser. Das ist die große Gefahr.“
Von Kerstin Ostendorf
Markus Hilpert: Katholisch draußen. Brauchtum unter freiem Himmel rund ums Jahr.
paulinus Verlag, 131 Seiten, 12,90 Euro